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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Nagelköpfe und scharfe Farbnasen schützen sollten.
    Eine Kommode von Mooradian’s, in der sich ihre Wäsche befand. Auf der Kommode ein Foto in einem Aufstellrahmen, das folgende Personen darstellte: Lenore selbst, ihre Schwester, ihre zwei Brüder, dazu ihre Urgroßmutter, Lenore Beadsman, und ihr Urgroßvater, Stonecipher Beadsman, gruppiert um einen antikhölzernen Globus vor der Bibliothekszimmer-Kulisse in der Betonhalle eines Fotografen. Das Foto stammte aus dem Jahr 1977, Lenore war damals elf und vorübergehend ohne Schneidezähne. An diesem Bild lehnte ein ungerahmtes Foto von Lenores Mutter im spitzenbesetzten Hochzeitskleid, die neben einem großen Fenster voll dunstiger Frühlingshelligkeit stand und an einem hochzeitsrelevanten Gegenstand in ihren Händen nestelte. Das Bild stand auf einem ausgeleierten Baumwolltaschentuch, das in einer Ecke mit dem Schriftzug »Midwestern Contract Bridge Championships, Des Moins, Iowa, 1971«bestickt war.
    Drei Schubladen mit Socken, Slips und dergleichen und eine Schublade voller Seifenstücke. Ein Bett, zurzeit leider ungemacht, mit einem alten glänzenden Bettkasten aus Ahornholz und einem Kissen, auf dessen Bezug ein Löwe abgebildet war und den Lenore schon sehr lange besaß. Ein Fach im Kühlschrank in der Küche im Untergeschoss, voll gepackt mit Mineralwasser- und Gingerale-Flaschen, außerdem ein paar alten Möhren mit verschrumpeltem Grün und einigen Zitronen. Eine Ecke in der Tiefkühltruhe voller TK-Gemüse oder entsprechenden Mischungen, von denen sich Lenore zum größten Teil ernährte.
    Ein alter, weicher Sessel mit einem braunen Bezug aus Samtimitat, den man so weit zurücklehnen konnte, dass man mit dem Kopf fast den Boden berührte. Ein Schemel mit einer Bespannung aus Bast. Ein kleiner schwarzer Tisch, der mehr schlecht als recht als Schreibtisch diente und auf dem sich im Moment gar nichts befand. Ein schwarzer Holzstuhl, der zu dem Tisch gehörte und an dem irritierenderweise ein Bein zu kurz war. Eine lieblos grelle Deckenlampe. Zwei wesentlich schwächere Vasenleuchten mit Blumenmustern, die offenbar als Alternative zur Deckenlampe angeschafft worden waren und in deren Schattenspiel die Bewohnerinnen Lenore und Candy Mandible nach Einbruch der Dunkelheit zu Gottesanbeterinnen wurden.
    Elf Kisten mit Büchern, noch aus dem College, meist Stonecipheco-Kisten mit lachenden roten Babys auf den Seitenteilen, alle Kisten ungeöffnet. Eine weiße Sport-Bandage, die sie einst ihrer Trainerin abgeschwatzt hatte, angeblich wegen eines mysteriösen, prüfungsbedingt wunden Knöchels, eine Bandage, die sie aber nie benutzt hatte und die mittlerweile ganz gelb geworden war. Die Kisten rechts und links des Westfensters, auf denen sich ein Kassettenrekorder nebst Kassetten befand sowie eine durch Wassermangel entmutigte und blütenlose Fuchsie. Eine Popcornmaschine, die mit Heißluft funktionierte. Eine Kleenex-Box. Eine Haarbrüste aus nachgemachtem Schildpatt. In der Ostecke ein Gehwagen mit Alu-Scheibenrädern und weichen, stoffbezogenen Handgriffen aus Mahagoni. In der Querstange ein Name eingraviert: YINGST. An der Querstange mit einem Klebestreifen befestigt: ein Autogrammfoto von Gary, dem ewig lächelnden Tänzer aus der Lawrence-Welk-Show. Mitbenutzung des Badezimmers am Ende des Flurs, was im Einzelnen bedeutete: Mitbenutzung des Waschbeckens, der Kommode, des Spiegelschranks, der Badewanne mit Duscheinrichtung, Mitbenutzung des seifenstarren Duschvorhangs mit den gelben Papageienmotiven.
    Ein Vogelkäfig auf einem Eisenfuß in der Nordecke des Zimmers. Auf dem Fußboden darunter ausgelegt: Zeitungen, gesprenkelt mit herabgefallenen Körnern. Neben den Zeitungen direkt an der Wand ein großer Beutel Vogelfutter. In dem Käfig ein Vogel, ein Nymphensittich von leuchtend hellgelber Färbung, mit einem Irokesenschnitt aus spitzen, rosa, höhenverstellbaren Federn, zwei kralligen, schuppigen Füßen und Augen, die so schwarz waren, dass sie glänzten. Ein Vogel namens Vlad der Pfähler, der die meiste Zeit seines Lebens damit zubrachte, sich zischend in dem kleinen Spiegel zu betrachten. Der Spiegel selbst hing an einer Kette aus Frequent-&-Vigorous-Büroklammern und war derart von Vlad des Pfählers Vogelspucko beschmiert, dass er darin kaum mehr erkannt haben dürfte als einen gelben Fleck hinter Nebel. Dennoch. Ein Vogel, der nur sehr gelegentlich und auch nur im Tausch gegen eine unverhältnismäßig große Portion Futter aufhörte zu zischen und

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