Der Bierzauberer
Ländern, besonders aus dem Norden, kommen und wollen mein Papier kaufen.
Wenn ich so weitermache, bin ich in zehn Jahren so wohlhabend wie ein König! Wenn
auch die Städte eines Tages Papier verwenden, was mit Sicherheit passieren wird,
dann können wir Molinarii sogar mit ein paar neuen Mühlen nicht genug davon herstellen.«
Er führte
aus, dass viele Städte Papier noch nicht für Urkunden und Verträge gestatteten.
Im Moment wurde es von Mönchen genutzt, um Bücher und Gebete für die Wallfahrer
zu schreiben, und von Kaufleuten, um Bücher zu führen.
»Auch
Bücher binden wir hier. Verträge und Urkunden auf Papier sind nicht gültig, aber
die Zeit wird kommen. Bald wird neben uns eine bürgerliche Buchmalerei ihr Tagewerk
beginnen. Dann kann jeder, der lesen kann und Geld hat, sein eigenes Buch besitzen.
Nicht nur die Klöster sollen mit Büchern umgehen können.«
Sie gingen
nach draußen. Vor der Tür standen mehrere Unfreie mit Karren voller Lumpen, die
auch Hadern genannt wurden.
Heinrich
verhandelte kurz, daraufhin leerten die Männer die Karren aus und errichteten aus
den Hadern einen großen Haufen. Die Männer sahen alle krank aus, hatten Pusteln
und Hautausschlag. Zum Teil lief aus den offenen Wunden der Eiter heraus. Heinrich
warnte Niklas, den Männern nicht zu nahe zu kommen.
»Sie haben
die Hadernseuche. Sie befällt vor allem arme Leute, aber im Besonderen Abdecker,
Gerber und Kürschner. Es muss etwas Schlechtes dran sein an diesen Berufen. Eine
meiner Mägde hat sie ebenfalls schon.«
Der Müller
rief einmal laut nach seinem Gehilfen. Dieser und drei Mägde kamen angelaufen, darunter
auch die von der Hadernseuche schon sichtlich Entstellte.
Alle gingen
hinein, Niklas folgte mit etwas Abstand.
Alle vier
nahmen die Lumpen und fingen an, sie gemeinsam mit den unfreien Lumpensammlern in
Fetzen zu zerreißen. Die Fetzen legten sie dann in einen großen Zuber, in dem sich
vier Stampfhämmer befanden.
Am Ende
des Raumes war eine Tür, vor der eine Rampe bis zum Wasser führte. Dort draußen
stand ein Mühlrad mit großen Schaufeln, von dem aus durch die Wand ein Getriebe
zu den Stampfhämmern führte.
Fasziniert
beobachtete Niklas, wie nach Zugabe von Wasser in den Zuber das Mühlrad entriegelt
wurde und anfing sich zu drehen, während gleichzeitig die Hämmer begannen, auf die
nassen Lumpenfetzen einzustampfen.
Heinrich
erklärte weiter:
»Die Lumpen
werden jetzt von dem Mühlrad und den Hämmern zu Brei zerstampft. Es dauert eine
Weile, und das Geheimnis eines guten Papiermüllers ist es, den richtigen Zeitpunkt
zu erkennen. Hier ist noch eine Neuigkeit.«
Er hob
ein Sieb hoch, dessen Maschen aus Draht geflochten waren. »Diese Maschen sind jetzt
aus dünnem Eisendraht, das macht das Abschöpfen des Breis und das Abpressen der
Papierbögen erheblich leichter. Bis vor Kurzem mussten wir mit Schilfsieben abschöpfen,
die waren nach zweimal Schöpfen hin und wir mussten neue machen. Diese hier aus
Eisen halten eine Ewigkeit und es geht viel schneller.«
Sie gingen
weiter durch die Mühle, aus einem Raum stank es entsetzlich.
»Was ist
dort drinnen?«, fragte Niklas.
»Ach,
das ist mein letztes kleines Geheimnis. Dort kocht ein Topf mit Leim von toten Tieren.
Wenn ich mein Papier damit bestreiche, hält es länger und die Feder streicht leichter
darüber. Fühl einmal an …« Er hielt Niklas einen Bogen Papier hin und der konnte
sich davon überzeugen, dass nichts übertrieben war. Was für ein Unterschied zum
herkömmlichen Pergament! Es musste eine Lust sein, darauf zu schreiben.
Heinrich
sah die begehrlichen Blicke von Niklas und sagte:
»Eines
Tages wirst du dir auch ein Buch mit richtigem Papier leisten können. Solltest du
Erfolg haben, komm zu mir zurück und ich werde dir das beste Buch geben, das ich
herstellen kann. Oder bring mir ein Fuder Bier, wenn meine Tochter heiratet.«
Niklas
erkannte die Möglichkeit und antwortete rasch:
»Wenn
der Termin für die Hochzeit bekannt ist, lass es mich zwei Wochen vorher wissen.
Schicke mir einen Boten ins Kloster nach St. Gallen, ich werde versuchen, dich nicht
zu enttäuschen.«
15
Auf dem weiteren Weg nach St. Gallen musste
er sich entscheiden, über den Konstanzer See zu setzen oder ihn über Bregenz gehend
zu umrunden. Er entschied sich für die Umrundung, nicht zuletzt wegen des dichten
Nebels; man konnte die Hand nicht vor den Augen sehen.
Hinter
Bregenz gab es ein schweres Gewitter mit starkem Regen, der Niklas bis
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