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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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Ewigkeit davon abhalten, seinen zu machen.
    Er schaute auf die Uhr und sah, dass es vier Uhr früh war. Dann streifte er ein Paar Latexhandschuhe über und holte einen Souvenir-Brieföffner aus der Tasche. Im Mondlicht konnte er die Aufschrift aus unechtem Gold auf dem Griff erkennen: Ein Geschenk aus Weston-super-Mare.
    Ihm war dieses große Fenster in ersten Stock des alten Gebäudes
aufgefallen. Das einzige, das nicht durch ein Kunststofffenster mit Doppelverglasung ersetzt worden war. Es war ihm schon vor langer Zeit aufgefallen. Im Laufe der Jahre waren ihm viele Dinge aufgefallen, doch er hatte bisher noch nie das Bedürfnis verspürt, sich ihrer zu bedienen.
    Jetzt verspürte er dieses Bedürfnis.
    Er stieg auf die Wassertonne und schwang sich von dort mit Leichtigkeit auf das Dach aus gehärtetem Glas. Dort stemmte er die Füße haltsuchend gegen die Streben und schob den Brieföffner in die Fuge des alten Holzrahmens.
    Dann drückte der Killer den Riegel zur Seite, schob das Fenster nach oben  – und stieg leise durch das Fenster ins Sunset-Lodge-Altenheim ein.
     
    Gary Liss gefielen die Nächte in der Sunset Lodge. Am Tag herrschte hier ständig geschäftiges Treiben, die Nächte jedoch ließen ihn an alte Kriegsfilme denken, in denen die Schwestern mit Kerzen in den Händen ruhig zwischen leise hustenden Patienten dahinschritten.
    Nachts hatten nur drei Leute Dienst. Normalerweise reichte das völlig. Die meisten Heimbewohner schliefen durch, gelegentlich brauchte mal einer Hilfe beim Gang zur Toilette. Im Augenblick hatten sie eine Schlafwandlerin im Haus. Das erste Mal hatte Mrs. Eaves ihn zu Tode erschreckt, als er sie in ihrem wallenden weißen Nachthemd auf sich zutapern sah. Jetzt machte ihm die Abwechslung sogar Spaß, der kleine stumme Tanz, den er mit Mrs. Eaves gelegentlich an der Treppe aufführte, wenn er versuchte, sie in eine andere Richtung zu lotsen, damit sie nicht geradewegs die breite Treppe hinuntertanzte, auf dem dicken Teppich mit dem Schnörkelmuster, auf dem man Flecken kaum sah. Mr. Cooke hatte einen Infrarot-Alarm angeschafft, der einen schlauen roten Lichtstrahl quer über Mrs. Eaves’ Zimmertür schickte und im Schwesternzimmer jedes Mal laut piepste, wenn sie sich anschickte, durchs Haus zu wandern.
Dann pflegte einer von ihnen die Treppe hinaufzusausen  – oder sich im Fall von Lynne Twitchett in den Aufzug zu quetschen  –, sie einzufangen und wieder ins Bett zu bringen.
    Heute Nacht hatte er Dienst mit Lynne und Jen. Er mochte Lynne, sie war lieb und kicherte ständig; auf Jen dagegen war er weniger scharf. Sie roch nach Zigaretten und zog ihn andauernd wegen seiner Freundin auf. Freun din, sagte sie immer. Wie geht’s deiner Freun din, Gary? Wieso bringst du deine Freun din denn nicht zur Weihnachtsfeier mit? Wir würden deine Freun din alle unheimlich gern kennenlernen.
    Jen konnte ihn am Arsch lecken. Er bezweifelte, dass irgendjemand jemals etwas Ähnliches mit ihr anstellte.
    Im Augenblick zickte sie wegen irgendeiner Frau rum, die sie im Pub gesehen hatte und die gelbe Stilettos angehabt hatte. Gelbe Stilettos, das klang grauenhaft, fand Gary, doch er war trotzdem auf der Seite der Trägerin.
    Das Radio spielte leise, es war auf den Lokalsender eingestellt, der alte Hits spielte, so dass er mit den Fingern mittrommeln und an Schul-Discoabende denken musste.
    Mrs. Eaves’ Alarm piepste, und Gary griff nach seiner Taschenlampe. Nachts das Licht anzumachen konnte sich als katastrophal erweisen. Heimbewohner, die erst seit einer Stunde im Bett lagen, würden sich regen wie Grizzlys nach dem Winterschlaf und anfangen, sich anzuziehen, in wackeliger Erwartung eines weiteren Tages des Älterwerdens im Gartenzimmer. Taschenlampen verhinderten das.
    Es gab vierzehn Zimmer im ersten Stock, und Gary wusste, dass Violet Eaves in jedem davon sein konnte, außer in ihrem eigenen. Alle Zimmer hatten putzige Namen wie »Ginster« oder »Erika«, das sollte Exmoor-Exzentrik sein. Wer immer sich diese Namen ausgedacht hatte, hatte groß angefangen, doch offenbar war ihm sehr schnell klar geworden, dass »Ginster« und »Heidekraut« die einzig eindeutig identifizierbare Flora darstellten, die das Hochmoor zu bieten hatte, und war zu dämlichen Namen wie »Riedgras« und
»Schlehdorn« gezwungen worden, oder  – am allerdürftigsten  – »Moos«. Gary nahm an, dass es Mr. Cookes Frau gewesen war. Die mischte sich ständig in alles ein.
    Das Haus war ein Labyrinth aus

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