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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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unschuldig sein könnte, wie wir glauben … was halten Sie davon?“
    „Daran habe ich noch gar nicht gedacht … soll ich das noch einmal überprüfen?“
    „Nein … was ist denn mit dem Wagen, der Limousine … ist da die Spurensicherung schon fertig?“
    „Ja … nichts gefunden … das Escortservice lässt die Wagen aber jede Woche reinigen …“
    „Hm …“
    „Kann ich sonst noch …“
    „Nein, danke …“
    Nachdem Kovacs aus dem Büro war, packte Schäfer seine Badesachen, leitete das Festnetz auf sein Handy um und verließ das Kommissariat. Auf dem Weg zur U-Bahn-Station suchte er den Schatten, wo es nur ging. Das widerspricht dem Gesetz der Entropie, dachte er, als er endlich in den klimatisierten U-Bahn-Wagen stieg; die Sonne lieferte Energie und machte das Chaos in ihm trotzdem schlimmer.
    Er schwamm von Ufer zu Ufer und setzte sich dann auf die Einstiegstufen, sodass ihm das Wasser bis zur Brust reichte. So ließ es sich denken. Wenn der Trafikant ein brauchbares Phantombild lieferte, kriegten sie ihn früher oder später. Dazu die Haare … wann kämen denn endlich die Ergebnisse der DNS -Analyse? Urlaubszeit hin oder her, er selbst musste schließlich auch arbeiten, bis ihm der Kopf rauchte! Wieso blieb dieser Fall so schwammig … das war wie im Mathematikunterricht im Gymnasium, wo er bis zum Läuten der Gaußschen Glocke ohne größere Nervenkrämpfe mitkam; dann war Schluss. Integralsysteme und diese ganzen Gleichungen mit mehreren Unbekannten, da klemmten die Türen in seinem Kopf, da konnte er noch so sehr rütteln und dagegentreten, nicht einmal durchs Schlüsselloch bekam er eine Ahnung, was sich in diesen Räumen tat. Vielleicht war es ja diese überzählige Unbekannte, die der Lösung dieses Falls entgegenstand. Unbekannt, was die Opfer verband; unbekannt, was das Motiv war; unbekannt, warum der Täter länger am Tatort blieb als nötig.
    Nach einer gefühlten halben Stunde im Wasser sahen Schäfers Finger aus, als hätte ihm ein Vampir einen Handkuss gegeben. Er ging zu seinem Liegeplatz, streckte sich aus und sah in den Himmel. Aber irgendwann würden sie den Fall abschließen; dann würde er Isabelle endlich nachgeben und mit ihr auf Urlaub fahren. Über das Ziel müssten sie noch diskutieren. Zwei Wochen in einem Club … wo er den Tauchschein machen und sich mit ihr endlich die wunderbare Unterwasserwelt ansehen könnte. Zwei Wochen! In einem Club! Unterwasserwelt! Hätte der Herrgott das gewollt, hätte er uns Kiemen gegeben, fiel Schäfer seine Großmutter ein, die mit einer analogen Erklärung aufwartete, wenn sie jemand aus der Verwandtschaft in ein Flugzeug zwingen wollte, um sich jetzt, da sie in Rente war, die Wunder der Welt anzusehen. Keine Flügel, kein Fliegen! Aber das war keine Argumentation, mit der er Isabelle gegenübertreten konnte. Zwei Wochen in einem Club. Da würde er vom Polizisten zum Amokläufer werden. Oder er stieß beim Muschelsuchen auf einen abgeschnittenen Zeh, den ein mächtiger überirdischer Marionettenspieler dort vergraben hatte, und dann musste er dem örtlichen Polizeichef helfen, einen Mord zu klären. Gut, noch war es ohnehin nicht so weit.
    „Na, auf dem Weg in den Dienst?“, grüßte ihn ein Verkäufer einer Obdachlosenzeitung, als Schäfer über den Graben schlenderte. Schäfer gab ihm eine Zwei-Euro-Münze, ohne die Zeitung zu nehmen. Geschichten über das Unglück der Menschen habe er selbst genug, meinte er und wünschte dem Mann gute Geschäfte.
    Obwohl es schon fast vier Uhr war, nutzte Schäfer jede Gelegenheit, seine Rückkehr ins Kommissariat hinauszuzögern. Zwei Kugeln Eis am Hohen Markt, ein Leinenhemd in einer kleinen Boutique probieren – auch wenn ihm der Sommer mit seinen Temperaturen zusetzte, wollte er nicht abermals in drei Monaten in den Herbstregen schauen und wehmütig daran denken, dass er ihn versäumt hatte. Ein Mittelmaß zu finden, war ihm offenbar nicht gegeben. Kurz vor fünf zwang ihn das schlechte Gewissen dann doch in die Arbeit. Vor dem Eingang traf er auf einen Kollegen von der Spurensicherung, der anders als Schäfer in Eile zu sein schien.
    „Was ist los, Plaschg, ist dir die Polizei auf den Fersen?“
    „Halt dich fest“, Plaschg atmete zweimal tief durch, „die DNS … aus den Haaren … sie ist mit ziemlicher Sicherheit von Kastor.“
    Schäfer sah seinen Kollegen an, ohne das Gesagte verarbeiten zu können. Was war denn das jetzt wieder für ein Scheiß? Eine Unbekannte, die sich in zwei

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