Der Bienenfresser
den Frieden verheißenden Tanztempel Es Paradis Terrenal.
Palmen und Grünzeug unter einem Pyramidendach, ganz annehmbare Musik, und auch die Zeit war inzwischen tüchtig vorangeschritten, was ich daran merkte, dass bei den verkleideten Damen der Bartschatten sichtbar wurde.
Ich sah dem Treiben noch ein wenig zu und fuhr endlich von San Antonio zurück nach Ibiza-Stadt.
Der Morgen graute und sicher war ich der Einzige auf der Piste ohne Alkohol im Blut.
Im Club Tank ging gerade das Blaulicht aus. Eine Viertelstunde später trat Kristine auf die Straße, gefolgt von einem Pulk Nachteulen, die ins Tageslicht blinzelten, eine Weile unschlüssig herumstanden und sich schließlich in verschiedene Richtungen verzogen. Für die Schönheit der frühen Stunde – summende Kehrfahrzeuge der Müllabfuhr und Kaffeeduft, der aus den Arbeiterpinten strömte – hatten die Schönen der Nacht wenig Sinn.
Ich folgte Kristine in Richtung Playa d’en Bossa. Vor der Diskothek Space, die ja erst um acht Uhr morgens öffnete, hatte ich sie eingeholt. Ich lenkte mein Motorrad neben ihren Toyota. Als ich Helm und Sonnenbrille abnahm, erkannte sie mich und wollte wieder starten. Doch da hatte ich bereits durch das offene Seitenfenster hindurch ihr Handgelenk gepackt.
»Wir müssen uns unterhalten.«
Sie blickte sich um, sah, dass sie keine Hilfe erwarten konnte, und gab ihren Widerstand auf. Wie ein Pärchen gingen wir zum Strand, der menschenleer war und zu dieser Stunde noch nicht nach Sonnencreme, sondern nach Salzwasser und Seetang roch.
»Warum tragen Sie diese albernen Stiefel?«, wollte Kristine wissen, die ihre Schuhe am Ende der Asphaltstraße ausgezogen hatte.
»Weil man in Badelatschen oder Mokassins kein Wurfmesser verstecken kann.« Ich zeigte ihr meine neue Erwerbung aus einem Eisenwarengeschäft in der Altstadt. »Ein anderes steckt in der Finca-Tür Ihrer Freunde.«
»Das sind nicht meine Freunde.«
»Und warum haben Sie mir die Adresse genannt?«
»Weil Dora bei den Männern, die dort wohnen,
untergekommen ist.«
»Haben Sie Dora in der Finca besucht?«
»Einmal, danach haben wir nur noch telefoniert.«
Ich erwähnte den Zeitungsausschnitt über den Zwischenfall bei der Landung der Flamingo -Maschine. »Ein Redakteur vom El Diario hat ihn mir zugespielt«, behauptete ich und gab darüber hinaus vor, beste Beziehungen zu haben. Es folgte die altbewährte Methode. Mal spielte ich den harten Hund: »Noch ist Tschechien nicht in der EU, noch brauchen Sie eine Arbeitsgenehmigung.« Dann wieder machte ich auf weich:
»Hören Sie, Kristine, ich tue nur meinen Job.«
»Welchen?«, fragte sie.
Ich erklärte ihr, womit ich mein Geld verdiente.
»Ist ja auch eine Art Prostitution.«
»Stimmt.«
Nun, da wir eine gemeinsame Basis gefunden hatten, fing sie an zu erzählen. Um der Wahrheit willen oder weil sie einfach mal darüber sprechen wollte. Vielleicht tat es ihr auch Leid, dass sie meine Zeugungsorgane in Gefahr gebracht hatte.
»Wir waren zu dritt in der Maschine, also Dora, ich und noch eine Kollegin; an Bord die üblichen Passagiere, Politiker, Geschäftsleute, Journalisten. Kaum hatten wir abgehoben, lösten die Männer ihre Krawatten und die ersten anzüglichen Witze machten die Runde. Das war wie früher auf dem Schulausflug.«
»Was taten Sie?«
»Lächeln, dafür wurden wir ja bezahlt. Und Champagner schenkten wir aus, bis zum Abwinken, wie es so schön heißt.
Aber unsere Gäste winkten nicht ab.«
Ich schaute betont gelangweilt aufs Meer. Die Sonne stieg mit beachtlicher Geschwindigkeit. Bevor es heiß wurde und die ersten Badegäste kamen, wollte ich zurück in der Kühle meines Hotelzimmers sein. »Gesoffen wird überall, Sangria am Ballermann, Champagner bei Flamingo. Was passierte dann?«
»Es gab ein paar Herren an Bord, die schon öfter mit uns geflogen waren und nun den speziellen Service erwarteten.«
Ich zog meine Nase über den Handrücken wie einst die alten Rock’n’Roller, wenn sie ›Cocaine‹ sangen.
Kristine hob die Augenbrauen.
»Als wir das Mittelmeer erreichten«, begann sie erneut nach einer Weile, »brachte ich meine Nummer mit den
Sicherheitsvorführungen, ähnlich wie im Club Tanit, da oben über den Wolken eben in Echt. Schwimmweste anlegen, Bluse darunter ausziehen, dann so tun, als ob ich mich verheddert hätte, und den Rock heben, nur für einen Augenblick, nichts drunter.«
»Na prima. Und Sie haben sich wie Sharon Stone in Basic Instinct gefühlt?«
»Ich
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