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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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war nicht dabei.
    Das zweite Fragezeichen markierte den Titel Nummer achtundfünfzig: Mädchen. Lesend.
    Bert nahm sich sämtliche Gouachen vor. Nummer achtundfünfzig fehlte.
    Sein Herzschlag beschleunigte sich, und noch bevor er weitermachte, wusste er, was das Ergebnis seiner Suche sein würde: Die zwanzig mit Fragezeichen versehenen Titel würden unter den Gouachen nicht zu finden sein.
    Wenig später war er so in seine Arbeit vertieft, dass er nicht mal gemerkt hätte, wenn die Welt da draußen untergegangen wäre.

Mike kam eben noch durch die schmale Lücke, die die Leute von der Presse ihm gelassen hatten, um in die Scheune zu fahren und seinen Wagen abzustellen. Er war kaum ausgestiegen, als ihm das erste Mikrofon vor die Nase gehalten wurde. Innerhalb von Sekunden war er von einer Menschentraube umringt.
    Alle riefen durcheinander. Lediglich Satzfetzen drangen in dem Tumult an sein Ohr.
    » … zu einem Interview … das Vermögen, das sie durch … die Entführung … Zusammenhang mit dem Tod Bodo Breitners … in der Pressekonferenz der Polizei … wirklich verschwunden … zweiter Mord …«
    » Lassen Sie mich durch«, wiederholte Mike wie ein Automat und drängte sich schwitzend durch die Menge. » Lassen Sie mich durch.«
    Er benötigte gefühlte zwei Stunden, bis er endlich an der Haustür angelangt war. Luke machte ihm auf. Es gelang ihnen nur mit allergrößter Mühe, die Reporter zurückzudrängen und die Tür wieder zu schließen.
    Im Haus klingelte das Telefon. Luke nahm das Gespräch an, hörte kurz zu und unterbrach die Verbindung kommentarlos. Sofort klingelte es erneut.
    » Ilka hat doch unsere Handynummern«, sagte er. » Warum können wir auf den Festnetzanschluss nicht einfach verzichten?« Er sah aus, als hätte er einen Marathon hinter sich. Und das hatte er in gewisser Weise ja auch.
    » Du hast recht.« Mike schaltete das Telefon kurz entschlossen stumm. In der plötzlichen Stille hörte man den Trubel vor der Tür umso deutlicher.
    » Hast du was erreicht?«, fragte Luke.
    Mike schüttelte müde den Kopf. Die Fahrten saßen ihm im Nacken. Die Erkenntnis, dass er den halben Tag vergeudet hatte, machte ihm zu schaffen.
    » Und du?«, fragte er. » War irgendwas Besonderes?«
    » Nichts. Leider.«
    Nichts.
    Ilka war seit etwa vierzehn Stunden verschwunden, und sie hatten keine Ahnung, wo sie noch suchen sollten. Er wählte Jettes Nummer.
    » Gibt es was Neues bei euch?«, fragte er.
    » Möglicherweise.« Jette sprach sehr leise. Im Hintergrund hörte Mike Stimmen. » Wir haben jemanden gefunden, der Ilka gut zu kennen scheint, daraus aber ein Riesengeheimnis macht.«
    » Versteh ich nicht.«
    » Wir auch nicht. Deshalb bleiben wir dran. Ich melde mich später.«
    » Äußerst geheimnisvoll«, sagte er, als er Lukes fragenden Blick bemerkte. » Aber vielleicht der Anfang einer Spur.«
    » Hoffentlich sind sie vorsichtig.«
    Erst als er die Unruhe in Lukes Augen sah, wurde ihm das ganze Ausmaß seiner eigenen Angst bewusst. Fieberhaft überlegte er, was sie sonst noch tun konnten, um Ilka zu finden.
    Rechtzeitig.
    Falls es dazu nicht längst zu spät war.
    *
    Erschöpft legte Ilka den Pinsel beiseite und ließ sich auf Martens Sofa fallen. Martens Sofa, dachte sie, Martens Arbeitszimmer, Martens Schreibtisch, Martens Malsachen.
    Nichts in dieser Wohnung gehörte ihr.
    Und das war gut so.
    Bis auf die paar Klamotten und die Reisetasche. Das zählte nicht.
    Man konnte sich von allem trennen.
    Sogar von sich selbst.
    Ein merkwürdiger Gedanke. Sonderbar wie dieser ganze Tag, der bleischwer war, obwohl sich ab und zu die Sonne durch die Wolken schob. Aber sie machte nur den Grauschleier sichtbar, der sich bei diesem schmutzigen Winterwetter über die Dinge gelegt hatte.
    Auf dem Couchtisch stand eine Schale mit Äpfeln. Ilka nahm sich einen und biss hinein.
    Der säuerliche Saft des Fruchtfleischs war belebend und sie aß den Apfel komplett auf. Nur den Stiel ließ sie übrig.
    Sie legte ihn sorgsam auf dem Rand der Obstschale ab und erhob sich, bevor die Angst wieder von ihr Besitz ergreifen konnte.
    Wände.
    Sie musste sie verschwinden lassen.
    Nach einem Blick aus dem Fenster (kein kleiner Junge, keine Katze, kein alter Mann) kehrte sie an Martens Maltisch zurück und mischte Farben auf der Palette.
    In einem fernen Winkel ihres Gehirns versteckte sich die Gewissheit, dass nur Lara ihr helfen konnte, die Wände endgültig einzureißen. Doch sie hatte nicht die Kraft, sie

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