Der bewaffnete Freund
dann irgendwann rechts.«
Ich weiß nicht, warum ich nicht widerspreche. Vielleicht weil es um Geld geht und nicht um Waffen, vielleicht weil ich mich vor zwei Wochen regelrecht aufgedrängt habe, Zubieta zu fahren, vielleicht weil ich schon viel zu sehr in diese Geschichte involviert bin, um mich noch einfach herausstehlen zu können. Ich blicke auf den See. Die Sonne bricht sich an der gekräuselten Oberfläche, die reflektierten Strahlen blenden mich. Zubietas Profil zeichnet sich unscharf vor dem funkelnden Wasser ab.
Wir folgen der Uferlinie, die jetzt, am Ende des Sommers, von einem breiten, hellbraunen Streifen getrockneten Schlamms gesäumt ist, schlängeln uns an den Wasserzungen entlang. Schließlich erreichen wir eine rissige Asphaltstraße, sie verschwindet wenige Meter vor uns im See.
»Hier …« Zubieta deutet auf ein verfallenes Bauernhaus, an das das Wasser bei Höchststand gerade so heranzureichen scheint. »Auf dem Kiesweg!« Er dreht sich dem Mann auf der Rückbank zu. »Ich hab’s dir gesagt.«
Das Gehöft sieht trostlos aus. In den Brombeersträuchern unterhalb des Gebäudes hängen die zerfetzten Reste von Plastiktüten, aus dem Wasser ragen Baumleichen und kahle Äste empor. Abgesehen vom Geräusch des Motors und der auf dem Kies knirschenden Reifen ist es vollkommen still.
»Halte einfach bei der Scheune«, sagt Zubieta.
Ich bringe den Wagen neben einem kaputten Pflug zum Stehen und steige aus, doch als ich mit den Freunden gehen will, befiehlt mir Zubieta, beim Wagen zu bleiben und etwas zu essen. »Wenn jemand kommt, sagst du, du wärst Tourist und würdest gerade picknicken. Falls sie auch uns gesehen haben, sagst du, wir wären Tramper … okay?«
Sehr glaubwürdig, denke ich. Zwei Tramper, die ein Loch ausheben, ein Tourist, der zufällig nur wenige Meter entfernt frühstückt.
Ich nicke dennoch.
Zubieta wirft die Wagentür hinter sich zu, sein Begleiter greift nach einem kleinen Spaten, kaum größer als eine Kohlenschaufel.
»Wie lang werdet ihr brauchen?«, frage ich.
»Wir graben nicht tief«, sagt Zubieta. Er sieht nun auch im Gesicht sehr blass aus, fast weiß. »Wir schauen nur nach, ob es die richtige Stelle ist.«
»In den Mangroven da hinten?«, spottet der Mann, der sich Pablo nennt.
»Du wirst sehen, es ist dort.«
Und erst jetzt kommt mir der Gedanke, dass Zubietas Blässe von einer Krankheit stammen könnte.
Während die beiden in Richtung des anliegenden Hains verschwinden, hole ich Lebensmittel aus dem Kofferraum und setze mich vor den Wagen ins Gras. Das Brot, aufgebackenes Tiefkühlbaguette, schmeckt nach Pappe, ich muss jeden Bissen hinunterwürgen. Trotzdem bleibe ich bei der mir aufgetragenen Rolle und gebe den picknickenden Touristen. An der Stelle, an der wir den Wagen geparkt haben – zwischen einer Ruine und einem Pinienhain, vom getrockneten Schlamm, der den Stausee umgibt, nur wenige Meter entfernt – ist man von der Straße aus kaum zu entdecken. Ich versuche mich abzulenken und konzentriere mich auf das Muster, das der über den See streichende Wind auf der Wasseroberfläche hinterlässt, auf die zuckenden, sich kaum vorwärts bewegenden Rippen, zu denen sich das Wasser zusammenzieht – als handele es sich um die gallertartige Masse aus Polaris, ein lebendes Wesen. Neben mir biegen sich die Grashalme. Stille, die dann doch nicht beruhigt.
Die Sonne steht schon hoch am Himmel, es ist so warm, dass ich meine Trainingsjacke ausgezogen habe, als die beiden Freunde zurückkehren. Zubieta macht ein triumphales Gesicht.
»Und?«
»Volltreffer«, sagt er.
Der Mann namens Pablo greift wortlos nach der Wasserflasche, die im Schatten der Motorhaube liegt. Seine Hände sind erdverschmiert, auf seiner Stirn steht Schweiß. Offensichtlich haben die beiden, obwohl der Spaten dafür zu klein ist, tief gegraben.
»Sehr anstrengend?«
Der Mann namens Pablo zuckt mit den Achseln »Ihr hättet mich rufen können«, sage ich, »als Ablösung.«
Der Mann trinkt. Während er in erster Linie durstig gewesen zu sein scheint, macht Zubieta einen mitgenommenen Eindruck. Er ist weniger verschwitzt als der andere, aber hat eine ganz und gar ungesunde Hautfarbe. In seinem Gesicht wechselt sich Blässe mit roten, unruhig durchbluteten Flecken ab. »Wir haben nur ein bisschen an der Oberfläche gekratzt.«
Ich rechne nach, wie alt Zubieta inzwischen ist. Sieben Jahre bin ich jünger als er, das heißt, er ist in einem Alter, in dem viele Menschen, viele
Weitere Kostenlose Bücher