Der Bilderwächter (German Edition)
Helmbach in Leipzig, Bochum und Malmö gesichtet«, vermutete Birger. » Sie war in Begleitung oder auch nicht. Trug Jeans, ein festliches schwarzes Kleid oder eine Perücke. Sie machte einen glücklichen Eindruck. Weinte sich die Seele aus dem Leib. Zerrte ein schreiendes Kind hinter sich her. Oder drückte den Leuten zerknitterte Zettel in die Hand, auf denen sie darum bat, die Polizei zu rufen.«
Rick lachte. » Ich sehe, du kennst dich aus.«
» Es gibt zu viele einsame Menschen auf der Welt«, sagte Birger, » die nichts anderes haben als ein bisschen Fantasie.«
» Und zu viele Verrückte.« Rick blätterte in seinen Notizen. » Jemand will Ilka mit Gott versöhnen. Ein anderer hat seine vor dreißig Jahren tödlich verunglückte Tochter in ihr erkannt. Traurig. Wie sieht’s bei euch aus, Birger?«
» Ähnlich. Eine alte Dame hält Ilka Helmbach für die Reinkarnation eines italienischen Komponisten aus dem achtzehnten Jahrhundert.«
» Auch nicht schlecht.«
Das Wissen, dass sie wieder ungezählten Hinweisen nachgehen mussten, die schließlich im Sande verliefen, war nur mit einer guten Portion schwarzen Humors zu ertragen. Manchmal gelang ihnen das, meistens jedoch nicht.
Wir verlieren so viel wertvolle Zeit, dachte Bert.
Es war eine Sonderkommission gebildet worden, um die Ermittlungen in den Fällen Breitner und Uhland zu bündeln und zu koordinieren. Bert freute sich darüber, auf diese Weise wieder mit Birger zusammenzuarbeiten.
Er hoffte, dass die Aufregung um Ilka Helmbach sich als Strohfeuer entpuppte, dass sie in diesem Augenblick vielleicht sogar schon wieder zu Hause war, und dass gleich ein Anruf käme, der sie alle erleichterte.
Sie gingen noch einmal die Fakten durch und besprachen die nächsten Schritte.
Birger und seine Kollegen würden sich Thorsten Uhlands Umfeld vornehmen und herauszufinden versuchen, ob es jemanden gab, der ihm nach dem Leben getrachtet hatte.
Rick wollte die Galeristen aufstöbern, mit denen Ruben Helmbach zu tun gehabt hatte. Möglicherweise war dort der Grund für den Tod des Nachlassverwalters und seines Mitarbeiters zu finden.
Bert hatte vor, sich einen Einblick in die Geschäfte Thorsten Uhlands zu verschaffen. Dazu würde er sich zuerst Rubens Haus vornehmen und danach das Atelier des Toten in der alten Wachsfabrik.
Zwischendurch, hatte er beschlossen, würde er noch einmal bei den jungen Leuten vorbeischauen. Sie hatten mittlerweile bestimmt mit Gott und der Welt telefoniert und möglicherweise etwas über den Verbleib ihrer Freundin in Erfahrung gebracht.
Selten hatte er sich so sehr gewünscht, dass aus einem Anfangsverdacht kein Fall werden würde.
In der Altstadt war der Teufel los. Alle Welt schien auf den Beinen zu sein. Touristen liefen mit ihren Kameras hin und her und fotografierten alles, was ihnen vor die Linse kam. Das düstere Grau dieses Tages störte sie nicht. Es störte auch die Leute nicht, die mit ihren Einkäufen durch die Kälte huschten.
Düsseldorf hatte sich festlich herausgeputzt. Es bot alles, was das Herz in dieser Jahreszeit begehrte. Unter anderen Bedingungen wäre ich jetzt gern mit Merle über den Weihnachtsmarkt geschlendert, aber wir waren nicht hier, um die Adventsstimmung zu genießen. Wir wollten Ilka finden.
Wir standen vor der Kunstakademie und wussten nicht weiter. Ein paar Studenten kamen vorbei und verschwanden um die Ecke. Ein Blick durch das Glas der Eingangstür zeigte uns ein leeres Foyer. Während ich noch überlegte, ob wir uns an den Pförtner wenden sollten und ob er uns wohl weiterhelfen könnte, stieß Merle mich an und zeigte auf einen Werbeaufsteller, an dem wir vorbeigegangen waren, ohne ihn wirklich wahrzunehmen.
Mit einem schlichten, professionell aufgemachten Plakat warb der Düsseldorfer Rotary Club für eine Benefiz-Versteigerung in einem historischen Gutshof im Stadtteil Himmelgeist. Zur Auswahl standen hundert Werke von Studierenden der Kunstakademie Düsseldorf. Der Erlös sollte zu sechzig Prozent den Studenten zugutekommen. Die restlichen vierzig Prozent sollten der Aktion Kinderträume wahrgemacht zugeführt werden.
Der Beginn der Veranstaltung war auf dreizehn Uhr festgesetzt.
» Manchmal hat man eben auch Glück«, rief Merle und tänzelte ausgelassen um das Plakat herum. » Da werden wir jede Menge Studenten antreffen.«
Ich sah auf die Uhr. Zwanzig nach elf. Die ideale Zeit.
Wir kehrten der Altstadt den Rücken und eilten durch den Hofgarten zu meinem Wagen zurück. Unsere
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