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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Schritte waren leicht geworden, beinah beschwingt.
    Ein Hoffnungsschimmer.
    Der Zipfel, an dem wir ansetzen konnten. Der uns weiterbringen würde.
    Wenn uns das Glück nicht verließ.
    *
    » Kann ich dich wirklich alleinlassen?«, fragte Marten.
    » Aber ja.«
    Ilka hatte endlich aufgehört, das Haus gegenüber anzustarren. Sie hatte geduscht und sich angezogen. Ihr noch feuchtes Haar duftete nach Shampoo, ihre Wangen waren leicht gerötet. Sie hatte sich dezent geschminkt, genau so, wie er es liebte. In ihren braunen Augen spiegelte sich das Zimmer.
    Und darin er selbst.
    Fast war er so Teil von ihr geworden.
    » Sicher, Ilka?«
    » Todsicher«, sagte sie und zuckte zusammen.
    » Und du willst wirklich nicht mitkommen?«
    » Nein.«
    Marten drängte sie nicht, ihn zu begleiten. In ihrer momentanen Verfassung wäre sie nicht in der Lage, sich inmitten so vieler Menschen zu bewegen.
    » Okay«, sagte er. » Dann mach ich mich auf den Weg.«
    Zögernd blieb er bei der Tür stehen und blickte zurück. Ganz kurz hatte er das Gefühl, sie zu verlieren, sobald er die Schwelle nach draußen übertrat.
    » Ich komme zurück, so schnell ich kann«, versprach er.
    Sie nickte und hob die Hand, wie um ihm zu winken. Doch dann berührte sie nur ihre Schläfe. Mit den Gedanken war sie längst woanders.
    *
    Die Fahrt nach Domberg hatte Mike weniger Zeit gekostet, als er erwartet hatte. Der Weg zum Heim war ausgeschildert, sodass er bloß den Hinweisen zu folgen brauchte und sich innerlich auf die Begegnung mit Ilkas Mutter vorbereiten konnte.
    Etwas sagte ihm, dass er Ilka nicht dort antreffen würde. Die Gewissheit war von Kilometer zu Kilometer stärker geworden. Wahrscheinlich hatte sie ihre Mutter längst wieder verlassen.
    Um was zu tun?
    » Denk nicht darüber nach«, sagte er laut. » Zieh einfach durch, was du dir vorgenommen hast.«
    Es gab einen Parkplatz, auf dem nur wenige Autos standen. Mike konnte verstehen, dass manche Menschen sich zu Besuchen in diesem Haus überwinden mussten. Ihm selbst klopfte das Herz bis zum Hals.
    In seiner Jackentasche fühlte er die Schokolade. Von Ilka wusste er, dass ihre Mutter Schokolade liebte.
    Aber nur Zartbitter. Keine andere Sorte.
    » Guten Tag, Frau Helmbach«, würde er sagen. » Ihre Tochter ist meine große Liebe, und einmal bin ich schon hier gewesen, damals, als wir nach Ilka gesucht haben. Und nun suchen wir wieder nach ihr.«
    Oder er würde ganz anders beginnen.
    Er lief Frau Hubschmidt direkt in die Arme und war überrascht, dass sie ihn sofort erkannte, obwohl sie ihn erst ein einziges Mal gesehen hatte.
    » Das gehört zum Handwerkszeug«, sagte sie. » Bei meiner Arbeit gewöhnt man sich einen Blick für die Menschen an. Nur der Name …« Sie musterte ihn forschend. » Mike. Richtig?«
    Mike nickte. » Grandioses Gedächtnis«, lobte er sie und wunderte sich wieder darüber, dass jemand, der sich so schräg stylte, Begeisterung für einen solchen Beruf aufbrachte.
    Ihr Haar war ein pechschwarzes Inferno mit signalgrünen Strähnen. Es stand in alle Richtungen ab, und in der Mitte thronte ein Kopfschmuck, der an ein Vogelnest erinnerte. Ihr schmal geschnittener schwarzer Rock war fast so kurz wie der Pulli im Leopardenlook, der an ihr klebte wie eine zweite Haut.
    Sie trug schwarze Netzstrümpfe und rote Stiefeletten. Ihre Fingernägel waren Wunderwerke in Silber und Gold. Ihr Gesicht war unter einem kunstvollen Make-up verborgen.
    Dennoch war sie die Seele des Hauses. Sie konnte zupacken und kämpfte wie eine Löwin für das Wohl der ihr anvertrauten Menschen.
    Ein spöttisches Lächeln umspielte ihre fast schwarz geschminkten Lippen. Bestimmt war sie an Vorurteile gewöhnt. Mike senkte beschämt den Blick.
    » Worum geht es denn?«, fragte sie. » Die Zeit ist ungünstig. Es gibt gleich Mittagessen.«
    » Ilka ist verschwunden«, fiel Mike mit der Tür ins Haus.
    » Was?«
    » Sie … wir haben Angst, dass sie sich etwas antut.«
    Diese Frau war so direkt und so intensiv, dass er sich spontan entschlossen hatte, höfliche Umwege zu vermeiden.
    » Ich habe sie nicht gesehen, Mike.«
    » Kann sie unbemerkt ins Zimmer ihrer Mutter gelangt sein?«
    Frau Hubschmidt nickte. » Die Pforte ist zwar immer besetzt, doch wenn Not am Mann ist, springt auch der Pförtner mal kurz ein, um dem einen in den Aufzug zu helfen oder dem andern eine schwere Tasche ins Zimmer zu tragen.«
    » Dann könnte Ilka so einen Augenblick abgepasst haben.«
    » Das wäre möglich.« Jetzt war

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