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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Kinn.
    Sie wischte ihn nicht weg.
    Über den Tisch hinweg konnte sie Hortenses Ekel spüren, und sie erfreute sich daran. Vielleicht sollte sie noch den Tee verschütten oder mit einer eleganten Bewegung der Hand die Zuckerdose umstoßen.
    Es gab so viele wundervolle Möglichkeiten, Hortense aus der Fassung zu bringen, dass es ihr manchmal schwerfiel, sich für eine zu entscheiden.
    Mit unschuldiger Miene schaute sie zum Fenster, hinter dem ein weiterer grauer Wintertag mit kalten Fingern über die Bäume und Sträucher strich.
    Und nach ihr tastete.
    Ihr war plötzlich sterbenselend. Hortenses gespielter Gleichmut verdarb ihr jeglichen Appetit. Sie trank ihren Tee aus, verließ grußlos den Tisch und überließ ihrer Schwester das Feld.
    Am fröhlichen Rascheln der Zeitung erkannte sie, dass Hortense ihren Sieg genoss.
    *
    Frost hielt Bröhl umklammert wie eine eisige Faust. Die Häuser trugen Eiszapfenbärte. Selbst an den Stoßstangen der geparkten Wagen und an den Ampeln hingen die gläsernen Stalaktiten.
    Obwohl es auf der Welt wirklich Wichtigeres gab, beherrschte ein Thema die Medien: Würde es in diesem Jahr weiße Weihnachten geben oder nicht?
    Bodo Breitner kümmerte das nicht. Er war so damit beschäftigt, der Kälte zu trotzen und den dunklen Vorahnungen, die ihm zusetzten, dass er seine ganze Kraft dafür benötigte. Zwar war der Raum, in dem er arbeitete, immer gleich temperiert, dennoch fror er erbärmlich.
    Vielleicht brüte ich irgendwas aus, dachte er. Doch er wusste, dass es nicht so war. Das Schicksal hatte ihn mit einer robusten Gesundheit ausgestattet. Er konnte sich gar nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal krank gewesen war.
    Das Frieren kam aus seinem Innern, und es hatte auch nichts mit dem Winter zu tun.
    Es war die nackte Angst.
    Noch hatte er keine einzige Zigarette geraucht, und obwohl ihm ein ordentlicher Nikotinschub fehlte, wagte er sich nicht hinaus. Gleichzeitig machte ihn das zapplig und er lief wie aufgedreht zwischen den Bildern auf und ab.
    Endlich gab er sich einen Ruck, stieg in seine Stiefel und streifte die Jacke über. Er öffnete die Tür einen Spaltbreit und scannte die Umgebung.
    Alles ruhig. Niemand an den Fenstern.
    Rasch schlüpfte er hinaus und ging eilig zu seinem Auto.
    Erst als er den Hügel hinuntergefahren war, fiel ihm das Atmen wieder leichter. Und als er sich dem Stadtzentrum näherte, kam ihm die ganze Aufregung plötzlich übertrieben vor.
    Er suchte eine Parklücke und stellte den Wagen ab.
    Die Kälte legte sich wie Fischhaut auf seinen Körper. Bodo zog den Schal über die Nase und steckte die Hände in die Taschen. Zehn Grad minus, schätzte er, mindestens.
    Er entschied sich für das Dolce Vita am Markt, die einzige Eisdiele in Bröhl, die im Winter geöffnet hatte.
    Warme, nach Waffeln und Kaffee duftende Luft hüllte ihn ein, als er eintrat. Er legte Jacke und Schal ab und sank zufrieden auf einen Stuhl.
    Jetzt nicht allein sein, dachte er, und war selbst für die beiden Kellner dankbar, die geschäftig zwischen den Tischen umherliefen.
    Er nahm sich eine Zeitung und vertiefte sich in die Lektüre, bis von seinen Vorahnungen und seiner Angst nichts mehr zu spüren war.
    *
    Thorsten Uhland hatte die halbe Nacht damit verbracht, Pläne zu schmieden. Jetzt war er todmüde, aber innerlich kam er nicht zur Ruhe.
    Er stand an seiner Staffelei und beschäftigte sich mit dem Triptychon, und seine Enttäuschung wuchs. Er konnte das, was ihm vorschwebte, einfach nicht umsetzen. Deshalb hatte er es aufgegeben, seine Ideen zu skizzieren. Manchmal war es der beste Weg, gleich mit Farbe loszulegen.
    Aber wie, wenn seine Gedanken immer wieder abschweiften?
    Vom anderen Ende des Ateliers her spürte er Rubens kritischen Blick.
    » Lass mich in Frieden«, sagte er mürrisch.
    Doch Ruben dachte gar nicht daran. Blieb wie ein Schatten an ihm kleben.
    » Du sollst verschwinden!«
    Der erfolgsverwöhnte, stinkreiche Ruben. Als er sich damals aus dem Staub gemacht und ihn hier zurückgelassen hatte, war ihm scheißegal gewesen, wie es mit seinem Freund weiterging. Ein riesiges Atelier und kaum Geld für die Miete.
    Ruben hatte Freundschaft auf seine ganz eigene Art definiert.
    » Manchmal warst du ein richtig selbstsüchtiges Arschloch, du … Mistkerl. Willst ja selbst im Tod die Leute noch nach deiner Pfeife tanzen lassen.«
    Doch Ilka war nicht bereit dazu. Sie wehrte sich mit Händen und Füßen.
    » Nur deswegen ist deine Wahl auf mich gefallen. Nicht weil wir

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