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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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ist ein … wie sagt man heutzutage dazu? Ein Kind mit ›sonderpädagogischen Bedürfnissen‹. Trotzdem ein bezaubernder kleiner Bursche.«
    »Verstehe.«
    »Wissen Sie, deshalb habe ich Tova. Sie kümmert sich hautsächlich um ihn. Aber sie kann auch für mich etwas tun.«
    Rrrrrrr , verkniff sich Shaper zu sagen.
    Tova veranschaulichte präziser, was mit dem »Tun« gemeint war, indem sie den Greis zum Schweigen brachte und mit den restlichen Pillen rasselte. Seufzend schluckte er weiter.
    »An den meisten Tagen«, erläuterte sie für Shaper, »komme ich erst hierher und gehe dann los, um im anderen Haus nach Freddie zu sehen.«
    »Im anderen Haus?«
    »Ich hab’s Ihnen ja gesagt, Mr. Glass ist sehr reich. Ein großes Haus außerhalb der Stadt. Dort wohnt Sandra. Ich muss mit dem Zug hinfahren, ziemlich langweilig. An Donnerstagen kommen sie stattdessen hierher. Ist für mich viel einfacher. Lässt mir mehr Zeit.«
    Glass gab ihr das leere Pillengefäß mit einem Lächeln zurück. »Genug Zeit, um uns ein Tässchen Tee zu machen? Was meinen Sie?«
    Anscheinend war selbst die frostige Tova nicht gegen Glass’ Charme gefeit, denn sie grinste mit gespielter Verärgerung und fragte die beiden Männer, wie sie ihn gern hätten.
    »Weiß«, antwortete Shaper und verkniff sich erneut schlüpfrige Anspielungen. »Drei Stück Zucker.«
    »Also«, meinte Glass, als sie alleine waren. »Sandra ist unterwegs. Ich fürchte, unser Gespräch muss deshalb recht schnell vonstattengehen. Ich will sie nicht beunruhigen.«
    Schnell? Shaper geriet in Panik. Heißt schnell auch weniger als tausend Pfund?
    »Womit beunruhigen?«
    »Tja, das ist der springende Punkt, nicht wahr? Deshalb sind Sie hier.« Der alte Mann öffnete eine Schublade und entnahm ihr ein weißes, rechteckiges Kuvert, das obenauf lag. »Das hier ist eingetroffen, bevor ich wach war. Ich möchte wissen, was Sie davon halten.«
    Shaper nahm das Kuvert aus der zittrigen Hand entgegen. Es handelte sich um einen gewöhnlichen Briefumschlag mit einem Selbstklebestreifen zum Verschließen. Die Adresse prangte inklobigen, unterbrochenen Blockbuchstaben darauf. Kein Poststempel, keine Briefmarke.
    »Schlampig«, murmelte er. »Da war jemand in Eile.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Shaper fiel auf, dass Glass ihn eingehend beobachtete.
    Er zuckte mit den Schultern. »Der Absender wollte, dass die Sendung nicht zurückverfolgt werden kann. Kein Klebestreifen zum Ablecken, dem man DNS-Proben entnehmen könnte, keine Schreibschrift. Allerdings hat er dabei ein wenig Mist gebaut. Er hat diese großen Grundschulblockbuchstaben verwendet, um seinen Schreibstil zu verschleiern, aber ein brauchbarer Experte für Handschriften könnte trotzdem noch alles Mögliche daran ablesen. Die Polizei kann heutzutage …«
    »Keine Polizei«, fiel Glass ihm ins Wort.
    Shaper schaute auf, insgeheim überrascht vom Nachdruck in der Stimme des Greises. Der Wunsch, die Ordnungshüter Ihrer Majestät aus dem Spiel zu lassen, war unter seinen Klienten keineswegs ungewöhnlich, nur passte er irgendwie nicht zu der Welt von George Glass, die Shaper bislang kennengelernt hatte.
    Hm .
    »Keine Polizei«, wiederholte er sonderbar enttäuscht. »Also gut.« Er wandte sich wieder dem Kuvert zu. »Jedenfalls muss irgendetwas passiert sein. Der Absender hat die Adresse draufgeschrieben, das Ding versandfertig gemacht, es aber nie abgeschickt. Keine Briefmarke. Stattdessen beschließt er, es von Hand zuzustellen – ein wesentlich größeres Risiko. Demnach muss sich also irgendetwas geändert haben. Heute Morgen ist irgendetwas passiert.«
    »Sehr gut.« Glass schien drauf und dran, zu applaudieren. »Sehen Sie selbst.«
    Im Inneren befanden sich vier gefaltete Blätter Papier. Shaper fischte sie nacheinander heraus und öffnete sie behutsam. Die beiden ersten waren aus aufeinanderfolgenden Ausgaben des Evening Standard ausgeschnitten worden, jeweils ein kurzer Artikel mit einem Verweis auf das Datum oben auf dem Blatt: einmal das des Vortags, einmal das der Ausgabe davor.
    Der ältere Artikel berichtete mit einfachen, nüchternen Worten vom Tod einer gewissen Heidi Meyer, 63, deren gesamtes Dasein mit einem so trostlosen Text zusammengefasst wurde, dass ein Tippfehler in der zweiten Zeile das Interessanteste daran zu sein schien. Shaper las, dass sie eine begeisterte Gärtnerin und regelmäßige Ausstellerin bei der Gartenbaumesse in Chelsea gewesen war – aha . Sie war ausgerutscht, während sie in

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