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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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konnte. Daher intensivierten die Abgeordneten ihre eigene Wahlkampagne. Ofer Kisch für seinen Teil konzentrierte seine Tätigkeiten bei den elf >Dreitürniks<. Der Steueraufseher erschien an regnerischen Abenden in ihren Häusern und unterhielt die verarmten Leute mit Grotesktänzen und Tierimitationen -besonders mit dem Eselsgeschrei, in dem er sich so auszeichnete, daß wiederholt Zugaben verlangt wurden.
    Am Ende des Programms pflegte Ofer Kisch den >Dreitürniks< zu sagen: »Meine lieben Freunde, ihr habt von mir zuviel in einer Zeit gelitten, die, wie ich hoffe, für euch zu Ende ist, um nie wiederzukehren. Daher helft mir, in den Rat wiedergewählt zu werden, und ich schwöre, ich werde meinem Mangel an Zurückhaltung ein Ende setzen.«
    Aber die Leute zog es nicht zum Schneider. Die meisten interessierten sich viel mehr für den >Einfachen Plan< des Schuhflickers, der das Wesentliche seines Programms und seiner Perspektiven in wenigen Worten zusammenfaßte:
    »Wer für mich stimmt, erhält auf der Stelle zwei Tnuva-Pfund.«
    Amitz Dulnikker lag entkräftet und jenseits aller Hungerqualen auf seinem kärglichen Bettzeug. Sein Kopf war wunderbar klar, ein sicheres Zeichen, daß sein Ende nahte. Der Tag, den er soeben gefangen verbracht hatte, war eine erhabene Prüfung des menschlichen Willens gegen die Forderungen eines immer schwächer werdenden Körpers gewesen. Dulnikker ersann eine Vielzahl von Schikanen, um seinen eigenen Körper zu täuschen, aber sein erfolgreichster Plan, seinen Geist ständig zu beschäftigen, war natürlich der Gedanke daran, Shimshon Groidiss aus seiner Autobiographie auszumerzen.
    Gegen Abend - seiner Zeitschätzung nach - war es zu einem ernsten Zusammenstoß zwischen ihm und seinen Gefängniswärtern gekommen. Der Vorfall begann, als Dulnikker die Eisentür heftig mit Fußtritten bearbeitete und nachdrücklich einen Vorrat an Kerosin für seine Lampe und eine seiner Stellung angemessene Hygiene verlangte. Das Gedonner an der Tür veranlaßte die Hassidoffs, die Verhältnisse zu verbessern, und Dulnikker wurde vom Bürgermeister persönlich sowie einem anderen Kerl hinausgeleitet, von dem sich herausstellte, daß es der Schwager des Barbiers war - der Wächter des Gemeindeamtes. Die Barbiersfrau fegte das kleine Gemach aus und begleitete ihr Tun mit geräuschvollem Knurren. Der Teilsieg diente jedoch
    nur dazu, die persönlichen Forderungen des Staatsmannes zu erhöhen, und    er weigerte sich,    in    >dieses    Loch<
    zurückzukehren,    solange man nicht für    die    Reinigung    seines
    Anzuges sorgte, der in der Nacht der mißglückten Flucht gräßlich dreckig und fleckig geworden war. Frau Hassidoff wurde sehr böse über den Egoismus des Ingenieurs und machte ihm schwarz auf weiß klar, daß sie diese Lumpen sofort der Frau eines der >Dreitürniks< zum Waschen übergeben würde, denn sie - Salman und sie selbst    -    hätten es    nicht
    übernommen, solche persönlichen Dienstleistungen zu verrichten.
    Dulnikker bändigte nur mühsam seine Freude. Denn inzwischen war es ihm gelungen, eine kleine Notiz zu schreiben, die er in der Jackentasche verbarg:
    >Hilfe, ich liege in Ketten im Gefängnis im Kuhstall des Bürgermeisters.    Entsprechender Finderlohn zugesichert.
    I ngenieur . <
    Nachdem Frau Hassidoff mißmutig den Anzug mitgenommen hatte, streckte sich Dulnikker in seiner unterwäsche auf dem Bett aus und versteckte den Kopf unter den Decken, damit man sein Gelächter nicht hörte. und so wartete er voll Spannung und hoffnungsvoller Sehnsucht auf die Reaktion des >Finders<.
    Gegen Mitternacht hörte er endlich draußen ein leises Rascheln und sah, wie ein Stück weißen Papiers langsam unter seiner Tür durchgeschoben wurde. Dulnikker glitt von seinem Bett, das Herz in der Kehle. Er unterdrückte ein unschuldiges Pfeifen, zündete seine Lampe an und verschlang gierig die Worte auf dem Papier.
    Der Staatsmann wurde rot, und seine Adern drohten zu platzen; denn es war seine eigene Geheimnotiz. Und auf die Rückseite war folgendes gekritzelt:
    >Morgen gibt es gebratenen Truthahn mit Essiggurken. Und viel Soße. Hassidoff.<
    In Wahrheit hatte das Schicksal Dulnikker absichtlich einen Streich gespielt. Denn seine Notiz war tatsächlich zu der >Dreitürnik<-Frau gelangt, der man befohlen hatte, den Anzug am nächsten Morgen anständig gereinigt zurückzubringen. Aber die Bäuerin beherrschte die Geheimnisse der Schrift nicht und

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