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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Mappen mit Papieren darin. Einige Seiten lugten unten ein kleines Stück hervor.
    Auf einem Spiralblock hatte Marten herumgekritzelt, so, wie sie selbst es gern bei Telefongesprächen tat. Er hatte Vierecke gezeichnet, Dreiecke und Kreise. Ein Strichmännchen.
    Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Mondgesicht.
    Ilka lächelte. Das Lächeln fühlte sie falsch an. Es passte ihr nicht, war viel zu klein. Aber es tat gut, an Martens Schreibtisch zu sein, seine Gegenwart auf diese Weise zu spüren, obwohl er in Himmelgeist war, bei der Benefiz-Veranstaltung.
    Ulkiges Wort. Benefiz.
    Ob jemand ihr Bild ersteigern würde? Obwohl Blut aus der Vogelbeere tropfte?
    Die meisten Menschen fürchteten sich vor Blut.
    Ilka zog eine der beiden Schubladen auf der rechten Seite des Schreibtischs auf. Fand Krimskrams. Machte sie wieder zu. Die zweite enthielt Büromaterial. Eine Menge Briefumschläge.
    War Marten ein Briefeschreiber?
    Wieder setzte sich ein Lächeln auf ihr Gesicht und glitt von ihr ab.
    Die Schubladen auf der linken Seite waren vollgestopft mit Material, das Marten für seine nächsten Kunstwerke gesammelt zu haben schien. Flusskiesel, Flechten, getrocknete Pflanzenteile.
    So kann man auch jemanden kennenlernen, dachte sie, indem man die Gegenstände betrachtet, die ihm gehören.
    Diesmal blieb ihr Lächeln haften, störte sie jedoch ein wenig. Sie mühte sich mit der mittleren, der großen Schublade ab. Sie war verschlossen, und nirgendwo lag ein Schlüssel.
    Als hätte sie schon ihr Leben lang an diesem alten Schreibtisch gesessen, schob Ilka die Hand in eines der Fächer, die in den wunderschön verzierten Aufsatz eingelassen waren. Ihre Finger stießen an einen kleinen Hebel. Die Rückwand des Fachs sprang zurück und gab einen kleinen goldenen Schlüssel frei.
    Er passte.
    Ganz kurz durchzuckte Ilka die Erkenntnis, dass sie einen verbotenen Bereich betrat, und ebenso kurz meldete sich ihr Gewissen, das sie davon abhalten wollte. Doch ihre Augen hatten schon gesehen, was nicht für sie bestimmt war, und ihr Gehirn versuchte zu begreifen.
    Was hatte Marten mit Ruben zu tun?

» Gratuliere«, sagte Rick aufrichtig begeistert. » Das war ein Geniestreich, Alter.«
    Bert schmunzelte. Wenn es mit Rick durchging, fiel er gern in die Sprache seiner Jugend zurück, ohne es zu merken.
    » Noch haben wir die Ergebnisse des DNA -Abgleichs der beiden Fälle nicht vorliegen, Rick. Bis dahin ist nichts abgesichert.«
    » Damit können wir erst im Laufe der Woche rechnen«, sagte Rick. » Ich ruf gleich mal im Labor an. Vielleicht kann ich denen ein bisschen Dampf machen.«
    Erst jetzt schien ihm die ganze Tragweite dessen aufzugehen, was Bert ihm berichtet hatte.
    » Thorsten Uhland ist also Täter und Opfer.«
    » Unter der Voraussetzung …«
    » Geschenkt, Bert. Wir konzentrieren uns demnach jetzt auf die Suche nach seinem Mörder.«
    » Und auf die nach Ilka Helmbach. Wie sieht es mit den Hinweisen aus?«
    » Die Kollegen sind dran.«
    » Gibt es schon etwas Konkretes?«
    » Leider nein. Die Spaßvögel scheinen immer noch nichts Besseres zu tun zu haben, als uns mit ihren Geschichten das Leben schwerzumachen.«
    » Haben Ilkas Freunde sich gemeldet?«
    » Nein. Wolltest du nicht noch bei ihnen vorbeischauen?«
    » Sobald ich hier fertig bin. Falls dir die Recherche bei den Galeristen ein bisschen Luft lässt – könntest du schon mal mit Thorsten Uhlands Atelier anfangen? Ich stoße dann dazu, wenn ich hier alles erledigt habe.«
    » Kein Problem. Wo bist du gerade?«
    Um Zeit zu sparen, hatte Bert das einzige Café aufgesucht, das Birkenweiler zu bieten hatte. Es war eine Art besseres Hinterzimmer, das mit ein paar ausrangierten dunklen Tischen und Sitzmöbeln und zahllosen gehäkelten Zierdecken ausgestattet war. Vor den schmutzigen Fensterscheiben verkümmerten pinkfarbene Alpenveilchen in Tontöpfen mit abgestoßenem Rand.
    Die Tochter des Bäckers, die nicht älter als fünfzehn war und eigentlich in der Schule sein sollte, stellte Bert einen gut gefüllten Brotkorb und einen Teller mit Käse und Aufschnitt hin.
    » Kaffee kommt gleich«, sagte sie und strich sich die dunkelblonden Haare aus dem mürrischen Gesicht, das klein und spitz war und Bert an eine Maus erinnerte.
    Er blickte ihr nach, wie sie zur Verkaufstheke zurückging.
    Dass man sich so langsam bewegen kann, dachte er. Doch bald würden auch seine eigenen Kinder eine Zeit erleben, in denen es ihnen schwerfiel, die Füße zu heben, weil alles

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