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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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unterstützen: »Also gut.«
    Drinion dreht den Oberkörper auf dem Stuhl leicht zur Seite und wirft einen Blick auf Sabusawa an der Bar. Rand ist neunzigprozentig sicher, dass die Bewegung keine Show oder so ist, um ihr nonverbal irgendetwas zu kommunizieren. Draußen türmen sich am Himmel im Nordwesten Berge von an den Rändern erleuchteten Sonnenuntergangswolken, in denen etwas grummelt und aufleuchtet. Im Meibeyer’s kann niemand diese Wolken sehen, obwohl man immer fast körperlich spüren kann, wenn Regen im Anmarsch ist, wenn man auf gewisse subliminale körperliche Signale wie Nebenhöhlen, Ballenschmerzen, gewisses aufziehendes Kopfweh sowie eine gefühlte Veränderung der Kaltluft aus der Klimaanlage achtet.
    »Dann erklär mir doch mal, warum diese Hübschheitskiste mir unbehaglich sein soll.«
    »Da bin ich mir nicht sicher. Ich kann nur raten.«
    »Weißt du, du bist gar nicht wirklich so direkt, wie du auf den ersten Blick wirkst.«
    Drinion sieht Meredith Rand weiterhin direkt in die Augen, aber ohne eine Herausforderung oder bestimmte Absicht damit zu verbinden. Rand, die natürlich bestens weiß, dass Arglosigkeit eine Form der Arglist sein kann, wird Beth Rath später sagen, sie hätte sich ein bisschen gefühlt, als würde sie von einer Kuh oder einem Pferd angeschaut: Nicht nur wüsste man nicht, was die dächten, wenn sie einen ansähen, oder ob sie überhaupt dächten – man könne auch überhaupt nicht einordnen, was sie beim Sehen eigentlich sähen, und doch fühle man sich gleichzeitig wahrhaft angesehen.
    »Bitte sehr, ich spiele mit«, sagt Meredith Rand. »Findest du mich hübsch?«
    »Ja.«
    »Findest du mich attraktiv?«
    »...«
    »Also ja oder nein?«
    »Ich finde die Frage verwirrend. Ich habe sie in Filmen gehört und in Büchern gelesen. Es ist eine seltsame Wendung. Sie hat etwas Verwirrendes. Sie klingt, als bitte man um eine objektive Meinung dazu, ob die Person, mit der man sich unterhält, einen als attraktiv beschreiben würde. In dem Kontext, in dem sie üblicherweise gestellt wird, scheint in Wirklichkeit aber fast immer gefragt zu werden, ob die Person, mit der man sich unterhält, sich sexuell von einem angezogen fühlt.«
    Meredith Rand sagt: »Na ja, manches muss man eben auf Umwegen sagen, oder? Bei manchen Sachen kann man nicht so einfach auf den Busch klopfen, weil das ordinär wäre. Kannst du dir vorstellen, dass jemand fragt ›Fühlst du dich sexuell von mir angezogen?‹?«
    »Ehrlich gesagt, ja, das kann ich.«
    »Aber es wäre doch schrecklich unangenehm, die Frage so zu stellen, oder nicht?«
    »Ich kann verstehen, dass sie unangenehm oder auch unfreundlich wäre, besonders wenn sich der andere nicht sexuell angezogen fühlt. Ich bin verhältnismäßig sicher, dass diese direkte Frage darüber hinaus den Subtext transportiert, dass sich der Fragende vom anderen sexuell angezogen fühlt und wissen möchte, ob dieses Gefühl erwidert wird. Moment – d. h., dass ich mich geirrt habe. Auch die Grundfrage transportiert noch Fragen oder Annahmen. Du hast recht – anscheinend ist es nicht möglich, über das Thema sexuelle Anziehung in direkter Form zu sprechen.«
    Rands Miene ist jetzt herablassend genug, um von der großen Mehrheit der Menschen, mit denen sie sich unterhalten könnte, als lästig oder verdrießlich empfunden zu werden. »Und warum ist das deiner Meinung nach wohl so?«
    Drinion überlegt kurz. »Ich glaube, dass das daran liegt, dass eine direkte sexuelle Zurückweisung den meisten Menschen extrem unangenehm ist, und wenn man Informationen darüber, von einem Menschen sexuell angezogen zu werden, nur indirekt weitergibt, fühlt man sich auch nur indirekt zurückgewiesen, wenn die Anziehung nicht gleichermaßen erwidert wird.«
    »Irgendwie hat das was Ermüdendes«, bemerkt Rand. »So ein Gespräch mit dir.«
    Drinion nickt.
    »Als wärst du gleichzeitig interessant und echt langweilig.«
    »Ich habe schon des Öfteren zu hören bekommen, dass die Leute mich langweilig finden.«
    »Die Mr-Ekstase-Kiste.«
    »Der Spitzname ist offenkundig sarkastisch.«
    »Hattest du schon mal ein Rendezvous?«
    »Nein.«
    »Hast du schon mal jemanden um ein Rendezvous gebeten oder gesagt, dass du jemanden anziehend findest?«
    »Nein.«
    »Fühlst du dich denn nie einsam?«
    Kurze Denkpause. »Ich glaube nicht.«
    »Glaubst du, du merkst, wenn du dich einsam fühlst?«
    »Ich glaube ja.«
    »Weißt du, was die Jukebox gerade spielt?«
    »Ja.«
    »Bist du

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