Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
Vom Netzwerk:
trank und stahl Geld. Das Le­ben wur­de schal, wie ein Brot, das zu lan­ge of­fen da­ge­le­gen hat­te. Mit sechs­und­zwan­zig floh sie zum Ju­pi­ter. Wo sonst dreh­te sich die­ser plum­pe, ro­si­ge Rie­se, der Prinz der Son­ne?
    Sie hat­te Trä­nen in den Au­gen.
    Die Rea­li­tät, das be­griff sie jetzt, liegt hier. So vie­le Leu­te be­haup­te­ten – auch Br­ad­ley wür­de das sa­gen –, das Phä­no­men sei in­ner­lich. Ei­ne Lü­ge. Ganz und gar dum­mes Zeug. Der mensch­li­che Kör­per un­ter­drückt die Rea­li­tät und hält sie ge­fan­gen. Die Lee­re ist frei: ou­ter space, der Welt­raum. Mein Gott, dach­te sie, wenn es ei­ne Ant­wort gibt, wo sonst kann sie dann sein?
    Der lee­re Raum.
    All­mäh­lich ver­grö­ßer­te sich der gel­be Punkt des Orb und nahm die ver­trau­te, kon­kre­te Form ei­ner Blech­büch­se an. Tsuba­ta schlief, und sie weck­te ihn nicht. Das Nichtstun stumpf­te ih­re Sin­ne ab; nur die be­stän­di­gen Sti­mu­li täg­li­cher Ab­wechs­lung lie­ßen sie auf­blü­hen. Es wür­de gut­tun, das Shutt­le al­lein zu­rück­zu­steu­ern.
    Zö­gernd rief sie die Flug­über­wa­chung. Schon zwei­mal hat­te Br­ad­leys Stim­me un­ge­be­ten in ih­ren Oh­ren ge­zwit­schert. Sie hat­te ihn igno­riert, un­per­sön­lich und ein­fach. Nach ei­ner Wei­le hat­te er je­des­mal wie­der auf­ge­hört.
    Ei­ne Phy­si­ke­rin, No­rah Mann, hat­te Wa­che. Sie ant­wor­te­te auf Ma­ras Ruf.
    „Ist Br­ad­ley Reynolds da?“ frag­te Ma­ra.
    „Ja“, sag­te No­rah Mann. „Wol­len Sie ihn spre­chen?“
    „Um Him­mels wil­len, nein. Sa­gen Sie ihm, er soll zum Teu­fel ge­hen.“
    „Er sagt, er will auch nicht mit Ih­nen spre­chen.“
    „Das glau­be ich.“
    „Er spricht mit Ih­nen, wenn Sie wie­der da sind.“
    „Sa­gen Sie ihm, ich kann’s kaum er­war­ten.“ Das Orb be­herrsch­te den Blick vor­aus, mit sei­nen häß­li­chen Säu­men und Näh­ten in der un­po­lier­ten Au­ßen­haut. Ma­ra tausch­te mit No­rah Mann die not­wen­di­gen Da­ten aus.
    „Sie kom­men jetzt sehr nah“, sag­te No­rah.
    „Ja.“ Ma­ra stell­te das Trieb­werk ab. Sie griff nach der Hand­steue­rung. Tsuba­ta schnarch­te lei­se in ih­ren Oh­ren. Es war ei­ne rein me­cha­ni­sche Tä­tig­keit; die Bay war wie ein Ring, den sie fan­gen muß­te.
    Sie drück­te einen Knopf und er­war­te­te einen kur­z­en Stoß aus den Dü­sen.
    Nichts ge­sch­ah.
    Au­to­ma­tisch, an­ge­trie­ben von ei­nem uni­ver­sa­len Be­fehl, setz­te das Shutt­le sei­nen el­lip­ti­schen Kurs un­be­irrt fort. Ma­ra kal­ku­lier­te has­tig und häm­mer­te auf die Ar­ma­tu­ren. Auf die­ser Bahn wür­de sie das Orb ver­feh­len. Vor ihr droh­te die Lee­re des Weltalls. Nein, nein, dach­te sie.
    Ver­un­si­chert und müh­sam die Ru­he be­wah­rend ließ sie die Steue­rung los und ver­such­te es dann noch ein­mal. Ei­ne leich­te Dre­hung wür­de viel­leicht schon ge­nü­gen.
    Nichts ge­sch­ah.
    No­rah Mann be­stürm­te sie mit hek­ti­schen Fra­gen. Jetzt hör­te man auch Br­ad­leys Stim­me im Hin­ter­grund. Ma­ra igno­rier­te sie bei­de. Sie stieß den schla­fen­den Mann ne­ben ihr mit dem Ell­bo­gen an. „Kurt, hier stimmt et­was nicht.“
    Er war so­fort wach, und an der Art, wie er sich be­weg­te, sah sie, daß er die Ge­fahr, in der sie sich be­fan­den, so­gleich be­grif­fen hat­te. Dumm? Sie be­zwei­fel­te, daß sein IQ auch nur halb so groß wie ih­rer war.
    Wort­los griff er an ihr vor­bei und pack­te die Steue­rung.
    Sie rea­gier­te auf sei­ne Be­rüh­rung eben­so­we­nig wie auf ih­re.
    „Ist et­was ge­bro­chen?“ frag­te sie. „Be­schä­digt? Kannst du nichts tun? Wir ver­feh­len die Bay.“ Das Orb schi­en jetzt di­rekt un­ter ih­nen zu hän­gen.
    Tsuba­ta sag­te: „Spring.“ Er griff nach un­ten und lös­te die Gur­te, die ihn hiel­ten. Er faß­te das Chas­sis mit ei­ner Hand. „Wenn wir so na­he dran sind, daß du die Au­ßen­haut rie­chen kannst, dann springst du.“
    „Aber kön­nen sie uns denn nicht fol­gen und uns zu­rück­ho­len?“
    „Willst du dar­auf war­ten? Ich sag­te: Spring!“ Tsuba­ta sprang, schnell und sau­ber. Ma­ra folg­te ihm. Zu­sam­men stie­ßen sie ge­gen die har­te, zer­narb­te Au­ßen­haut des Orb.

Weitere Kostenlose Bücher