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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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hatte das Gefühl, dem alten Mann eine Erklärung für das Chaos zu schulden, zu dem seine Ermittlungen geworden waren, und, wichtiger noch, eine Entschuldigung dafür, dass die Ereignisse überhaupt diese Phase erreichen konnten. Immerhin hatte Glass zweifellos bereits die anderen Neuankömmlinge kennengelernt – Talvir und Tony Krampfhand, von denen einer begeistert mit ultramodernen Walkie-Talkies spielte, während der andere unverhohlen mit einer unübersehbar illegalen Schrotflinte umherlief.
    Vince bereitete sie auf eine Belagerung vor.
    Aber sofern den alten Mann derartige Wildwestvorstellungen störten oder ihn irritierte, dass die Bemühungen seines Privatermittlers in einem derart groben letzten Gefecht gipfelten, ließ er es sich in keiner Weise anmerken, als Shaper ihn letztlich vorfand, wie er Freddie Kindergeschichten vorlas. Stattdessen begrüßte er ihn mit einem unerträglich sittsamen Lächeln und stellte keine haarigen Fragen.
    »Freut mich, dass Sie hier sind, mein Junge«, murmelte er.
    Als ihn Glass letztlich aus jenem unvorstellbar warmen Händedruck entließ, fiel Shaper mit einem benommenen Mangel anÜberraschung auf, dass sich sein aufkommendes Zittern – das seit seinem Seelenstriptease im Van halb greifbar gewesen war – wieder verflüchtigt hatte. Dafür hatte sich das Zittern des Greises verstärkt.
    Wie ein verdammter Tausch , dachte er und erneuerte sein Gelübde, diesen Mann zu beschützen. Es war schlichtweg undenkbar – unerträglich  – zuzulassen, dass ihm etwas zustieß.
    Marys Wiedersehen mit ihrem karmischen Messias gestaltete sich noch herzlicher – eine ausgiebige Runde von Schmatzern, die über eine Reihe von Gesten in einen Chor von Segnungen des Typs »Shanti, Shanti!« überging. Sie spielte die Rolle der Hippiegläubigen ohne erkennbare Scham, und Shaper überließ die beiden sich selbst – leicht angewidert, leicht neidisch auf die unangestrengte Verbindung zwischen Mary und Glass –, um die Truppen zu inspizieren.
    Vince war damit beschäftigt, im großen Saal den Ausbilder zu spielen.
    »… ist offensichtlich das Hauptziel«, sagte der Gewaltmensch gerade, dessen sichtliche Erschöpfung in keiner Weise seine Begeisterung für Pomp dämpfte. »Daher ist das unsere primäre Rückzugsposition. Wo immer er ist« – er nickte in Glass’ Richtung, der gerade aus Freddies Zimmer kam und das Geschehen beobachtete – »da seid ihr auch.«
    Seine Truppe bot keinen besonders beeindruckenden Anblick. Ein Punk mit zerknitterten Zügen, der eine abgesägte Flinte in der einzigen funktionierenden Hand hielt; ein blutjunger Rekrut in purpurner Tarnkleidung. Aber was ihnen an allen anderem mangelte, machten sie an Aufmerksamkeit wett, die sie mit kerzengeradem Rücken und vorgestrecktem Kinn demonstrierten.
    »Und es gibt noch andere Nichtkämpfer«, fügte Vince hinzu und zeigte mit dem Finger erst auf Freddies Zimmer, dann auf Mary und schließlich auf Sandra, die mit frischem Kaffee aus der Küche kam. »Wir wissen nicht, was dieser Scheißkerl mit ihnen vorhat, also gehen wir keine dämlichen Risiken ein, klar?«
    Köpfe nickten, Fäuste wurden geballt. Vince gähnte, was völlig unpassend für die Szene war.
    Shaper lehnte eine dampfende Tasse für sich selbst ab, da er irgendwie das Gefühl hatte, Koffein würde gegen seinen chemiefreien Zustand verstoßen. Stattdessen wandte er die Augen von dem Tablett, das Sandra ihm entgegenhielt, und begegnete zufällig Marys Blick. Dann fiel ihm durch eine geringfügige Änderung des Winkels auf, dass sie die andere Frau die ganze Zeit lang angestarrt hatte. Sie überspielte es mit einem matten Lächeln und half Glass zur Treppe, damit er sich setzen konnte. Anschließend holte sie sein rotes Notizbuch hervor und begann, ein Diktat aufzunehmen. Shaper fragte sich, welches Jahrhundert Glass wohl gerade erneut durchleben mochte.
    Er bemerkte, dass Sandra die beiden mit kaum verhohlener Abscheu beobachtete, und erinnerte sich an etwas, das sie an einem anderen kalten, dunklen Tag in Thornhill gesagt hatte, als er zum ersten Mal über Mary Devon mit ihr sprach.
    »Nein, ich kenne sie nicht. Ich weiß nur von ihr. Und falls Sie meine ehrliche Meinung interessiert, Mr. Shaper – ich halte sie für eine Fotze.«
    »Wir stehen vor folgendem Problem«, erklärte Vince knurrend. »Wir wollen nicht, dass dieser Irre davonkommt. Wir können also nicht einfach alles verriegeln und ihn draußen halten. Wenn er reinkommt, will ich

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