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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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außerstande, Marvels Blick zu begegnen, um seiner Antwort Aufrichtigkeit zu verleihen.
    Marvel funkelte wütend zu ihm hoch, und Jonas merkte, wie er anfing, sich innerlich von dem Ganzen zu lösen. Er hatte getan, was er konnte. Er hatte das Richtige getan. Wenn es nicht funktioniert hatte, dann musste er eben Marvel entscheiden lassen, wie das hier weitergehen sollte.
    Marvel sah, wie Jonas’ Miene ausdruckslos wurde, und wusste, dass er seine wahren Gefühle verbarg. Wusste, dass der Jüngere ihn im tiefsten Innern hasste. Irgendwie fühlte er sich bei diesem Gedanken ein bisschen besser  – dass Jonas seine Gefühle verbergen musste, während er als der Ranghöhere den seinen freien Lauf lassen durfte.
    »Wie heißen Sie noch mal?«
    »Jonas Holly, Sir.«
    Jetzt war Jonas ganz ruhig. Hatte nicht das Bedürfnis, sich oder sein Handeln zu rechtfertigen. Er hatte die Panik in Marvels Augen bemerkt, als dieser den simplen Akt des Türöffnens vermasselt hatte. Er hatte dem Mann einen eleganten Ausweg aus dieser peinlichen Lage angeboten, und Marvel hatte dieses Angebot nicht nur ausgeschlagen, Jonas hegte zudem noch den dringenden Verdacht, dass der DCI ihm dafür die Hölle heißmachen würde.

    »Was halten Sie von dem Ganzen, Holly?«
    »Wovon, Sir?«
    Marvel verdrehte die Augen und deutete mit einer knappen Geste auf Margaret Priddys Haus. »Hiervon! Was halten Sie von diesem Fall?«
    Jonas war vorsichtig. Er zuckte die Schultern. Er sah sich um. »Äh, ich weiß nicht genau, Sir.«
    »Keiner von uns weiß irgendwas genau, Holly. Wenn wir’s genau wüssten, hätten wir den Mörder schon geschnappt.«
    »Ja, Sir.«
    »Glauben Sie, es ist jemand von hier?«
    »Nein, Sir.«
    Marvel zog die Brauen hoch. »Interessant«, stellte er fest.
    Es gefiel Jonas nicht, dass Marvel ihn ausfragte. Er kam sich vor wie ein Kalb, das in die Ecke einer Scheune getrieben wird. Im Moment geschah nichts Schlimmes, aber der Metzgerkarren war immer eine Möglichkeit. »Ich meine nur, ich kenne jeden hier in Shipcott. So ziemlich. Nicht jeden in den anderen Dörfern, aber in Shipcott schon. Und mir fällt niemand ein, der das getan haben könnte.«
    Marvel schürzte die Lippen und nickte, als würde er all dies erst einmal verdauen. Was auch der Fall war.
    »Was ist mit diesem Ronnie Trewell?«
    »Ronnie Hinkefuß? Der klaut doch nur Autos.«
    »Vielleicht fühlt er sich ja zu Höherem berufen.«
    Unwillkürlich musste Jonas lächeln. »Haben Sie schon mal mit ihm gesprochen, Sir?«
    »Noch nicht.«
    »Der fühlt sich zu gar nichts berufen. Er ist harmlos. Er ist nicht… ganz… richtig.« Jonas tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe. »Verstehen Sie?«
    »Der Yorkshire Ripper war auch nicht ganz richtig, Holly.«
    »Ja, Sir.«
    »Was ist mit Peter Priddy?«
    »Als Mörder?«

    »Nein, als Präsident.«
    Jonas achtete nicht auf den Sarkasmus. »Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.«
    »Weil Sie ihn kennen?«
    »Nein, weil ich weiß, wie er drauf ist.«
    »Und wie ist er drauf, Holly?«
    »Er ist in Ordnung. Nichts Besonderes. Er ist bloß ein anständiger Kerl.«
    »Also, Trewell ist harmlos, und Priddy ist ein anständiger Kerl. Überzeugend«, bemerkte Marvel bissig.
    Jonas war es leid, in der Scheunenecke zu stehen. »Haben Sie denn keine forensischen Spuren, Sir?«
    »An denen Sie nicht mit Ihren dreckigen Pfoten rumgegrabbelt haben?«
    Jonas lief tiefrot an und begriff, dass er ganz von allein rückwärts auf den Karren getappt war. Marvel wollte nicht nett sein. Er wollte sich nicht mit ihm austauschen. Er hatte lediglich auf eine Chance gewartete, Jonas für den Schrecken, den er ihm an der Tür eingejagt hatte, eins auszuwischen. Jetzt erkannte er das, aber es war zu spät.
    »Und jetzt erfahre ich, dass Sie unseren beschissenen Job übernehmen, Holly  – in der Gegend rumlatschen und Fragen stellen, bevor wir es tun können.«
    »Die Leute wollen immer wieder von mir wissen, was wir unternehmen, Sir. Was ich unternehme. Und als zuständiger Polizeibeamter dachte ich, ich müsste irgendetwas tun. Das ist alles.«
    Nach ihrer ersten Begegnung hatte Marvel Jonas Holly als charakterlos und beschränkt abgestempelt. Jetzt erweiterte er seine Meinung zu charakterlos, beschränkt und anmaßend. Jonas hatte irgendetwas an sich, das den Tyrannen in Marvel zum Vorschein brachte  – das in ihm den Wunsch weckte, den schlaksigen jungen Mann gehörig zurechtzustutzen.
    »Sie finden wohl, Sie sollten einbezogen

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