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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Außerdem redet sie laut mit sich selber. Und husten und röcheln tut sie auch.«
    » Ein Wunder, dass meine Schwester bei ihrem Schnarchen überhaupt Geräusche wahrnimmt«, höhnte Hortense.
    Hass, dachte Bert, war ein zu schwaches Wort für das, was er jetzt in ihren Augen bemerkte. Die Luft im Zimmer hatte sich mit der negativen Energie der alten Damen aufgeladen. Sein Kopf reagierte mit Schmerzen und einem unangenehmen Sausen in den Ohren.
    » Und Sie?«, wandte Rick sich an Emilia.
    » Ich habe versucht, bei dem Lärm, den meine Schwester veranstaltet hat, Schlaf zu finden. Ich bin sehr empfindsam, wissen Sie. Die Nerven liegen bei mir direkt unter der Hautoberfläche. Schon die leichteste Berührung verursacht mir Qualen.«
    Hortense beendete das Gespräch, indem sie verächtlich ihren Löffel in die Hand nahm und sich ihrer Suppe widmete. Es würde keine Antworten mehr geben, doch für den Moment, dachte Bert, gab es auch keine Fragen mehr.
    » Die beiden haben nie im Leben gemeinsam einen Mord begangen«, sagte er, als sie durch die wohltuende Winterluft zu Rubens Haus hinübergingen. Er tat ein paar tiefe Atemzüge.
    » Mann, Mann.« Rick schüttelte den Kopf. » So ein Leben muss die Hölle sein.«
    Es gab für jeden Menschen eine eigene Hölle, davon war Bert überzeugt, und sie hatten schon in so manche einen Blick getan.
    Die Hölle der Schwestern würde ihn noch eine Weile verfolgen, das war sicher.
    *
    Susan bombardierte ihn mit Nachrichten, sandte ihm Liebesschwüre, zärtliche Komplimente und romantische Gedanken. Seinen überstürzten Aufbruch schien sie gar nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Sie bog sich das einfach zurecht.
    Wie lange habe ich auf dich gewartet, Liebster. Da machen mir ein paar weitere Stunden nichts aus.
    Es dauerte einen Moment, bis Marten begriff, dass mit Liebster er selbst gemeint war. Ein weiterer Augenblick verging, bis er erschrak – er hatte die Tiefe ihrer Gefühle nicht mal erahnt.
    Meine Haut riecht noch nach dir. Ich könnte mich an deinem Duft berauschen.
    Wie unaussprechlich wunderbar wäre es gewesen, diese Worte von Ilka zu hören. Er hätte alles dafür gegeben.
    Alles?, fragte er sich. Wirklich alles?
    Ja, dachte er. Ja!
    Auch deine Begabung? Deine Kunst? Alles, was du darüber weißt?
    Schon als Kind hatte er diese Art von Gewissensspiel gehasst und doch nicht anders gekonnt, als es immer wieder zu spielen: Stell dir vor, deine Mutter fällt von einem Schiff ins Wasser. In dem Wasser tummeln sich Dutzende von Haifischen. Würdest du ihr nachspringen, um sie zu retten?
    Verzweifelt hatte er sich eingestehen müssen, dass seine Liebe nicht ausreichte. Dass er nicht den Mut haben würde, seine Mutter vor dem sicheren Tod zu bewahren. Dass er sie seiner Todesangst opfern würde.
    Er fürchtete sich irrsinnig vor Haifischen. Beim bloßen Gedanken an diese Tiere und ihre leblosen Augen brach ihm der kalte Schweiß aus.
    Irgendjemand hatte ihm mal erzählt, dass Phobien ihren Ursprung in einem früheren Leben hatten. Was bedeuten konnte, dass er vor Jahrhunderten vielleicht einmal von einem Hai getötet worden war.
    Ich kann mein Glück kaum fassen. Hab Sehnsucht nach dir. Deinen Berührungen, deiner Stimme, deinen Blicken …
    Marten hätte am liebsten sein Handy ausgemacht, aber das war nicht möglich. Was, wenn Ilka ihn anrufen oder ihm eine SMS schicken wollte?
    Er hatte Scheiße gebaut. Aus dieser Nummer kam er nicht mehr raus.
    Bist gegangen
    in der Nacht
    hab wachgelegen
    nachgedacht
    dich vermisst
    dich noch gespürt
    dein Atem hat
    meine Seele berührt
    Marten trieb sich in der Stadt herum. Er wagte es nicht, die Kunstakademie zu betreten, aus Angst, Susan in die Arme zu laufen.
    Was sollte er ihr sagen?
    Du, Susan, ich muss dir was erklären … Du, Susan, das gestern Nacht war ein Fehler … Susan, hör mal, das mit uns kann nichts werden … Susan, können wir das Ganze nicht einfach vergessen … Mensch, Susan, ich hab das nicht gewollt … Weißt du, Susan, ich hab mich mies gefühlt und du warst da und …
    Unmöglich. Es gab keine Worte, die sie nicht verletzen würden. Die einzig richtigen Worte würden anfangen mit: Verzeih mir, Susan, ich bin ein Schwein …
    *
    Während ihrer Unterhaltung tigerte Thorsten Uhland auf und ab. Er hob Papiere vom Schreibtisch auf und legte sie wieder hin, ohne einen Blick darauf zu werfen. Er setzte sich und sprang direkt wieder auf, bot Kaffee an und vergaß dann, welchen zuzubereiten. Bert und Rick tauschten

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