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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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schlechtes Gewissen, all so was … Dann bekomme ich eines Tages diesen Auftrag. Ein Ring albanischer Mistkerle aus Bethnal Green, die mit Mädchen handeln – verschissen abartig, wie die sie behandelt haben. Ma Coram schickt mich also hin, um ein Wörtchen mit den Kerlen zu reden. Ich meine, es ging da schon bloß um Gebietsansprüche, nicht um etwas Moralisches, aber trotzdem … Jedenfalls sind ich und ein paar Jungs hin, während die Zwillinge vom Auto aus zugesehen haben, und kurz nachdem wir dort angekommen sind, ist gerade eine neue Lieferung eingetroffen.«
    Shaper sah die Frauen vor sich, heraufbeschworen durch den Regen und die Straße – in jedem zerschellten Tropfen ein erschöpftes Gesicht mit eingefallenen Wangen, ein schmutziger Rock.
    »Halb tot von der Reise, die armen Mädchen – in einem Frachtcontainer quer durch Europa gekarrt. Und wie ich schonsagte, damals bekam ich von alldem schon richtig die Schnauze voll, und die Mädchen waren in dermaßen übler Verfassung … Einer der Albaner – ihr Boss, verstehst du? – sieht also, wie ich stinksauer werde, und er kann’s überhaupt nicht verstehen. Er sagt, sie wären wie Rinder. Produkte. ›Bloß Nutten‹, meint er. ›Keine richtigen Menschen.‹« Shaper spürte die ersten Vorwehen von Kopfschmerzen, die in seine Ausgewogenheit einfallen wollten wie ein heimkehrender Kamerad. »Statt die Pisser nur einzuschüchtern, lasse ich ihnen also von den Jungs die Scheiße aus dem Leib prügeln. Außerdem hab ich die Albaner gezwungen, die Schulden der Mädchen zu streichen.« Er senkte die Stimme und warf Mary einen flüchtigen Blick zu, ohne sie wirklich zu sehen. »So funktioniert das Geschäft. Man berechnet ihnen ein Vermögen für die Reise und lässt sie die Schulden auf dem Rücken abarbeiten. Vier, fünf Freier pro Tag. Eigentlich wie Sklavinnen. ›Bloß Nutten, keine richtigen Menschen.‹ Herrgott! «
    Er fühlte, dass sie nickte. Ein leises Murmeln, über dem Motorgeräusch kaum hörbar, drang zu ihm. »Klingt, als hättest du etwas Gutes getan.«
    Er ignorierte den üblen Geschmack, den die Äußerung in seinen Mund brachte.
    »Also, um zu unterstreichen, worum es mir ging, hab ich mir den Anführer geschnappt und ihm, na ja, ein Ei abgeschnitten.«
    Plötzlich nickte Mary nicht mehr.
    »Ich meine, n-nicht persönlich«, stammelte er, als ob es eine Rolle spielte. »Die Jungs haben die eigentliche … du weißt schon. Aber es war mein Befehl. Und die Drecksau hatte es verdient.«
    Mittlerweile krampften sich seine Schultermuskeln heftig zusammen. Das Weiß seiner um das Lenkrad hervortretenden Knöchel war der Vorbote eines bevorstehenden Zitterns. Shaper redete sich ein, dass er es sich wohl nur eingebildet hatte – das neue Ich, ruhig und ausgeglichen –, und pflügte weiter vorwärts.
    »Eines der Mädchen …« Sag ihren Namen, du Feigling . »Anna. Zwischen ihr und mir hat es irgendwie geklickt. Und für langeZeit wurden die Dinge besser. Es spielte keine Rolle mehr, dass die Corams voller Scheiße waren, es spielte keine Rolle mehr, dass diese ganze ›Familiensache‹ … in die Brüche ging. Ich hatte sie. Meine eigene kleine Familie, verstehst du? Ich kann dir sagen, wenn mich je jemand aus dieser … dieser Welt holen konnte, in der ich war …« Er ließ den Satz sterben, bevor er richtig geboren war, und holte tief Luft.
    »Sie wurde schwanger. Beängstigend, aber so war es. Und ich war kurz davor, den Corams zu sagen, dass sie mich am Arsch lecken können, als …«
    Die Welt schwankte. Der Regen wurde zähflüssig. Shaper runzelte die Stirn und spannte die Kiefermuskeln an, um sich im Griff zu behalten.
    »Der Albaner mit nur einem Ei«, warf Mary ein. Shaper hatte beinah vergessen, dass sie neben ihm saß. »Du hast ihn neulich erwähnt.«
    »Ja. Hat mitten auf der verfickten Straße auf mich geschossen. Und sie getroffen.«
    Die Bilder versuchten, in seinen Kopf zu sickern; blitzartige Visionen, die sich wie Nadeln in seinem Hirn anfühlten.
    Er sah eine rote Blüte auf einem elfenbeinfarbenen Schwangerschaftskleid, roch Reinigungsmittel und hörte Sirenen. Stimmen von Sanitätern bellten barsche Entscheidungen, so begraben von Erschöpfung, dass sie unecht klangen. Shaper erinnerte sich daran, geflucht und sich übergeben zu haben. Er erinnerte sich an mehr Angst, als auf der Welt Platz hatte, an eine Angst, die alles ausgelöscht und tiefe Furchen in seine Seele gerissen hatte.
    »Sie musste sofort

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