Der bessere Mensch
meinte er, nachdem ihnen der Kellner auf Schäfers Anweisung zwei Bier hingestellt hatte. „Wie ist das abgelaufen?“
„Zuerst habe ich ihre Familie angerufen“, antwortete Kovacs und bemühte sich, Schäfers Blick standzuhalten, „ich war wirklich rücksichtsvoll, das müssen Sie mir glauben …“
„Und dann?“
„Dann habe ich Pilz angerufen und ihn gefragt, ob wir uns treffen können …“
„Heute?“
„Ja.“
Schäfer nahm einen großen Schluck und entließ einen absichtlich tiefen Seufzer.
„Was, wenn er sich umgebracht hätte?“
„Das … an das habe ich wirklich nicht gedacht …“
„Erst denken, dann tun“, sagte Schäfer und warf ihr einen Bierdeckel an den Kopf. Kovacs sah ihn unsicher an und senkte erneut den Blick.
„Sie haben den Fall aufgeklärt … immerhin … ein anderer hätte das wahrscheinlich nicht so schnell zustande gebracht …“
„Sie haben mich auf die richtige Fährte gesetzt …“
„Möglich … trotzdem ist es Ihr Verdienst. Und Ihre Verantwortung …“
„Was …“, begann Kovacs zögerlich.
„Keine Ahnung“, erwiderte Schäfer, dem die Müdigkeit die Lider nach unten drückte. „Fünfzig Liegestütze? Sie sind klug genug, um eine Lehre daraus zu ziehen … und wundern Sie sich nicht, wenn Sie demnächst ein paar Sonderaufgaben bekommen … meine Anzüge in die Reinigung tragen oder was in der Richtung … und ab morgen knien Sie sich in den Fall Born rein und rühren ohne meine Weisungen nichts anderes an …“
„Mache ich gerne“, sagte Kovacs sichtlich erleichtert, und Schäfer konnte nicht anders, als angesichts ihres mädchenhaften Grinsens, das so gar nicht zur knallharten Polizistin passte, als die sie sich sonst gab, ebenfalls milde zu lächeln. Was blieb ihm denn übrig? Sollte er sie auch nach Salzburg versetzen lassen? Doch würde so ein disziplinärer Rempler verhindern, dass sie irgendwann so ungebremst auf die Schnauze fiel wie er selbst? Er war doch nicht ihr Vater.
23.
„So!“, begann Kamp die Morgenbesprechung und Schäfer fragte sich umgehend, ob er diese einleitende Bedeutungslosigkeit vielleicht doch nicht von seinem Vater, sondern vom Oberst übernommen hatte.
„Ihr wisst, wo wir stehen … die DNS -Analyse der Spuren in Mladics Wohnung hat ein Ergebnis gebracht, mit dem keiner rechnen konnte … ach ja, unserem Kollegen Bergmann geht es übrigens den Umständen entsprechend gut, wie mir der Primar heute Morgen mitgeteilt hat, von dieser Sorge sind wir also befreit …“
„Im Internet gibt es übrigens schon eine Homepage, die für die Ergreifung des Schützen fünftausend Euro verspricht“, brachte Leitner ein, „so ein neuer Verein zur Unterstützung der Exekutivarbeit … sieht sehr nach Steckbrief ‚Wanted dead or alive‘ aus … sollen wir da was unternehmen?“
„Wo laufen die Informationen zusammen?“, wollte Kamp wissen.
„Angegeben ist die Nummer vom Journaldienst und eine E-Mail-Adresse der Betreiber …“
„Die muss raus … schauen Sie sich das bitte regelmäßig an und sobald das in Richtung Selbstjustiz geht, drehen Sie es ab … gut … was uns jetzt kümmert, ist, von wem und aus welchem Grund diese Haare am Tatort platziert worden sind … zurzeit wird die Leiche von Kastors Mutter exhumiert, um bei der Gegenprobe auf Nummer sicher zu gehen. Wir untersuchen außerdem, unter welchen Umständen die DNS -Probe damals genommen wurde … ob irgendwer von unseren Leuten Kastor vor oder nach der Verhaftung Blut abgenommen hat und wo das hingekommen ist. So, Leitner, Kovacs, irgendwas aus den Krankenhäusern?“
„Seit Sonntag sind aus Spitälern in ganz Österreich sechs Schussverletzungen gemeldet worden: zwei Jugendliche, ein Jäger, ein versuchter Selbstmord, ein Fall aus dem Spielermilieu, wo zwei Männer aufeinander losgegangen sind und sich gegenseitig angeschossen haben; einer ist gestern verstorben. Es ist niemand dabei, auf den unsere Beschreibung zutrifft, weder die der Person noch die der Verletzung.“
„Wäre ja zu schön gewesen“, murrte Kamp, ging auf die gegenüberliegende Seite des Schreibtisches und versuchte erfolglos, den dort stehenden Beamer zu bedienen. „Schreyer, schalten Sie das Ding da ein“, sagte er schließlich ungeduldig, worauf der Inspektor den angeschlossenen Laptop aus dem Ruhezustand holte, eine Datei öffnete und den Beamer scharf stellte. Auf der Leinwand erschien das Phantombild, das nach den Angaben des Trafikanten erstellt worden war.
„Damit
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