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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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operiert werden«, sagte er mit deutlich zitternder Stimme. »Sie war noch bei Bewusstsein und unmittelbar davor, in den Operationssaal geschoben zu werden. Und da sah sie mich an … S-sie hatte eigenartige Augen, meine Anna … Sie sah mich an und sagte … sagte, dass sie eine Zeit lang gedacht hätte, ich betrüge sie. Weißt du, sie sagte, sie hätte Angst und … Sie wollte nicht mit dieser über ihr hängenden Unsicherheit operiert werden. Sie meinte, was immer ich getan hätte, sie würde mir vergeben. Sie wollte nur die Wahrheit. Reinen Tisch machen.«
    Ein sengendes Schweigen setzte ein. Der Van rumpelte über die Begrenzungslinie des Pannenstreifens, und die kurze Erschütterung entpuppte sich als seltsame Erleichterung.
    »Und hattest du?«, fragte Mary. »Sie betrogen?«
    »Ja.« Er nickte. »Immer und immer wieder. Und nicht mal mit irgendjemand Besonderem. Einfach … einfach so. Ich meine, ich versteh’s selbst nur halb. Es ist, als ob … Manchmal dachte ich, dass ich sie nie wirklich geliebt habe, sondern lediglich diese … diese Situation haben wollte. Dieses Familiending. Als wollte ich mir selbst was vormachen. A-aber ich hatte es ohnehin nie verdient – tief in meinem Innersten wusste ich das. Kaum hatte ich es, tat ich alles, was ich konnte, um es zu vermasseln, ohne mir dessen überhaupt bewusst zu sein. Komisch, oder?«
    Nein, ist es nicht .
    Er seufzte erneut. »Ich vermassle es immer, Mary.« Mit leichtem Entsetzen erkannte er, dass er sie unterbewusst gerade gewarnt hatte wie ein Virus, der jemandem eine Impfung gegen sich selbst präsentiert. Distanzier dich, solange du noch kannst .
    Mary wandte den Blick ab.
    Kluges Mädchen .
    »Weißt du, was echt ironisch ist?«, murmelte Shaper, als die Seelenreinigung einen unwiderstehlichen Schwung erreichte und sich nicht mehr aufhalten ließ. »Im Krankenhaus, kurz bevor sie reingeschoben wurde, da ist mir klar geworden, dass ich sie doch geliebt habe. Von Anfang an.«
    Mit einem Ruck erkannte er, dass er beinah die Ausfahrt verpasst hatte, und schwenkte den Van jäher als beabsichtigt seitwärts. »Also ja …«, fuhr er fort, zu konzentriert auf seine Beichte, um der unsanften Fahrweise Beachtung zu schenken. »Sie wollte wissen, ob ich sie betrüge. Und das war meine Chance. Um reinen Tisch zu machen, es mir von der Seele zu reden. Ja, ichmusste es ihr sagen. ›Ich habe dich betrogen. Aber ich liebe dich, und ich werde dich nie wieder betrügen.‹«
    »Stattdessen hast du gelogen.«
    Eine nüchterne, überzeugte Vorhersage.
    »Natürlich hab ich gelogen. Und ich konnte ihr ansehen, dass sie es wusste. Eine halbe Stunde später starb sie, als die Hand des Chirurgen unser totes Baby gerade aus ihren Eingeweiden gefischt hat.« Er zuckte mit den Schultern. »Und das war’s dann.«
    Der Van ließ die Hauptstraßen hinter sich und bahnte sich den Weg durch wie Eingeweide gewundene Landstraßen. Über ihnen rauschten Bäume hinweg, und für Shaper fühlten sie sich wie tausend Arme an, die herabfassten und nach ihm tasteten. Anklagend.
    »An jenem Tag ist etwas mit meinem Kopf passiert«, erklärte er. »Ich habe angefangen … Dinge zu sehen. Dinge über mich selbst und … Menschen in meinem Umfeld. Ich hab nicht einmal um Anna geweint, wenn du die Wahrheit hören willst, aber diese Lüge hat mich fertiggemacht. Dieser dumme, verfickte Verrat. Und … keine Chance, ihn zurückzunehmen, oder?«
    Mary durchbohrte ihn mit ihrem Blick, die Augen von Faszination verengt. Er hüstelte die Anspannung weg und fuhr mit der Geschichte fort.
    »Wie auch immer, es gibt noch ein aufregendes Kapitel.« Er zwang sich zu einem verbitterten Grinsen und ahmte mit der Hand ein Telefon nach. »Ich rufe also die Corams an und erzähle ihnen alles. Und ich verlange zu erfahren, was zum Teufel sie wegen dieses albanischen Dreckschweins mit nur einem Ei zu unternehmen gedenken, das gerade meine Herzensdame umgebracht hat. Und ich schlage ihnen höflich vor, dass sie mir als persönlichen Gefallen gestatten sollen, besagtem Dreckschwein die Rippen herauszureißen und aufs Herz zu kacken, sobald sie es festgenagelt haben.«
    Neben ihm wandte Mary – wahrscheinlich – das Gesicht ab. Er hatte keine Lust, sich zu vergewissern.
    »Sie meinten zu mir, es sei nicht der richtige Zeitpunkt. ›Wir können uns keinen ungehemmten Machtkampf gegen die Albanerzellen leisten‹, haben sie gesagt. Sie haben mir etwas von interessanten Bündnissen erzählt, die

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