Der Bierzauberer
Bitburger Adelsfamilie an, neben den de Portas der
ältesten. Seine Aufgabe als Schöffe war die Finanzverwaltung der Stadt, und da er
ein guter Rechner und kluger Kopf war, war die Stadtkasse unter seiner Ägide gut
gefüllt.
Dronckmann
setzte sich eines Abends im ›Gescheuerten Arschleder‹ an den Tisch, wischte sich
seine künstlichen Stirnlocken beiseite – der letzte Schrei der aktuellen Mode –
und verlangte nach Bier und Essen. Obwohl es bereits Mai war, gab es noch Bier und
er ließ es sich schmecken. Dann bat er Niklas an seinen Tisch, lobte das Bier und
begann eine Unterhaltung. Dronckmann fragte beiläufig nach dem Geschäft, den Bierpreisen
und der Konkurrenz von der de-Foro-Brauerei. Niklas antwortete ehrlich und arglos,
es kam ihm nicht in den Sinn, dass etwas faul sein könnte. Sogar die Biermengen,
die er im ersten Winter in Bitburg an den Mann gebracht hatte, offenbarte er ehrlich
und mit einem gewissen Stolz.
Auch als
Dronckmann ihn direkt fragte, wie er sein Bier so viel billiger als de Foro verkaufen
könne, ging ihm immer noch kein Licht auf. Er antwortete, er würde sparsamer und
günstiger produzieren und weniger Profit machen als de Foro.
Dronckmann
bedankte sich, zahlte und ging seiner Wege.
Eine Woche später erhielt
Niklas eine Vorladung von Manfred de Porta, ohne Angabe, um was es ging.
Als Niklas
ins Bürgerhaus kam, waren alle Schöffen versammelt. Man kam gleich zur Sache:
»Niklas
Hahnfurt, als Ihr im letzten Jahr um die Bürgerrechte angesucht habt, die Euch gewährt
wurden, dachten wir, einen ehrsamen Brauer in Bitburg anzusiedeln. Wieso habt Ihr,
seitdem Ihr Eure Brauerei betreibt, nicht einen Pfennig Steuern für Euer Gewerbe
bezahlt?«
Niklas
fiel aus allen Wolken. Seine Überraschung war ihm so deutlich anzumerken, dass sie
unmöglich gekünstelt sein konnte.
Dronckmann
stand auf und hielt einen kurzen Vortrag über Niklas’ Versäumnisse und Pflichten.
»Alles
Bier in Bitburg wird besteuert, ob Dünnbier oder Dickbier, Gruitbier oder Hopfenbier,
ob hier gebraut oder von auswärts gebracht.
Diese
Büttensteuer ist im Nachhinein bis spätestens zum April zu entrichten, wenn feststeht,
wie viel Bier im Winter verkauft wurde.
Folgende
Steuern sind zu entrichten: Getreidesteuer für Käufer, Büttensteuer für Brauer,
Malzpfennig für den Mälzer, Bierpfennig für den Ausschank des Bieres.«
Niklas
rieb sich die Augen, so verwundert war er über den Erfindungsreichtum der Schöffen.
Manfred
de Porta erhob sich und sagte zu Niklas:
»Wir wissen,
dass Ihr das Brauen im Kloster gelernt habt, und dies wahrhaft gut. Diese Brauerei
ist Euer erster eigener Betrieb. Was die Steuern und das Brauen angeht, haben die
Klöster natürlich erhebliche Vorteile gegenüber einer solchen Stadtbrauerei. Nicht
nur, dass die Rohstoffe von den eigenen Ländereien kommen und die Arbeitskräfte
ohne Bezahlung arbeiten. Vor allem aber genießen sie, leider, Steuerfreiheit und
werden niemals mit einem Brauverbot belegt. Wir mussten solche Verbote bei Missernten,
oder wenn durch Unwetter oder Krieg die Felder verwüstet wurden, schon des Öfteren
erlassen. Dann gehen zwar die Brot- und Getreidepreise in die Höhe, aber das mag
das kleinere Übel sein, als dass die Bevölkerung hungert.«
Er holte
noch einmal aus und sagte mit ernstem Gesicht:
»Niklas,
wir glauben Euch, dass Ihr nicht in böser, schändlicher Absicht gehandelt habt,
sondern aus Unwissenheit. Dass Ihr Eure Bürgerabgaben für die Luxemburger bereits
bezahlt habt, mag Euch hier zum Vorteil anerkannt werden. Dennoch müssen wir Euch
bestrafen: Ihr müsst zwei Wochen im Schuldenturm verbringen und dann innerhalb von
zwölf Tagen Eure Steuerschulden begleichen, aber ohne Strafzins. Solltet Ihr die
Schulden nicht aufbringen können, müsst Ihr eine weitere Woche in den Schuldenturm
für jeden luxemburgischen Denar, den Ihr schuldig bleibt.«
Niklas
blieb nichts anderes übrig, als das Urteil anzunehmen und seine Lehren daraus zu
ziehen.
Er bezog
für zwei Wochen, in der braufreien Sommerzeit, Quartier im Kobenturm, der für Schuldner
vorgesehen war. Die Zeit verging rasch, Maria kam ihn oft besuchen, und Zutritt
mit Verpflegung für den Häftling war gestattet. Sie hatten beide im Winter sparsam
gewirtschaftet und das meiste von dem verdienten Geld zurückbehalten. So konnte
er die Steuerschuld problemlos abzahlen, die Summen waren sowieso nicht so groß,
wie er anfangs befürchtet hatte.
Sonst
wäre das Bier zu teuer
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