Der Beutegaenger
einem schlimmen Zustand gewesen. Allerdings war diese Tatsache bei der Pressekonferenz mit keinem Wort erwähnt worden. Kurzum: Die ganze Sache stank zum Himmel!
Frau Dr. Potemkin war unterdessen in der Eingangstür verschwunden.
Brauner drückte seine Zigarette aus, zog die Autoschlüssel ab und stieg aus dem Wagen.
Was immer hier gespielt wurde, er würde es schon herausfinden.
Einige Minuten lang hatte Lore Simonis neben ihrer toten Freundin ausgeharrt. Jetzt wandte sie sich ab und trat zu Verhoeven, der ein gerahmtes Aquarell neben der Tür betrachtete. Es zeigte eine neblige Küstenlandschaft.
»Isolde liebte das Meer«, sagte sie. »Wir waren einmal zusammen dort, als die Heide blühte. Das war schön.« Verhoeven drehte sich um.
»Ich verstehe nicht genug von diesen Dingen«, sagte Lore Simonis. »Aber wissen Sie . . .« Sie schluckte. »Können Sie mir sagen, ob Isolde sehr gelitten hat?«
»Die Wunden sehen ziemlich tief aus«, entgegnete Verhoeven. »Ich könnte mir denken, dass sie gleich mit dem ersten Schlag das Bewusstsein verloren hat.«
Lore Simonis blickte ihn eine ganze Weile prüfend an, dann nickte sie. »Danke«, sagte sie.
Winnie Heller kam aus der Diele zurück, gefolgt von Dr. Gutzkow. Die Pathologin hob verwundert die Augenbrauen, als sie Lore Simonis erblickte, sagte aber nichts.
»Dürfen wir Sie bitten, sich später, wenn die Kollegen von der Spurensicherung hier fertig sind, noch einmal ganz genau in der Wohnung umzusehen?«, fragte Verhoeven. »Wir müssen so schnell wie möglich wissen, ob etwas fehlt.«
Lore Simonis nickte. »Natürlich.«
»Dann wird Sie ein Kollege von der Streife jetzt nach Hausefahren und bei Ihnen auf unseren Anruf warten, wenn es Ihnen recht ist. Wir melden uns, sobald wir so weit sind.«
Er begleitete die alte Dame in den Flur hinaus und gab den uniformierten Kollegen ein paar kurze Instruktionen. Dann kehrte er ins Wohnzimmer zurück.
Dr. Gutzkows Stirn war in tiefe Falten gelegt.
Verhoeven zeigte auf den Pflasterstein. »Ist das die Tatwaffe?«
»Ich bin noch keine zwei Minuten hier, und Sie wissen doch, wie das läuft.«
Obwohl die Gerichtsmedizinerin nicht aufblickte, glaubte Verhoeven ein nachsichtiges Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen. Im selben Augenblick flammte von der Tür her ein Blitzlicht auf. Verhoeven fuhr herum. »Was soll das? Wer zum Teufel sind Sie?«
Im Türrahmen lehnte ein Mann mittleren Alters. Er trug ein graues Sakko zu seinen schwarzen Jeans und hielt eine Kamera in der Hand. »Klaus Brauner, freier Journalist«, antwortete er selbstbewusst. »Darf ich fragen, was hier vorgefallen ist?«
Im Türrahmen hinter Brauner erschien ein Streifenpolizist. »Er hat gesagt, er gehöre zum Erkennungsdienst.«
»Und da lassen Sie ihn einfach rein?«, schrie Verhoeven den Beamten an. »Hat er Ihnen einen Ausweis gezeigt?«
Der Streifenpolizist schüttelte den Kopf und blickte betreten auf den Teppich hinunter.
»Rechnen Sie mit Konsequenzen«, wetterte Verhoeven, während Winnie Heller dem Reporter mit einem entschiedenen Handgriff die Kamera abnahm.
»He, Moment«, protestierte Brauner. »Das dürfen Sie nicht.«
»Und ob ich das darf«, entgegnete Winnie Heller ruhig. »Der Film ist beschlagnahmt. Er stellt einen Eingriff in laufendeErmittlungen dar. Ihre Kamera können Sie sich später im Präsidium abholen. Und jetzt verschwinden Sie, bevor Sie eine Anzeige wegen Behinderung der Polizei am Hals haben.«
Dr. Gutzkow warf ihr einen amüsierten Blick zu. »Hey, Herzchen, jede Wette, dass Sie ’ne glatte Eins in Rechtskunde hatten.«
»Psychologie und Kriminalistik«, entgegnete Winnie Heller achselzuckend, während der Beamte in Uniform Brauner in den Flur hinausdrängte. »Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich nicht Herzchen nennen würden.«
Die Pathologin stieß ein heiseres Lachen aus. »Ach, du große Güte!«
»Damit kommen Sie nicht durch«, schrie Brauner irgendwo im Treppenhaus. »Die Öffentlichkeit hat ein Recht, zu erfahren, was hier vorgeht.«
»Ja doch, Sie uns auch«, rief Verhoeven und riss ärgerlich sein Handy vom Gürtel, das unter dem Vibrationsalarm erzitterte. »Ja?«
»An der Jacke von der Borg war ein Haar, das nicht ihr gehört«, meldete sich Lübke aus seinem Labor.
Verhoeven horchte auf. Das war doch mal was! »Männlich?«
»Es ist gut vierzig Zentimeter lang und blond.«
»Also von einer Frau?«
»Tj a, ursprünglich stammt es von einer Asiatin«, erklärte Lübke
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