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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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Ratten gern noch das Fell angebrannt hätte.
    Jeder für sich schon gut. Zusammen ein tolles Duo! Sie standen mit den Köpfen etwa einen halben Meter auseinander, eben wie zwei unzertrennliche Kumpel, standen da auch noch so, als ich mit dem Messer in der Hand hochkam, den Arm hob, im Schleudern zielte – und losließ.
    Mit einem dumpfen Plop grub sich die Klinge zwischen ihren Köpfen einige Zentimeter tief in die Bohlentür.
    All meine Wut hatte ich in den Wurf gelegt.
    »Wenn der Hund nur einen Schritt oder ihr eine falsche Bewegung macht, steckt die nächste Klinge einem von euch in der Keh-hele!«
    Ich hatte gar kein zweites Messer. Aber das wussten die beiden ja nicht.
    25.
    War ich in eine Falle getappt? Oder hatten sich die beiden spontan einen Spaß erlaubt? Spaß? Ich konnte kaum sitzen, fuhr fast nur im Stehen und lenkte die Yamaha wie ein Pony.
    Jedes Schlagloch, jede Bodenwelle schickte Schmerz zwischen meine Beine.
    Da war ich zu der Finca hinausgefahren, um Antworten zu finden, und es waren nur noch mehr Fragen aufgetaucht: Lebte Dora in dem alten Bauernhaus, in irgendeinem der
    verschlossenen Zimmer, in einem der Ställe aus Naturstein?
    Lebte sie überhaupt noch?
    Ich hatte Wäschestücke auf der Leine hinter dem
    Kakteenwald gesehen, die eindeutig einer Frau gehörten. Und diese große Paellapfanne – organisierten die beiden Rattenfänger auf dem Bauernhof illegale Spiele?
    Hundekämpfe, Drogen, Prostitution – das waren doch Sachen, die heutzutage, bei den strengen Kontrollen in den Städten, vor allem auf dem platten Land zu finden waren.
    Nicht in den Metropolen, am linken Niederrhein ging es doch die Rutschbahn runter: Freier, die im Benz vorfuhren und sich für den Preis einer halben Tankfüllung bedienen ließen, mit oder ohne Gummi, von minderjährigen Polinnen, die das Geld nach Hause schickten, von Ehefrauen, die ihr Haushaltsgeld aufbesserten, um endlich mal ein Kleid von Armani oder Schuhe von Kelian kaufen zu können.
    Sicher gab es so etwas auch auf Ibiza. Wäre komisch, wenn nicht. So was wie der Club Tanit war doch eine sterile Angelegenheit, gerade gut genug zum Aufgeilen. Mädchen, die sich wie verrückt gewordene Feuerwehrleute um blanke Stangen wanden, die über Tische stöckelten und wie Halbdebile dauernd die Zunge zeigten. Ähnlich ging es in den Diskotheken zu, wo Go-go-Girls hinter Gitterstäben tanzten.
    Und an den Stränden, wo nackte Brüste und Hinterteile zum Greifen nah und doch unerreichbar fern waren. Nicht jeder fand auf Ibiza das, was ihm die Presse zu Hause vorgegaukelt hatte.
    Und für diese internationale Gemeinschaft der Frustrierten musste es doch etwas geben.
    Bei Gerry und Terry?
    Mir war der Sinn für alles, was sich bauchabwärts abspielte, fürs Erste vergangen. Es wurde Zeit, dass ich meine von den Ratten zerfressene Unterhose vom Körper bekam.
    Die Wunden desinfizieren, eincremen. Und danach würde ich ein Wörtchen mit der braunäugigen Kristine reden, die mir das eingebrockt hatte.
    26.
    Ibiza und die berühmte Diskoszene, meine Welt war das nicht.
    Aber was war schon meine Welt? So richtig wohl fühlte ich mich eigentlich nirgendwo, nicht in den Duisburger Kneipen, nicht in den Galerien, wo Käsehappen und Rotwein aus der Toskana gereicht wurden, nicht bei den Dichterlesungen einschließlich Signierstunde und Orangensaft.
    Meine Ex hatte mich häufig zu Ballettaufführungen geschleppt. In den Pausen hatte sie Sekt geschlürft und sich mit anderen Sekt schlürfenden Schöngeistern über einen göttlichen Sprung oder ein verrutschtes Tutu ausgelassen, während ich mich langweilte.
    Jetzt also eine Diskotour, um die Zeit totzuschlagen, bis der Club Tank seine Pforte schloss.
    Der Eintritt ins Pacha kostete rund sechzig Mark, einschließlich Drink nach Wahl, wie es hieß. Ich trank ein Glas Mineralwasser und sah mir die Touristen an, die hofften, dass ein ehemaliger Formel-1-Fahrer oder einer der anderen Prominenten auftauchte, die das hier angeblich als ihr Wohnzimmer betrachteten. Entweder war es ein paar Stunden zu früh am Tag. Oder zehn Jahre zu spät. Die in die Insel vernarrten Rennfahrer, die Sänger und der Adel hatten inzwischen den Jungs mit den Goldkettchen und den aufgemotzten Geländewagen Platz gemacht.
    Ich fuhr nach San Antonio im Westen der Insel, um auch das einmal gesehen zu haben, streifte durchs so genannte West End, wo sich Bar an Bar reihte, bekam Ärger in einem englischen Pub, als ich Kakao bestellte, und wechselte danach in

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