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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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er nicht zu Hause ist?“
    „Kaffeehaus oder so …“
    „In welchem?“
    „Weiß ich nicht genau … am Brunnenmarkt …“
    Schäfer wurde plötzlich übel. Er lief in den Flur und riss eine Tür auf, hinter der er das Badezimmer vermutete. Glück gehabt, sagte er sich und ging vor der Klomuschel auf die Knie. Danach spülte er sich den Mund aus und wusch sich das Gesicht. Er sah sein Spiegelbild, sein wirrer Blick erschreckte ihn. Er nahm ein Handtuch mit für den Fall, dass er sich noch einmal übergeben musste, und setzte sich im Flur auf einen Hocker. Dann rief er im Kommissariat an.
    „Ja, gebt mir einen Einsatzleiter der Wega … Servus, Schäfer hier … Ich brauche ein Team am Brunnenmarkt … Wir suchen einen Türken, der dringend tatverdächtig ist, seine Tochter ermordet zu haben … Ähm, warte einen Moment …“ Schäfer ging ins Wohnzimmer und fragte den Jungen, wie sein Vater hieß und ob er ein Foto von ihm hätte.
    „Ceki Büyük … Ich schicke einen meiner Leute mit dem Foto zum Brunnenmarkt, Ecke Thaliastraße … Ja, Admiral, Bezikim, die üblichen Läden halt … Sicher, volle Montur, großer Aufmarsch … Tut mir einen Gefallen und werft ein paar Tische um … Danke, Bernhard.“
    Er stand im Flur und starrte an die Wand. Diese scheußliche Mistbude … in jeder Faser hängt der Gestank von hundert Hammeln … diese verdammten Arschlöcher … ihre eigenen Kinder umbringen … und natürlich die Tochter, weil die ja überhaupt nichts wert ist … diese verfickten anatolischen Eseltreiber. Um nicht loszuheulen, trat Schäfer einen Schirmständer um und schlug dann mit der Faust auf einen Wandspiegel ein, der mit einem gewaltigen Klirren zersplitterte. Bergmann kam aus dem Wohnzimmer gelaufen, ein Beamter der Spurensicherung stand gleichzeitig mit ihm vor Schäfer. Bestürzt sahen sie ihn an.
    „Wollen Sie lieber ins Kommissariat zurück?“, fragte Bergmann vorsichtig.
    „Ich gehe kurz hinaus … brauche ein bisschen frische Luft … ist ja nicht auszuhalten hier …“
    Vor dem Gebäude ging er zu einer Gruppe von Schaulustigen und fragte, ob jemand eine Zigarette für ihn hätte. Ein junger Türke zog gleich seine Packung heraus und gab ihm zwei.
    „Sie bluten“, er gab Schäfer Feuer, „da, an Ihrer Hand.“
    Schäfer drehte sich kommentarlos um und setzte sich auf eine Bank neben einem Ballspielkäfig. Er zündete sich die zweite Zigarette an der ersten an, sog den Rauch ein, als wäre es Sauerstoff, der ihn vor dem Ersticken rettete. Teilnahmslos betrachtete er das Blut, das auf seine Hose tropfte. Was passierte mit ihm? War er dabei, verrückt zu werden? Stand er vor einem Amoklauf?
    Telefon: Der Einsatzleiter der Wega; sie hatten den Mann gefasst; kein Widerstand, wohin sollten sie ihn bringen? Schäfer gab die Adresse durch und wartete, bis der Kleinbus der Sondereinheit eintraf. Zwei schwer bewaffnete Polizisten kamen auf ihn zu, zwischen sich einen wesentlich kleineren Mann in Handschellen, mit aufgeschlagener Lippe, blau geschwollener Nase und blutigem Hemd. Wohin sollten sie ihn bringen?
    „Zweiter Stock“, deutete Schäfer auf das Haus, „Bergmann ist oben … lasst ihn das machen … danach aufs Revier mit ihm … und lasst den Türken davor ein frisches Hemd anziehen … das schaut nicht gut aus …“
    Ein paar Minuten, nachdem die Männer das Haus betreten hatten, stand Schäfer auf und ging ebenfalls zum Eingang. Nein, er konnte da nicht mehr hinauf. Er machte kehrt und ging zur nächsten Straßenbahnhaltestelle.
    Kurz vor neun traf Bergmann im Kommissariat ein, wo er Schäfer vorfand, der in seinem Sessel schlief und ein paar Minuten später die Augen aufschlug.
    „Geht’s Ihnen besser?“
    „Weiß nicht … wo ist der Türke?“
    „U-Haft …“
    „Hat er gestanden?“
    „Nein … er behauptet, dass er es nicht war …“
    „Glauben Sie ihm?“
    „Nein … als er seine Tochter gesehen hat, hat er sich umgedreht und ist in die Küche gegangen, um zu rauchen …“
    „Alibi?“
    „Da müssen wir noch abwarten, was der Koller sagt … sie ist gegen Mittag gestorben, er ist gegen Mittag in seinem Stammlokal aufgetaucht …“
    „Was ist mit den Nachbarn?“
    „Nicht so einfach … wenn ich der Dolmetscherin glauben soll, halten ihn die einen für einen Tyrannen und Schläger und die anderen für einen vorbildlichen Vater, der seine Kinder über alles geliebt hat …“
    „Wohnen keine Deutschsprachigen in dem Haus?“
    „Doch, eine Studenten-WG ganz

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