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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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hörte Schäfer Strassers Vortrag zu, dann klinkte sich sein Gehirn aus und ging seine eigenen Wege. Dieses Faktenwühlen war nicht seine Art. Es blockierte wichtige Verbindungen … das war wie in den kommenden Wochen beim Urlaubsreiseverkehr: Alle standen stundenlang im selben Stau und dann fanden sie sich erst recht am selben Ziel wieder. Mainstream … er musste sich etwas anderes überlegen.
    „Geben Sie mir die Kontoauszüge“, meinte er, als Strasser zwischen Borns Aufsichtsratsjob in einem halbstaatlichen Unternehmen und seiner Präsidentschaft in einem Schützenverein gerade eine Pause einlegte.
    „Sicher“, erwiderte Strasser, legte eine prall gefüllte Klarsichtfolie auf den Schreibtisch und wartete, bis ihn Schäfer oder Bergmann zum Weiterreden aufforderte.
    „Ich bin zwei Stunden weg“, erklärte Schäfer, nahm die Kontoauszüge sowie die Liste von Frau Born und stand auf. „Gute Arbeit, Strasser … Kollege Bergmann sagt Ihnen dann, wie es weitergeht.“
    Ohne seinen Assistenten anzusehen, verließ Schäfer das Büro – er bemerkte dessen vorwurfsvollen Blick auch so. Doch was half es, wenn er hinter seinem Schreibtisch nur unruhig wurde und nichts weiterbrachte. Er brauchte Bewegung; außerdem hatte er Hunger.
    Über den Ring spazierte er bis zum Volksgarten, wo er sich auf eine Kaffeehausterrasse setzte und einen griechischen Salat bestellte, der dort mediterran hieß. Fast hätte er eine Frau neben ihm um eine Zigarette gebeten. Mit nervösen Fingern blätterte er die Kontoauszüge durch … was machte er nur falsch, dass er sich trotz seines vergleichsweise hohen Ranges nicht annähernd solcher Zahlen erfreuen konnte … und das war nur ein Girokonto … da schienen Borns Anleihen, Aktien und Beteiligungen gar nicht auf. Vielleicht doch ein ganz banaler Geldmord? Irgendwelche Betrügereien, Hinterziehungen … bei solchen Summen war es doch mehr als wahrscheinlich, dass im Gegenzug irgendjemand sehr viel verloren hatte.
    Die Kellnerin wartete, bis er den Tisch freigeräumt hatte, und stellte den Salat ab. Als Schäfer das Besteck aus der Papierserviette schälte, läutete sein Telefon.
    „Schäfer … Ah, Leitner, wo treibst du dich herum? … Brav … Ja, was ich von dir brauche: Haben wir einen verlässlichen Informanten im Zuhältermilieu? … Den Kratky … Also eigentlich suche ich eher wen, der sich in besseren Kreisen bewegt … Hm … Was heißt, dass er sauer auf uns ist? … Na, sehr toll, wer hat das verbockt? … Na, was frage ich auch noch … Mugabe, der Arsch … Probieren kann ich’s ja … Wenn du Zeit hast, könntest du bei der Spurensicherung vorbeischauen, ob da was weitergeht … Und drei Nachbarn müssen noch befragt werden, da weiß Bergmann Bescheid … Klar … Gut, danke einstweilen.“
    Mürrisch spießte Schäfer eine Tomate und ein Stück Schafkäse auf. Wie konnte jemand Polizeipräsident werden, der keine Gelegenheit ausließ, ihr Tagesgeschäft mit hirnrissigen Aktionen zu erschweren? Einen ihrer verlässlichsten Informanten per Gerichtsbeschluss zu einer öffentlichen Zeugenaussage zwingen zu wollen … schon einmal etwas vom Vertrauensgrundsatz gehört … kein Wunder, dass der Mann nicht mehr für sie arbeiten wollte.
    Schäfer rückte den Teller an den Tischrand, legte die Kontoauszüge neben die Liste, die Borns Witwe ihnen geschickt hatte, und sah sie Zeile für Zeile durch. Da gab es etwas; er nahm sein Telefon und rief Bergmann an.
    „Sagen Sie: Hat Frau Born sich darüber geäußert, ob ihre Landaufenthalte lange vorher geplant gewesen sind oder … Nach Lust und Laune … Nichts, ich schaue mir nur gerade seine Kontoauszüge an und bin vielleicht auf eine auffällige Parallele gestoßen … Sag ich Ihnen später … Bald.“
    Sie hatte sich für ihre Ausflüge zum Semmering also meistens spontan entschieden. Das passte zwar nicht in das Bild, das Schäfer von der akkuraten und durchgestylten Frau hatte, doch warum sollte sie diesbezüglich die Unwahrheit sagen. Mindestens zweimal im Monat fuhr sie aufs Land; in mehr als der Hälfte der Fälle hatte Born am Tag vor ihrer Abreise eine Summe zwischen tausend und zweitausend Euro behoben. Und wenn man die bescheideneren Bankomatauszahlungen in den Tagen danach in Betracht zog, musste er das Geld schnell ausgegeben haben.
    Schäfer rief die Kellnerin an seinen Tisch und verlangte die Rechnung. Drogen hatte Born keine genommen; das hätte Koller herausgefunden; Glücksspieler war er auch keiner; und

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