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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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sie langweilte, selbst das Laufen.
    Er unterdrückte ein Seufzen.
    » Ich sitze in einem Café, das du nur im absoluten Notfall betreten würdest.«
    » Mittagspause?«, fragte Rick. » Bist reichlich spät dran.«
    Berts Magen knurrte zustimmend.
    » Und du? Bist du weitergekommen?«
    » Wenn ich hiermit durch bin, hab ich für längere Zeit die Nase voll von Galeristen«, schimpfte Rick. » Sie lauern wie Aasgeier auf die Werke aus dem Nachlass. Wesentliche Informationen haben sie nicht beigesteuert. Dafür kann ich dir einen Vortrag über Ruben Helmbachs Genie halten.«
    Bert grinste. Er beobachtete, wie das Mädchen vorsichtig eine Kaffeetasse balancierte und sie dann behutsam vor ihm absetzte. Sie hatte keinen Tropfen verschüttet.
    » Gouache«, sagte Rick, » ist übrigens eine Malerei mit so was wie Wasserfarben, die unter anderm mit Kreide vermischt werden. Dadurch entsteht eine ganz eigenartige Wirkung, vor allem eine intensive Leuchtkraft. Das hat mir Malina mal erklärt, aber so genau weiß ich es leider nicht mehr.«
    Kluge Malina, dachte Bert und sagte: » Gut. Wir sehen uns dann in der alten Wachsfabrik.«
    » Bert?«
    » Ja?«
    » Glaubst du, Ilka Helmbach hat die Wahrheit gesagt?«
    » Ja«, antwortete Bert ohne zu zögern. » Davon bin ich überzeugt.«
    » Dann frage ich mich, warum sie untergetaucht ist. Sie kann sich doch auf Notwehr berufen.«
    » Sie ist nicht vor uns auf der Flucht. Sie flieht vor sich selbst.«
    » Und wenn wir sie nicht rechtzeitig finden …«
    » … ist sie wahrscheinlich tot.«
    *
    Ilka hatte die große Schublade leer geräumt und den Inhalt auf dem Fußboden ausgebreitet, bedächtig und sorgfältig, bis kaum noch eine freie Fläche zu erkennen war. Nun saß sie im Schneidersitz in der Mitte des Zimmers und sah sich um.
    Notizen. Zeitungsausschnitte. Fotos aus Hochglanz-Magazinen.
    Ausdrucke von Artikeln aus dem Internet.
    Zeichnungen. Skizzen.
    Und von überall her sah Ruben sie an.
    Es hatte eine Weile gedauert, bis Ilka begriffen hatte, doch dann war ihr klar geworden, warum Marten einer der Wenigen in der Kunstakademie war, der sie nie auf ihren berühmten Bruder angesprochen, nie die Entführung erwähnt hatte.
    Er hatte das Thema vermieden, weil er hoffte, ihr Vertrauen zu gewinnen.
    Um dann alles zu erfahren.
    Aus erster Hand.
    Er schrieb an einer Arbeit über Ruben, so viel konnte Ilka erkennen. Seinen Laptop hatte er offenbar mitgenommen. Vorsichtshalber.
    Warum, Marten?, dachte sie. Warum?
    Seine Aufmerksamkeit, seine Freundlichkeit, sein Interesse, das alles hatte nie ihr gegolten, sondern immer bloß Ruben. Über die Nähe zu ihr hatte er versucht, Ruben nahezukommen.
    Sie dachte an das Gespräch in der Bibliothek zurück.
    Ein Kunstwerk steht über persönlichen Gefühlen. Man darf es nicht danach beurteilen, ob es einem in den Kram passt oder nicht. Die Bilder deines Bruders haben Kunstgeschichte geschrieben.
    So oder ähnlich hatte Marten es ausgedrückt. Und von ihr verlangt, ihm zu versprechen, Rubens Bilder nicht zurückzuhalten.
    Natürlich. Jetzt machte das Sinn.
    Weil er der Erste sein wollte, der über sie schrieb.
    Weil seine Arbeit eine Sensation werden sollte.
    Ihr wurde schlecht. Sie sprang auf und lief ins Bad.
    *
    » Jetzt reicht’s mir«, schimpfte Merle. » Den knöpf ich mir vor. Ich steh mir doch nicht für den Rest meines Lebens hier die Beine in den Bauch und seh dabei zu, wie der uns verarscht.«
    Ihre Entschlossenheit rüttelte mich aus der Lethargie, in die mich die eintönige Stimme des Auktionators versetzt hatte. Es war drei Uhr. Der Magen hing mir bis zu den Knien und hinter meinen Schläfen lauerten Kopfschmerzen.
    » Und was sagen wir ihm?«
    » Das überlegen wir uns, wenn wir vor ihm stehen.«
    Er guckte uns an, als wollten wir ihm sein Handy klauen.
    » Hör zu«, sagte Merle und pflanzte sich in ihrer ganzen Pracht vor ihm auf. » Du redest jetzt mit uns, und zur Belohnung lassen wir dich danach in Ruhe. Ist das ein Deal?«
    » Reden? Worüber?«
    » Wir wollen nur wissen, wie gut du Ilka kennst«, versuchte ich zu vermitteln, » und …«
    » Er kennt sie verdammt gut«, fiel Merle mir ins Wort. » Das hat diese Susan doch laut und deutlich ausposaunt. Also, mein Lieber …«
    » … und dir ein paar Fragen stellen.« Ich kniff Merle in den Arm, damit sie aufhörte, Marten zu provozieren. Ihre Aggressivität brachte uns keinen Schritt weiter. Im Gegenteil. » Offenbar hat sie Probleme gehabt, mit denen sie nicht

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