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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Warenhaus in Tokio. Beide wollen dich haben. Sie bezahlen natürlich die Flugreisen, und sie bezahlen auch dafür, daß du für sie Reklame machst. Sie stellen sich vor, daß du Autogrammstunden gibst. Das steht dann groß in allen Zeitungen, und die Leute stürmen die Warenhäuser und stehen Schlange, bis du ihnen deinen Namen auf ein Foto schreibst, das von diesen Warenhäusern in einer Riesenauflage gedruckt wird.“
    „Mit einem kürzeren Namen wäre die Sache weniger anstrengend“, sagte Peter Schimmelpfennig und grinste. „Und wer entscheidet zwischen Tokio und New York?“
    „Senhor Tavares ruft um fünf Uhr zurück“, antwortete Rodrigo. „In der Zwischenzeit spricht er noch einmal mit den Warenhausdirektoren in Tokio und New York. Das Ganze ist ein Geschäft. Wer mehr bezahlt, wird bedient.“
    „Das Ganze ist ein Geschäft“, wiederholte Peter Schimmelpfennig. „Sehr richtig.“ Erstreckte die Beine aus und legte seine Hände hinter den Kopf. „Was ist mit dem BABALU-Vertrag?“
    „Das wird ganz bestimmt in New York oder Tokio erledigt“, beteuerte Rodrigo. „Die Post hätte uns ja gar nicht eingeholt, wenn man den Vertrag wirklich abgeschickt hätte. Und bei den Warenhäusern bekommst du auch wieder fünfzig Prozent. Das kann eine ganze Menge sein.“ Der junge Brasilianer steckte sich eine neue Zigarette ins Gesicht. „Und schließlich bin ich auch noch da. Du darfst Vertrauen zu mir haben.“
    „Von anderthalb Herzen gern“, lachte Peter Schimmelpfennig. Er wanderte durch die Verbindungstür in sein Zimmer und sagte, daß er jetzt zum Strand gehe.
    „Ich muß mir das alles in Ruhe überlegen. Ein alter Mann ist kein D-Zug“, meinte er und schlüpfte in seine Badehose. „Bis fünf Uhr bin ich zurück.“

New York oder Tokio

    Peter Schimmelpfennig trabte über den Strand. Er brauchte jetzt einfach jemanden, mit dem er sich unterhalten konnte.
    Wo die Brandung am stärksten war, fand er das Mädchen Manuela. Sie wartete gerade mit ihrem blau-weiß gestreiften Bügelbrett auf eine möglichst hohe Welle. Und um sie herum stand eine ganze Horde von Jungen. Als jetzt ein neuer Brecher vom Meer heraufkam, stellten sie sich beinahe gleichzeitig auf ihre Bretter. Die Woge riß sie mit und warf sie donnernd zum Strand. Das Mädchen stand so aufrecht wie alle anderen, und sein Pferdeschwanz wehte hinter ihm her wie eine hellblonde Fahne.
    „Da bist du ja.“ Manuela lachte. Sie japste ein bißchen nach Luft, und ihre braune Haut glänzte vom Wasser. Sie zog ihr blau-weiß gestreiftes Bügelbrett auf den Strand, und Peter Schimmelpfennig half ihr dabei.
    „Die Dinger sind ziemlich schwer“, sagte sie. „Sie heißen übrigens Surfboards und können ganz schön gefährlich werden, wenn man nämlich mitten in der Welle stürzt. Dann wirbeln sie durch den Wasserdruck wie Raketen durch die Landschaft und können einen glatt erschlagen. Das passiert leider in jedem Jahr ziemlich oft.“ Sie warf sich in den Sand und lachte. „Früher war das Ganze eine Art Mutprobe bei den Eingeborenen. Allerdings noch auf zentnerschweren Balken und über zwanzig Meter hohen Wellen.“ Sie richtete sich plötzlich auf. „Übrigens, das ist das Komische. Gestern mußte ich an dich denken, und heute liegen wir nebeneinander im Sand.“
    Was sollte Peter Schimmelpfennig darauf antworten? Er blickte zum Meer hinaus. Zu den Wellenreitern und den kleinen weißen Wolken, die wie eine Herde Schafe vom Horizont heraufkamen.
    „Da war nämlich in einer amerikanischen Zeitung ein Artikel über einen Jungen, der als blinder Passagier durch die Welt gondelt“, sagte das Mädchen Manuela. „Und das Foto, das dabei abgedruckt war, hatte eine entfernte Ähnlichkeit mit dir.“
    „Die Ähnlichkeit ist gar nicht so entfernt, wie du glaubst“, sagte Peter Schimmelpfennig, „dieser blinde Passagier sitzt höchstpersönlich neben dir.“
    „Mich laust der Affe“, stellte das Mädchen Manuela fest.

    Zehn Minuten später rannten die beiden zum Hotel, als wäre dicht hinter ihnen ein Waldbrand ausgebrochen.
    Peter Schimmelpfennig hatte nämlich inzwischen seine Geschichte erzählt.
    „Und das ist wirklich alles?“ hatte das Mädchen mit dem blonden Pferdeschwanz daraufhin gefragt.
    „Die Fortsetzung spielt in New York oder Tokio“, hatte Peter Schimmelpfennig geantwortet. „Und das ist wirklich alles.“
    „Dann weiß ich von deiner eigenen Geschichte noch eine ganze Menge mehr als du selbst“, hatte Manuela nachdenklich

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