Der Bilderwächter (German Edition)
mehr.«
Ihre Chefin war zu einem Außentermin unterwegs, was Merle ganz recht zu sein schien. Bert glaubte nicht, dass es ihr leichtfiel, sich unterzuordnen. Jemand wie sie nahm die Dinge gern selbst in die Hand.
» Fahren die Ritters noch Auto?«, fragte Rick.
» Nur noch selten«, antwortete Merle. » Sie haben ja die Morgenroths, die das meiste für sie erledigen.«
» Und sie haben Sie«, sagte Bert.
Merle nickte.
» Kennen die alten Damen sich in Köln aus?«, fragte Bert.
» Ich denke schon. Ich meine, sie sind hier aufgewachsen. Da kennt man doch die nächste Umgebung.«
» Fahren sie oft nach Köln?«
» Die Ritters?« Merle zuckte mit den Schultern. » Weiß ich nicht. Wir unterhalten uns meistens über das Tierheim und alles, was damit zusammenhängt. Über ihr Privatleben sprechen sie kaum. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Kunst und die Tiere ihr Leben ausmachen.«
» Haben sie viele Künstler gefördert?«, fragte Rick.
» Ja. Ohne es an die große Glocke zu hängen. Sie sind nicht die Typen, die sagen: Tu Gutes und rede darüber. Absolut nicht. Aber wirklich wichtig war ihnen nur Ruben Helmbach.«
» Das wissen Sie genau?«
» Das weiß jeder. Man braucht ihnen doch nur zuzuhören, wenn sie von ihm erzählen. Er scheint der Sohn gewesen zu sein, den sie nicht hatten.«
» Der Sohn?« Ricks Augenbrauen hoben sich vielsagend.
» Meinetwegen auch der Liebhaber.« Merle lächelte Rick an, so sanft, wie Bert sie noch nie hatte lächeln sehen, und er dachte, dass die beiden wie Feuer und Wasser waren, und dass Rick aufhören sollte, mit jeder Frau zu flirten, die ihm begegnete, solange er mit einem so wunderbaren Menschen wie Malina zusammen war.
Doch dann schämte er sich seiner Überheblichkeit. Jemand, dessen Ehe scheppernd auf Grund gelaufen war, sollte sich hüten, mit Ratschlägen um sich zu werfen.
Wesentlich mehr war hier nicht in Erfahrung zu bringen. Er gab Rick ein Zeichen und Rick riss sich widerwillig von Merles Anblick los. Irgendwann würde sein Umgang mit dem anderen Geschlecht dem Polizisten in ihm zum Verhängnis werden.
» Ich pass auf dich auf«, versprach Bert, als sie unter dem aufgeregten Gekläffe der Hunde zum Tor gingen.
Verwundert hob Rick den Kopf. » Was?«
Bert winkte ab und stieg ins Auto.
Sie legten eine Pause im Dolce Vita ein, wo der unentwegt hungrige Rick ein riesiges Sandwich vertilgte, und fuhren weiter zum Anwesen der Ritters.
Die Haushälterin machte ihnen auf.
» Das ist ein ungünstiger Zeitpunkt für einen Besuch«, sagte sie. » Ich serviere gleich das Mittagessen.«
Sie folgten ihr in die große Küche und sahen ihr zu, wie sie eifrig in dampfenden Töpfen und Pfannen rührte und sich widerspenstige Haarsträhnen aus dem erhitzten Gesicht pustete. Ihre Geschäftigkeit war beeindruckend, hielt Bert und Rick jedoch nicht davon ab, ihre Fragen zu stellen.
» Besitzen die alten Damen ein Auto?«, begann Bert.
» Ja. Einen Mercedes. Wieso?«
» Beantworten Sie doch bitte einfach nur unsere Fragen«, bat Rick sie milde.
Sie quittierte die Zurechtweisung mit einem ärgerlichen Blick, in dem unsichtbar Blitze knisterten.
» Den sie noch selbst fahren?«, fragte Bert, als hätte der unmerkliche Schlagabtausch zwischen den beiden gar nicht stattgefunden.
» Ja.«
Tausend Dank, lieber Rick, dachte Bert. Jetzt werden wir zur Strafe nur noch einsilbige Antworten zu hören kriegen.
» Wer fährt ihn außerdem?«, fragte er.
» Mein Mann und ich.«
» Dann ist er so etwas wie ein … Dienstwagen?«
» Wenn man in einem Dienstwagen auch Pflanzen, Gartengeräte, Dünger und Sand transportiert.«
» Wohnen Sie und ihr Mann mit in diesem Haus«, fragte Rick, ohne auf ihren ironischen Tonfall einzugehen, » oder kommen Sie täglich zur Arbeit hierher?«
» Wir haben eine Wohnung im Anbau da hinten.« Dora Morgenroth wies mit dem Kopf in eine ungefähre Richtung, die Bert nicht einordnen konnte. Aber er hatte den Anbau draußen wahrgenommen, genügend Raum, um mehrere Dienstboten unterzubringen, wie es sich für eine seit Generationen wohlhabende Fabrikantenfamilie gehörte.
» Wo waren Sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch?«, fragte Rick.
Frau Morgenroth hielt mitten in der Bewegung inne. Suppe tropfte vom Kochlöffel in den Topf. Entgeistert starrte sie ihn an.
» Im Bett, wie jede Nacht.«
» Und Ihr Mann?«
» Hat neben mir geschlafen.« Sie legte den Kochlöffel auf einem Teller ab und stemmte die Arme in die Hüften. » Was soll
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