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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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mit der Scheiße in Kontakt gekommen war, auf sie zuging; da liefen die kreischend weg.«
    Die beiden jüngeren Agenten hatten Sonnenbrillen mit dem Bügel an die Hemdausschnitte gesteckt.
    »Dass Kinder so fixe Ideen in Bezug auf Scheiße und Hundescheiße haben und damit, mit Scheiße in Berührung zu kommen, muss mit dem Töpfchentraining und der eigenen frühen Kindheit zu tun haben, die in dem Alter ja noch nicht so weit zurückliegt.«
    »Das müsste in der dritten Klasse gewesen sein. Wir haben lange gebraucht, um dahinterzukommen, warum ihre Augen an Schweineaugen erinnerten. Keine Wimpern. Sie hatte Haare, Kopfhaare und Augenbrauen, aber blaue Schweinsäuglein ohne Wimpern.«
    Manchmal verstrichen bis zu zwei Minuten nach jeder Bemerkung. Es war 2.10 Uhr, und selbst die kleinen Gesten der Agenten waren träge wie unter Wasser.
    »Und wenn man sich das mal überlegt, wisst ihr noch, wie die Jungen an der Highschool immer zusammenstanden, und dann ging es nur darum, über die Mom des anderen herzuziehen und Sprüche zu klopfen, man hätte mit der geschlafen, und das wäre eine Schlampe, die nie genug kriegen könnte? Was steckte da eigentlich dahinter? Wenn man in die Pubertät kommt, wird die Sexualität der Moms plötzlich zum Thema.«
    »Meine Scheißegeschichte. Versteckspielen, Rotte von Kindern aus der Nachbarschaft, Abenddämmerung. Ich renne zum Mal und stolper über Zierbaumstämme, mit denen irgendwer seine Garagenauffahrt eingefasst hat, flieg hin, strecke noch die Hände aus, um den Aufprall zu dämpfen, und was glaubt ihr wohl, was passiert?«
    »Nein!«
    »Doch! Mit beiden Händen voll in einen großen frischen gelben Haufen rein. Was ich heute noch förmlich riechen kann.«
    »Herrgott, also nicht bloß unter den Schuhen, sondern sogar an den Händen. Der leibhaftigen Haut.«
    »Aber hallo. Ich habe vielleicht ein Dutzend lebhafte, eingebrannte Erinnerungen an meine frühe Kindheit, und das ist eine davon. Das Gefühl, die Farbe, die Konsistenz, der aufsteigende Geruch. Ich hab geheult und gekreischt, natürlich kommen alle angerannt, aber kaum sehen sie, was los ist, kreischen sie drauflos, drehen sich um und rennen vor mir weg, und ich weine und brülle gleichzeitig wie ein entsetzliches Scheißemonster und jage sie, entsetzt und angeekelt, irgendwie aber auch glorreich in meiner Monsterrolle, weil ich die Macht habe, sie alle vor Grauen kreischen und nach Hause rennen zu lassen, wo auf den ganzen Veranden gerade die Lampen angehen und die kleinen Pseudolaternen an den Auffahrten, die an automatischen Timern hängen; zu der Tageszeit war das.«
    »Und die Hände sind ja besonders nah dran am Gefühl der eigenen Identität, also wer man ist, was das Entsetzen noch mal steigert. Übertroffen wird das vielleicht nur vom Gesicht, also was die Nähe angeht.«
    »Im Gesicht hatte ich keine Hundescheiße. Ich hielt die Arme vor mir ausgestreckt, damit meine Hände möglichst weit von mir weg waren.«
    »Was die Monsterkiste nur steigerte. Monster strecken ja auch immer die Arme aus, wenn sie einen jagen. Ich wäre gerannt wie der Teufel.«
    »Sind sie auch. Ich weiß noch, dass ich einerseits vor Entsetzen genauso gekreischt habe wie sie und andererseits in meiner Ungeheuerlichkeit gebrüllt und erst den einen gejagt habe und dann abgeschwenkt bin, um einen anderen zu jagen. In den Bäumen zirpten die Zikaden, alle kreischten im selben Rhythmus, und durch ein offenes Fenster war ein Radio zu hören. Ich erinnere mich, wie meine Hände rochen und dass sie gar nicht mehr wie meine Hände aussahen und dass ich mich gefragt habe, wie ich bloß die Tür aufkriegen oder auf die Klingel drücken sollte, ohne sie mit Scheiße zu beschmieren. Sonst wäre auf der Türklingel meiner Eltern Scheiße gewesen.«
    »Und? Was hast du gemacht?«
    »Mensch, was hat denn deine Mom gemacht? Hat sie gekreischt? Hast du draußen gestanden und gejammert und bist du gegen die Tür getreten oder hast versucht, mit dem Ellbogen zu klingeln?«
    »Unser Haus hatte einen Klopfer. Ich wäre am Arsch gewesen.«
    »Ich könnte wetten, die anderen Kinder haben bei sich zu Hause durch die Vorhänge der Vorderfenster gelinst und verfolgt, wie du jammernd von Haus zu Haus gewankt bist, die Hände ausgestreckt wie Frankenstein.«
    »Das ist ja nicht einfach ein Schuh, den man ausziehen kann.«
    »Ich hab eine Geschichte über Scheiße, die ziemlich eklig ist.«
    »Ich kann mich nicht erinnern. Die Erinnerung endet mit der Scheiße und

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