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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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verschaffen.« Ilka wirkte ruhig und ausgeruht. Wären die Schatten unter ihren Augen nicht gewesen, hätte man nicht geglaubt, dass sie am Abend zuvor einen Zusammenbruch erlitten hatte. » Angeblich geht es ihm dabei nur … nur darum, Rubens Testament umzusetzen. Aber ich glaube, er will bloß im Windschatten seiner Berühmtheit segeln.«
    Merle zog die Augenbrauen hoch.
    » Und du? Was ist mit dir?«
    » Merle …« Ilka sah sie bittend an. » Können wir nicht von was anderem reden?«
    » Gut.« Merle fixierte angestrengt einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand. » Wer macht den Anfang?«
    Irgendwas stimmte nicht mit ihr. Mike forschte in ihrem Gesicht. Etwas beschäftigte sie, und das waren nicht Ilka und das Testament ihres Bruders.
    » Okay«, sagte sie heiter. » Dann werde ich mal loslegen. Haltet euch fest: Claudios Verlobte ist zu Besuch gekommen.«
    Die Nachricht schlug ein wie ein Meteor. Alle starrten Merle an. Die begann aus lauter Verzweiflung zu lachen.
    » Was guckt ihr denn so? Ist das nicht eine tolle Neuigkeit?«
    » Merle …«, sagte Jette.
    » Die aus Sizilien?«, fragte Mike.
    » Ich weiß nur von der einen.« Merle blitzte ihn an, die Krallen ausgefahren. » Oder hab ich da was verpasst?«
    » Wie hast du davon erfahren?« fragte Ilka. » Hast du sie gesehen?«
    » Claudio hat es mir am Telefon mitgeteilt. Er hat mich angefleht, ihn so lange mit meiner Anwesenheit zu verschonen, bis sie wieder abgereist ist.«
    » Wie bitte?« Mike glaubte, sich verhört zu haben. » Das hat er gesagt?«
    Merle stocherte mit dem Löffel in ihrem Müsli herum. Dann nahm sie eine Rosine aufs Korn und versuchte, sie mit der Löffelspitze zu zerquetschen.
    » Die halbe Familie ist wie eine Heuschreckenplage eingefallen. Vater, Mutter, Großeltern, Geschwister. Wahrscheinlich wollen sie die Hochzeit vorantreiben.«
    » Ach, du Scheiße!« Mike stellte sich vor, wie sie Claudio in die Zange nahmen. Aber er durfte Merle jetzt nicht entmutigen. » Vielleicht lässt er ja die Bombe endlich hochgehen. Gesteht ihnen seine Gefühle für dich und löst diese unsägliche Verlobung. Ist doch sowieso eine Farce.«
    » Mein Claudio?« Merle bekam die Rosine nicht klein, steckte sie in den Mund und zermalmte sie grimmig zwischen den Zähnen. » Der will schön beide Eisen im Feuer lassen. Mama hier, Mama da. Der traut sich doch gar nicht, seine Mutter zu enttäuschen.«
    » Er ist Sizilianer«, sagte Mike.
    » Daran brauchst du mich nicht zu erinnern. Ich weiß das. Und dass er ein elender Macho ist, weiß ich auch.«
    » Aber du liebst ihn«, stellte Jette nüchtern fest.
    » Da bin ich mir im Augenblick gar nicht so sicher. Weil er nämlich ein richtiger Arsch ist und ein … ein … ach, Mann.«
    » Willst du einen Rat?«, fragte Jette.
    » Her damit.«
    » Geh heute Nachmittag hin, als wär alles normal. Hilf ihm bei der Arbeit, wie du das immer tust.«
    » Sein Pizzaservice kann mich mal.«
    » Und dabei verschaffst du dir selbst ein Bild von der Situation.«
    Merle löffelte ihr Müsli in einer rekordverdächtigen Geschwindigkeit und alle sahen ihr dabei zu. Als sie fertig war, hatte sie Schluckauf. Sie spülte ihn mit einem Glas Wasser runter.
    » Und dann? Ihr glaubt doch nicht, dass ich um seine Liebe bettle!«
    » Dann sehen wir weiter.«
    » Du kannst ihm ein Ultimatum stellen«, schlug Mike vor.
    » Das würde er ihr nie verzeihen«, wandte Ilka ein. Sie schaute ihn an und hielt seinen Blick fest. Vergibst du mir?, fragte sie ihn ohne Worte.
    Er nickte ihr zu, obwohl er am liebsten aufgesprungen wäre, um sie in die Arme zu nehmen.
    » Seit wann weißt du es?«, fragte Jette.
    » Seit gestern.«
    » Und wie lange will die Familie bleiben?«
    Merle zuckte mit den Schultern.
    » Wie verhält Claudio sich denn?«, fragte Ilka.
    » Schwört mir ewige Liebe, was sonst?« Merle stand auf. » Ich muss los. Hab mich bei den Ritters angemeldet. Die alten Damen sehen es nicht gern, wenn man sie warten lässt, und ich muss vorher noch ein paar Sachen erledigen.«
    » Melde dich, wenn du uns brauchst«, sagte Jette.
    Merle nickte und umarmte sie.
    » Versprich es!«
    » Jaaa.«
    Ihr Aufbruch war wie ein Startschuss für die andern. Kurz darauf hatten sie sich in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Jette setzte Ilka auf dem Weg zur Uni am Kölner Hauptbahnhof ab. Mike fuhr nach Gerolstein, um ein restauriertes Vertiko auszuliefern.
    Er hatte das Leben stets als eine Berg- und Talfahrt betrachtet. Selbst wenn man mal

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