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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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gehen wir an die Öffentlichkeit“, sagte Kamp. „Die Medien haben Wind davon bekommen, dass zwischen Born und Mladic ein Zusammenhang besteht … das können wir nicht länger verheimlichen. Aber wenn wir ihnen dieses Bild hinwerfen, bleibt uns mehr Zeit, um der Spur nachzugehen, die zu Kastor führt. Dieses Detail darf auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen, das muss ich Ihnen allen wohl nicht extra sagen, denn das könnte … nun, zu meiner eigenen Beschämung muss ich zugeben, dass wir den Fall damals sehr rasch und vielleicht auch etwas schlampig abgeschlossen haben … ich habe deshalb Major Schäfer nach Salzburg beordert, um uns von dieser Seite Klarheit zu verschaffen … warum ist Kastor gerade dorthin geflohen? Hat er unter Umständen einen Helfer dort gehabt, Beziehungen, die wir aufgrund seines Ablebens vernachlässigt haben … es muss schließlich einen Grund geben, warum die Haare von diesem Scheißkerl plötzlich am Herd vom Mladic hängen …“ Kamp räusperte sich, um den Zorn zu verbergen, in den er sich zu steigern begonnen hatte. „Wie auch immer. Ich habe mit dem Leiter des LKA Kontakt aufgenommen, er wird uns jede Unterstützung geben, die wir brauchen. Hier geht es einstweilen weiter wie gehabt. Sie geben mir einen detaillierten Einblick in den Ermittlungsstand und bis zu Major Schäfers Rückkehr übernehme ich die interimistische Führung.“
    „Ich möchte eine Kopie von Kastors Akte nach Salzburg mitnehmen“, brachte sich Schäfer ein, „helfen Sie bitte …“
    „Ist schon fertig“, unterbrach ihn Schreyer fröhlich, „ist alles in der Schachtel, die bei Ihnen am Boden steht.“
    „Oh“, meinte Schäfer und sah den Inspektor ungläubig an, „auch die Tonbandaufnahmen, Videoaufzeichnungen …“
    „Habe ich Ihnen digitalisiert und auf eine DVD gebrannt …“
    „Hut ab, Inspektor Schreyer … da meldet sich jemand für eine Beförderung an …“
    „Na ja, das hat ja noch Zeit“, erwiderte Schreyer fast besorgt.
    „Und noch was: Ich habe gestern mit Viktor Krepp gesprochen, dem Mann, der Mladic und Kastor bei diesem Tankstellenüberfall verpfiffen hat … wenn es wirklich die beiden waren, stammt die Waffe aus diesem Umfeld … vielleicht grabt ihr da noch nach …“
    Es wurde später Nachmittag, bis Schäfer zum Bahnhof kam. Schließlich war noch einiges angestanden: die Übergabe an Kamp, die gemeinsame Einteilung der Gruppe, die Sichtung von Kastors Akte, ein Gespräch mit Bergmann; dann ein Anruf beim Landeskriminalamt Salzburg, ob sie ihm für ein paar Tage einen Wagen zur Verfügung stellen könnten, was den Beamten am Telefon zur Frage verleitete, ob sich die Polizeireform in Wien etwa noch schlimmer auswirke als bei ihnen. Nein, nein, erwiderte Schäfer, mit dem Auto zu fahren war ihm einfach zuwider und er wolle auf jede Fahrt verzichten, die sich vermeiden ließe. Kein Problem, erwiderte sein Salzburger Kollege, er könne halt nicht versprechen, dass er ein neues Modell bekäme. Alt wäre ohnehin besser, meinte Schäfer, besser für die Tarnung.
    Dann im Zug; mit jedem Kilometer, den er im klimatisierten Großraumwagen der ersten Klasse die Stadt und ihre unerträglichen Temperaturen hinter sich ließ, stieg seine Stimmung. Der Westen: Das verhieß befreiende Gewitter, die die Hitze zerschlugen; wo es am Abend genug abkühlen würde, sodass er endlich wieder richtig schlafen konnte. Ausgelaugt hatten ihn die letzten Wochen, das wurde ihm jetzt viel klarer, da er sich zu entfernen begann: die beiden grausam zugerichteten Mordopfer, das erstochene türkische Mädchen, die Schüsse auf Bergmann, die Waffe vor seiner eigenen Stirn, der aus dem Jenseits höhnende Kastor. Für den es damals ein Leichtes gewesen wäre, Schäfer im Wald zu töten. Warum hatte er es nicht getan? Mitleid stand außer Frage, Kastor war ein Psychopath wie aus dem Lehrbuch gewesen, hatte seine Opfer wenn schon nicht langsam und unter Qualen getötet, dann zumindest post mortem grausam zugerichtet. Vielleicht war seine kriminelle Energie aufgebraucht gewesen, hatte er gerade noch genug Kraft aufbringen können, sich in ein Bootshaus zu schleppen und in einem letzten Akt der Gewalt selbst zu richten. War das jetzt überhaupt noch von Belang? Wenn jemand im Begriff war, Kastors Erbe anzutreten, dann sehr wohl.
    Als er in Salzburg aus dem Zug stieg, fiel ein feiner nadeliger Regen. Schäfer kaufte sich in einer Trafik vor dem Bahnhof zwei Tageszeitungen, stellte sich an den Tisch

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