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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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ein kleines, gut sieben Zentimeter langes doppelt verstöpseltes Reagenzglas mit ... Methamphetamin-Hydrochlorid von pharmazeutischer Qualität, drei Komma irgendwas Gramm in jedem Glas. Wir sitzen alle nur da und sehen uns an, und Boyce’ Augenbrauen wandern langsam zum Hinterkopf. McCool macht auf locker und sagt: ›Na? Was sagt ihr dazu?‹ Wisst ihr, was das bedeutet?‹ In der Kühlbox waren zweihundertvierundzwanzig Gramm chemisch reines Meth. Wisst ihr, was selbst lausiges gestrecktes Meth aus einem Garagenlabor mit dem Nervensystem eines Zwanzigjährigen anstellen kann?«
    »Ich hätte es verkauft, den Reinerlös darauf verwendet, Silber-Positionen aufzubauen, wäre zu meinen Professoren gegangen, hätte sie an den Bärten gezupft und gesagt, ich könne sie jetzt kaufen und verkaufen, ob ihnen das passt oder nicht.«
    »Wir haben nicht genug davon verkauft, kann ich dir sagen. Aber was wir verkauft haben, war verheerend. Die Seminare wurden zum Zoo. Eiterbeulen, die immer in der letzten Reihe gesessen und nie auch nur Pieps gemacht hatten, packten ihre Profs an den Aufschlägen und zitierten die Mehrwerttheorie mit der Stimme eines SS-Verhöroffiziers. Tragende Säulen des Newman Club kopulierten hingebungsvoll auf den Bibliothekstreppen. Die Krankenstationen wurden von Philosophiestudenten belagert, die darum flehten, ihnen den Kopf abzuschalten. Die Mensen waren wie ausgestorben. Die defensiven Rückraumspieler der Washington University wanderten samt und sonders in den Knast, weil sie den Wasserjungen der Kansas State University verprügelt hatten. Studentinnen, deren Jungfernhäutchen bessere Tresortüren gewesen waren, schenkten sie im Gebüsch vor Lambda Pi her. Die nächsten zwei Monate verbrachten wir größtenteils als Reserve Rangers im Lieferwagen und beantworteten Notrufe von Jungen, die ein Zehntelgramm von dem Stoff bekommen hatten und deren Freundinnen sich jetzt mit den Fingernägeln an der Decke festhielten und die vollkommenen strahlend weißen Zähne zu Noppen abfeilten. Reserve Rangers!
    Wir blieben immer eine Woche auf Meth und wach und kamen gar nicht mehr runter, denn von Meth runterzukommen ist wie eine fürchterliche Grippe in der Hölle, Boyce’ Handflächen hatten bleibende Abdrücke, so fest umklammerte er das Lenkrad vom Minibus, und unsere Augäpfel sahen aus wie aus dem Scherzartikelladen. Was dem Essen am nächsten kam, war ein schauderndes Abwenden, wenn wir auf dem Weg zu buchstäblich Dutzenden von Rescue-Rangers-Notrufen, die wir jede Nacht bekamen, an einem Restaurantschild vorbeikamen; wir hämmerten an die Türen, suchten die Fahrstühle ab, nahmen fünf Treppenstufen auf einmal und grölten dabei die Schlachtlieder der Rescue Rangers bei der Arbeit.«
    »Was bedeutet eigentlich diese Rescue-Rangers-Kiste, Todd, wenn –?«
    »Nach kürzester Zeit, als sich nämlich die Stärke und Reinheit von dem Stoff in Dogtown herumsprachen, machten wir McCool Druck, wir bräuchten Abhilfe aus den lieben Laboren von Welch Lambeth.«
    »Welche potenziellen medizinischen Indikationen hat Methamphetamin überhaupt? Fettsucht? Schlafentzugsforschung? Experimente im Bereich kontrollierte Psychose?«
    »Und zwei oder drei Tage später – als wir alle so ziemlich die Grenzen unsres Stehvermögens erreicht haben, und unsere Rippen zeichnen sich ab, und die Haut um die Augen rum erinnert langsam an Hamburger – gab es einen fürchterlichen Unfall, bei dem ich allein war, und da hab ich mir gesagt, okay, diesmal ziehen wir die Notbremse, und ich pfeif mir ein unverschnittenes Achtelgramm ein und bin in einem wirklich echt abgefahrenen Geisteszustand, unmittelbar vor der klinischen Paranoia, und da klingelt es, und ich mach auf, lass die Kette aber vorgelegt und seh nur einen Hut mit Plastikblumen an der Krempe, und da ist das so eine winzige alte untadelige Dame von Welcome Wagon, die uns im Namen der Nachbarschaft in unserer gemieteten Bruchbude willkommen heißt, mir ein Körbchen mit Keksen und Hygieneartikeln überreicht und zu mir hochsieht mit diesen schrägen hypnotisierenden Spiralen, rot im einen Auge und grün im anderen, und ihr Erdnussgesichtchen wölbt sich grässlich konvex wie eine Krokodilschnauze, fällt zusammen und kommt wieder auf mich zu, und ich erspare euch die Einzelheiten meiner Reaktion und beschränke mich auf den Hinweis, dass dieser Vorfall dazu führte, dass ich nicht mal zwei Monate danach als Aussteiger in Colorado gelandet bin, was mir im Service den

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