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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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mich.
    Der Anruf der Zwillinge hatte sich mit einer unerfreulichen Lebendigkeit in Shapers Gehirn eingebrannt. Dave hatte begeistert das Ergebnis der »Unterhaltung« mit Fossey geschildert, in einer wesentlich bluttriefenderen Fassung – die Drecksau  – als jener, die er soeben Canton serviert hatte. Danach war eine seltsame, plötzliche Ruhepause eingetreten, gefolgt von einem Geräusch, als der Hörer die Hand wechselte. Und dann …
    Sie . Wie Nervengas, das zischend aus der Hörmuschel strömte.
    »Hallo Daniel«, hatte sie gesagt. »Die Zwillinge haben mir erzählt, dass du gute Arbeit geleistet hast.«
    Seit den Ereignissen im Keller von Thornhill, seit er aufgehört hatte, gegen sein Gehirn anzukämpfen, hatte Shapers Akzeptanz der Krankheit sprunghafte Fortschritte gemacht. Es gestaltete sich niemals einfach oder angenehm, aber indem er sich damit abfand, hatte er ein Ende für das Grauen, für das Herzrasen, für die chemischen Zwänge gefunden. Er kam zurecht.
    Doch als er ihre Stimme hörte – Maude, du bitterböses, aufgedunsenes Miststück  –, war seine Entschlossenheit ins Wanken geraten.
    »Jammerschade, dass wir nicht das gewünschte Ergebnis erzielen konnten«, hatte sie gemeint, als der Hörer in seiner Hand zu zittern begonnen hatte. »Aber … ich denke, das ist nicht deine Schuld.«
    Verpiss dich, verpiss dich, verpiss dich.
    »Aber heutzutage ist so viel am Laufen. Wir können jede Hilfe gebrauchen, die wir bekommen können. Ich möchte … mich mitdir über die Zukunft unterhalten. Würdest du darüber nachdenken?«
    Krepier, krepier, krepier!
    »Wir vermissen dich, Daniel.«
    Ohne ein Wort zu erwidern, hatte er aufgelegt.
    Ich vermisse dich auch.
    Canton holte ihn mit einem abschätzenden Grunzen zurück in die Gegenwart. »Was?«
    »Nichts.« Wisch es nur weg. Wieder und wieder und wieder . »Spielt keine Rolle.«
    »Wie du meinst.«
    »Sag mal, wie geht’s dem Jungen?«
    »Freddie?« Canton blähte die Wangen. »Er … Nicht besonders gut. Man hat ihn in ein Heim verfrachtet. Ist schön dort, alles sehr professionell. Aber … er isst einfach nicht. Ich habe mit den Ärzten geredet. Er ist schwach. Weint viel. Erbricht, was immer sie ihm einflößen. Sie haben keine großen Hoffnungen.«
    »Ich verstehe.«
    Aus unerfindlichem Grund lenkten die bedrückenden Neuigkeiten Shapers Blick zurück zu dem Jungen in der Ecke, der nach wie vor seine Karten legte. Mochte er auch störend sein, Shaper stellte abrupt fest, dass seine Verärgerung, sein kleinlicher Zorn verraucht war, und er konnte sich beinah eine strahlende Aura, einen friedlichen, vollkommenen Schimmer von Unschuld um das Kind vorstellen.
    Dann jedoch fiel ihm auf, dass jede Karte ein schnörkeliges Bild und mehr knallige Farben als ein Regenbogen aufwies, und ein Gedanke zuckte durch seinen Kopf: Tarot .
    Oh du arme kleine Knalltüte.
    Von Magie hatte er gestrichen die Nase voll.
    »Dein Mädel, diese Mary«, platzte Canton wie auf ein unheimliches thematisches Stichwort hin hervor. »Sie besucht ihn gelegentlich, haben die Ärzte gesagt.«
    »Ja. Dachte ich mir.«
    Sein Blick wanderte zurück zur Tür, die standhaft geschlossen blieb. Verdammt noch mal, Mary .
    Beim letzten Mal, als sie miteinander gesprochen hatten, hatte sie gemeint, sie bräuchte Zeit zum Nachdenken. Zu viel Merkwürdiges sei passiert.
    Dem konnte Shaper nun wirklich nicht widersprechen.
    »Vielleicht studiere ich irgendetwas …«, hatte sie gesagt. Ohne nachzudenken, hatte Shaper in den Tiefen ihres elenden Blicks – so fesselnd, wie es nur eine abstrakte Zukunft sein konnte – erkannt, dass jenes achtlos gewobene Band aus miteinander geteilten Lügen und Unreinheit, das sie miteinander verbunden hatte, bereits unwiderruflich auszufransen begann. »Ich denke … ich denke, es wäre vielleicht irgendwie gut, Therapeutin zu werden.« Danach hatte sie geblinzelt und verhalten hinzugefügt: »Oder so was Ähnliches. Jedenfalls etwas, womit man Menschen helfen kann.«
    Na ja , hatte er mit einem letzten Anflug von selbstsüchtiger Empörung gedacht, das versuche ich doch auch  …
    »Ich meine, wirklich helfen«, hatte sie hinzugefügt, bevor er den Mund öffnen könnte. »Verstehst du?«
    Im Sinne von: nicht in Scheiße rumwühlen. Nicht wie du, Danny-Boy. Nicht wie dieses unsinnige Unterweltleben, bei dem endlos Kackhaufen zu Goldnuggets poliert werden müssen.
    »Äh …«, hatte er hervorgebracht.
    »Wir sehen uns mal bei Tony, ja?«
    Ja.

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