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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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bestätigte ihr, was sie bereits geahnt hatte, nämlich dass die eingeschworene kleine Gruppe von Fickfreunden und LSD-Fans ihrer Mutter ihre Bemühungen vor fünfzehn Jahren darauf konzentriert hatte, eine pseudosinnvolle Behandlung zu entwickeln. Er schilderte ihr, dass sich jedes Mitglied völlig einem einzigen Aspekt seiner Psyche verschrieben hatte und zu einem Meister einer einzigen Schwingung, eines einzigen Chakrenknotens des größeren Kreislaufs geworden war.
    »Und jetzt«, beendete er seine Ausführungen, »schleicht ein labiler kleiner Pisser namens Fossey rum und legt sie um.«
    Laut ausgesprochen hörte es sich genauso grotesk an, wie es in seinem Kopf geklungen hatte.
    Mary starrte ihn an. Ihre Finger berührten immer noch leicht seinen Arm, und als es ihr bewusst wurde, zog sie die Hand zurück, schlang die Arme wieder um ihre Schienbeine und schluckte so laut, dass er es hören konnte. Dann stellte sie ihm die eine Frage, die zu beantworten er gänzlich außerstande war.
    »Warum?«
    Shaper lehnte sich auf die Ellbogen zurück und blähte die Wangen. Eine seltsame Erinnerung an alte Prozesse teilte ihm mit, dass inzwischen heftige Kopfschmerzen seine Stirn bestürmen sollten. Die schienen jedoch – zusammen mit dem Zittern, den Schweißausbrüchen, den sonstigen Gebrechen – irgendwie abhandengekommen zu sein. Er fühlte sich beinah schuldig.
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, gestand er. »Ich meine, zunächst mal ist er wahnsinnig. Was nicht unbedingt ein Garant für sinnvolle Motive ist.« Er kratzte sich an den Haaren und überlegte, wie lange es zurücklag, seit er zuletzt geduscht hatte, und wie sehr er mittlerweile einer zottigen Vogelscheuche ähneln musste. »Das ist in gewisser Weise die Verbindung. Er ist nur deshalb geistesgestört, weil diese Behandlung damals so verdammt schiefgegangen ist.«
    »Also geht es um Rache?«
    »Na ja … das wäre die logische Vermutung. Nur warum Karl töten? Er hatte nichts mit alldem zu tun, und … ups .«
    Etwas zu spät wurde ihm klar, dass er sich verplappert hatte.
    »Also ist Karl tot«, sagte Mary mit flüsterleiser Stimme. Und wandte den Blick ab.
    Shaper ließ den Kopf hängen und dachte an Cantons Worte zurück, die er inmitten des Nebelschleiers seines Zusammenbruchs wahrgenommen hatte. Ein Kerl ohne Augen. Wird den Tag nicht überstehen  …
    »Nein. Nicht ganz«, sagte er. »Schwer verletzt. Mehr brauchst du vorerst nicht zu wissen.«
    Teilnahmslos nickte Mary. Und flüsterte: »Ajna.«
    »Genau. Das zweite Gesicht, richtig?« Er kniff sich den Nasenrücken und täuschte die Kopfschmerzen vor, die sich nicht zeigen wollten. Es schien das Mindeste zu sein, das er tun konnte. »Verstehst du jetzt, warum ich dachte, du würdest die Nächste sein? Alles wies darauf hin, dass Karl der Täter ist, und er hatte gerade deine Adresse in die Finger bekommen …« Shaper hüstelte in eine Faust. »Und immerhin hast du die vergangenen Jahre damit verbracht, jedem vorzugaukeln, du wärst hellsichtig.«
    »Aber es ging nicht um mich, oder?«
    »Nein.«
    »Es ging um Karl. Karl hatte die Gabe.«
    Shaper öffnete den Mund, um gedankenlos von sich zu geben: Wenn man an so etwas glaubt . Doch er verkniff sich die Bemerkung, bevor sie ihm herausrutschen konnte. Mary zerfaserte buchstäblich vor seinen Augen.
    Ihr Leben lang hat sie um die Aufmerksamkeit ihrer Mutter gerungen; ein bisschen verdammtes Lob. Ein klein wenig Stolz.
    Aber selbst jetzt, wo die alte Kuh tot ist und ihrem nervösen kleinen Scheißer von einem Bruder beide Augen entfernt worden sind, ist immer noch Karl der Besondere.
    Da wollte er die Hand nach ihr ausstrecken. Er wollte ihr Bein berühren, ihren Arm ergreifen – irgendetwas . Aber die Blase geballter Emotionen rings um sie fühlte sich irgendwie unantastbar, geradezu heilig an.
    Lange Minuten saßen sie schweigend da, bis sich Mary schließlich die Haare aus dem Gesicht schüttelte, als würde durch einen klaren Blick auch der Rest ihres Elends hinweggefegt.
    »Und was jetzt?«, fragte sie.
    Shaper atmete aus dem Bauch. »Nur noch einer übrig. Nummer sieben vervollständigt die Sache.« Widerwillig motiviert setzte er sich auf. »Tatsächlich sollte ich … ich sollte los. Ich muss zu ihm.«
    »Glass.«
    Er nickte.
    Plötzlich schien sie sich zu verändern. Er vermutete, dass sie all ihre Angst, all ihre Traurigkeit verdrängte. Die Ruinen der erlittenen Traumata rückten zugunsten eines wesentlich wichtigeren

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