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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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bringt die Botschaften durcheinander. Die Menschen glauben dadurch, etwas wahrzunehmen, was gar nicht vorhanden ist. Was immer Sie denken …«
    »Mary, ich bin nicht im Entferntesten interessiert.«
    Und oh, diese Stille.
    »Mir ist klar, dass Ihnen manche Leute diesen Kram abkaufen«, sagte er. »Oder … oder ein wenig geheimnisvollen Quatsch in ihrem Leben brauchen. Oder einfach einer Gruppe angehören wollen – was auch immer. Mir ist klar, dass solche Leute auf diese Dramatik stehen. Aber ich gehöre nicht dazu, Mary. Für mich ist das gequirlte Scheiße, die mich nicht interessiert.«
    Es war eine gemeine kleine Tirade. Und schlimmer noch, eine gewagte Strategie, zumal er alles auf seine fadenscheinige Vermutung – in Wirklichkeit eher Hoffnung – setzte, dass sie ihn genauso faszinierend fand wie er sie. Dass sie aufgedeckt werden wollte – nein, musste . Dass er die Wahrheit allein dadurch ans Licht bringen könnte, dass er ihr mit seiner Gleichgültigkeit drohte.
    »Nicht interessiert …«, flüsterte sie seine Ausdrucksweise nach, als kratze sie eine Wunde.
    Ein weiß gekleideter Arm tauchte wie ein verirrtes Geschoss zwischen ihnen auf und stellte einen Teller mit einer Extraportion Speck und wie durch ein Wunder nicht verbrannten Würstchen ab, bevor der Besitzer sie zurückzog – eine weitere ausdruckslose, mit Fett bespritzte Küchenhilfe.
    »Moment mal«, rief Shaper. »Ich habe das nicht bestellt …«
    Die Küchentür schwang zu. Eine Sekunde lang erblickte er das froschähnliche Gesicht von Tony Krampfhand höchstpersönlich, der sie durch die verspiegelten Lamellen des Ausguckfensters beobachtete. Argwöhnisch betrachtete Shaper den Speck und schenkte den neidischen Blicken der Obdachlosen am Tisch nebenan keine Beachtung.
    »Wieso halten Sie sich überhaupt für so verflucht kompetent in der Hinsicht?«, zischte Mary, unbeeindruckt von der Ladung an Schweineprodukten. Sie hatte endgültig jede gezwungene Freundlichkeit abgelegt. »Wie lautet Ihre verdammte Geschichte?«
    »Ich bin der erste ehrliche Lügner der Welt.« Er zuckte mit den Schultern und untersuchte die Würstchen auf versteckte Sprengsätze. »Fragen Sie mich etwas.«
    Ihre Kiefer mahlten. Sie dachte eingehend nach.
    »Sind Sie verheiratet?«
    Überrascht schaute Shaper auf und bemerkte die Schatten von Besorgnis um ihre Augen, als hätte sie vergessen, ihren Mund auszuschalten. Schlagartig zeigte sie sich ungemein fasziniert von ihrer Teetasse.
    »Ich … war mal verlobt«, antwortete er.
    »Was ist passiert?«
    Ah .
    Shaper starrte sie an und durch sie hindurch. Er spürte die Landminen unter den Absätzen seiner Psyche und hörte irgendwo in sich das Schnurren der Krankheit, die darauf brannte, die Kontrolle zu übernehmen.
    Das Zittern kroch seine Handgelenke entlang.
    »Sie wurde von einem Albaner mit nur einem Ei erschossen«, sagte er mit Roboterstimme, das Herz ausgeschaltet. »Er hatte auf mich gezielt.«
    »W-wie bitte?«
    »Sie starb eine Stunde später auf dem Operationstisch. Und ich verrate Ihnen etwas: Die gesamte Zeit, die wir zusammen verbracht haben, habe ich sie belogen. Und das waren immerhin zwei Jahre.« Er lächelte grausamer als beabsichtigt. »Ich war durchtränkt – verstehen Sie? –, durchtränkt von Falschheit. Bin ich immer noch.«
    Die Worte stammten von einem in ihn eingebrannten Text, den er oft geübt, aber selten vorgetragen hatte. »Ich bin ein unangenehmer Scheißkerl, Mary Devon. Aber ich tue nicht so, als wäre ich etwas anderes.«
    Sie starrte ihn nur entgeistert an.
    »Ich geh mal pissen«, verkündete er.
    Lass sie schmoren .
    Eine beruhigende Zoloft, eingeworfen zwischen plätschernden Pissoirs. Shaper konnte dabei zusehen, wie sich das Zittern legte.
    Er hoffte, sie würde noch da sein, wenn er zurückkehrte.
    Auf dem Weg durch den feuchten Korridor von den Toiletten trat er in ein fensterloses Bürokämmerchen und richtete einen giftigen Blick auf die bleiche Gestalt darin.
    »Was zum Teufel ist los, Tony?«
    Tony McCanes kleine Äuglein weiteten sich in den fleischigen Höhlen. Sofort tastete seine linke Hand nach ihrem Gegenstück wie ein Vater, der ein hilfloses Kind beschützt, und auf der nackten Kopfhaut rings um seinen Irokesenschnitt zeichnete sich Schweiß ab. »Dan! Ich … Was meinst du, Dan?«
    Shaper kannte Tony seit Jahren. Der Mann hatte in der Schutzgeldbranche begonnen – heutzutage kannte jeder die Geschichte –, bis ein Unfall seine

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