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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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Vorlieben irgendwelcher Prominenten kommen, dann wüsste er genau, wen er dafür verantwortlich machen würde. Er senkte den Blick auf seine Unterlagen, um das Grinsen zu verbergen, das ihm das Gesicht verzog, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Bei seinen Ermahnungen waren ihm sofort der Polizeipräsident und der Innenminister eingefallen … im Bett mit … einer Domina in Dobermannverkleidung? Schreyer, Sonderaufgabe! Apotheken, Krankenhäuser, Pharmaunternehmen! Ist irgendwo eingebrochen, dieses Propofol gestohlen worden, den Namen des zweiten Medikaments würde Schäfer ihm gleich nachher geben.
    Zwei Stunden saß Schäfer anschließend vor seinem Computer und wusste nicht recht, wie weitermachen. Er stand auf, trank einen Kaffee, setzte sich wieder, stand auf, holte sich ein Glas Wasser … konnte es sein, dass ihm Bergmann nach einem Tag schon so abging, dass es ihm nicht möglich war, konzentriert zu arbeiten? Er griff zum Telefon und legte den Hörer gleich wieder auf. Dann öffnete er den Webbrowser und surfte so lange im Internet, bis er alles zu wissen glaubte, was sich in der vergangenen Nacht auf der Welt Wichtiges zugetragen hatte. Kurz vor elf traf der Durchsuchungsbefehl ein. Schäfer legte seine Dienstwaffe und sein Jackett an und machte sich auf den Weg.
    Das Escortservice „Joys’r’us“ hatte seinen Hauptsitz im dritten Bezirk neben dem Stadtpark in einem kürzlich renovierten Altbau. Escort ist nicht gleich Bordell, dachte Schäfer, als er das Büro betrat, in das genauso gut nadelstreifige Wirtschaftsanwälte gepasst hätten. Die Chefin, Frau Dusini, hatte offensichtlich mit seinem Besuch gerechnet – der Staatsanwalt?, ging es Schäfer durch den Kopf –, sie begrüßte ihn mit formelhaften Ausführungen über Datenschutz, Diskretion, die Kernwerte ihres Unternehmens und anderen Phrasen, die er mit hochgezogenen Augenbrauen abnickte.
    „Die Liste Ihrer Kunden sowie die Ihrer Angestellten … bitte“, meinte er, nachdem ihn Dusinis grauer Hosenanzug sowie ihre Angewohnheit, die Hände wie unter dem Waschbecken gegeneinanderzureiben, zunehmend nervte.
    „Bettina“, sagte sie, während sie auf das Empfangspult zuschritt, hinter dem ein jüngerer Klon ihrer selbst saß, „die Unterlagen, die du vorbereitet hast.“
    Die Empfangsdame öffnete eine für Schäfer unsichtbare Schublade und entnahm ihr einen Schnellhefter. Sie stand auf, ging um das Pult herum und reichte ihn ihrer Chefin.
    „Bitte folgen Sie mir.“ Dusini öffnete eine Hälfte einer weiß lackierten, fast raumhohen Flügeltür. „Nehmen Sie Platz“, fuhr sie fort, nachdem sie sich hinter einen Schreibtisch gesetzt hatte, der entweder tatsächlich aus schwarzem Marmor war oder zumindest aus einem täuschend echten Imitat.
    Das gesamte Büro machte den Eindruck einer luxuriösen Therme: Die halbtransparenten, seidendünnen Vorhänge tauchten den Raum in ein helles, aber weiches Licht, über eine Wandverkleidung aus Bronze rieselte ein Wasserfall, auf einer Wandseite stand eine schlichte Liege, die tatsächlich mit Gras bewachsen war, wie Schäfer erstaunt feststellte. Warum geht die Spinnerin nicht die paar Schritte in den Stadtpark, dachte er und wandte sich der Frau zu, die ihn mit einem Räuspern aus seinen Gedanken geholt hatte.
    „Schönes Büro … sehr entspannend.“
    „Ich hoffe, dass das auch weiterhin so bleibt, Herr Schäfer … oh, verzeihen Sie … möchten Sie etwas trinken?“
    „Danke“, winkte Schäfer ab, „ich will mich auch gar nicht länger hier … also Sie nicht länger als notwendig aufhalten.“
    Dennoch wurden es fast zwei Stunden, in denen er Dusini über Born, Mesaric und die georderten Hostessen befragte, die sie selbst immer wieder als Begleiterinnen bezeichnete. Schließlich würden sie zu nichts gezwungen und es stünde ihnen völlig frei, den Wünschen ihrer Kunden zu entsprechen oder sie gegebenenfalls auch abzuschlagen. Doch, natürlich wäre man bestrebt, den individuellen Ansprüchen stets mit dem größtmöglichen Einfühlungsvermögen zu begegnen, da die hundertprozentige Zufriedenheit … an diesem Punkt konnte Schäfer es sich nicht verkneifen, einen leicht anzüglichen Wortwitz anzubringen, da ihm ihr Marketinggeschwafel auf die Nerven fiel. Zu seinem Erstaunen reagierte sie mit ihrem ersten echten Lächeln darauf.
    Nachdem Schäfer sich von Dusini verabschiedet hatte, spazierte er über den Ring in den vierten Bezirk, wo er ein Restaurant kannte, das wegen seiner üppigen

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