Der blinde Passagier
Peter.
„Guten Morgen, Chef.“ Der Boy grinste.
„Hallo, Doudou“, grüßte Peter.
Herr Schifferli sagte ein paar Worte in französisch und wandte sich Peter zu: „Er zeigt dir zuerst die Terrasse. Und wenn du wieder einmal Schwierigkeiten hast, dann frage nach mir.“
„Sehr freundlich“, meinte Peter. „Ich hätte noch eine Frage. Es geht um ein Telefongespräch nach Deutschland.“ Herr Schifferli nahm ein Stück Papier und holte einen goldenen Drehbleistift aus seiner Tasche. Er hörte genau zu und machte sich Notizen. „Hoffen wir, daß heute bei diesem ABENDBLATT überhaupt jemand an den Apparat kommt; die haben ja dort immer noch Weihnachten“, gab Herr Schifferli schließlich zu bedenken.
„Eine Zeitung hat eigentlich immer so etwas wie einen Bereitschaftsdienst
„Vielleicht hast du recht. Hoffen wir’s. wie gesagt.“
„Es müßte reiner Zufall sein, wenn Dr. Liesegang im Büro wäre. Aber die Telefonzentrale kennt bestimmt seine Privatnummer, und mit der müßte ich dann verbunden werden.“ Peter Schimmelpfennig holte ein Taschentuch heraus und wischte sich über die Stirn.
„Das kann aber ziemlich teuer werden“, bemerkte Herr Schifferli, „immerhin sind wir hier in Afrika. Wenn du diesen Dr. Liesegang gut kennst, schlage ich vor, daß du ein R-Gespräch anmeldest. Dann muß er die Gebühr bezahlen.“
„So etwas gibt es?“ fragte Peter elektrisiert.
„Allerdings muß der Empfänger das Gespräch annehmen“, erklärte Herr Schifferli. „Das Fernamt fragt ihn zuerst, ob er damit einverstanden ist, das Gespräch zu bezahlen.“
„Das ist genau die Art, wie ich telefonieren möchte“, sagte Peter Schimmelpfennig. „Dr. Liesegang nimmt das Gespräch bestimmt an. Das Fernamt sagt ihm doch, wer ihn sprechen will und von wo?“
„Ja, das wird ihm gesagt.“ Herr Schifferli guckte auf seine Armbanduhr und rechnete. „Es ist noch ziemlich früh.“
„Sieben“, sagte plötzlich Doudou. Er hatte bisher zugehört und dabei die Augen verdreht, so, als hätte er jedes Wort verstanden.
„Bis die Verbindung klappt, vergehen bestimmt zwei bis drei Stunden.“ Herr Schifferli holte noch einmal seinen goldenen Drehbleistift aus der Tasche. „Dann ist es in Hamburg so gegen zehn oder zwölf Uhr. Wie war dein Name?“
„Das ist für den zweiten Weihnachtsfeiertag eine christliche Zeit“, stellte Peter fest. „Und an Stelle des Namens sagen Sie einfach als Kennwort ,Schimmelfritze’ und ich sei gerade in Dakar.“
„Ein wenig kompliziert, das Ganze“, meinte Herr Schifferli, „aber probieren wir’s mal!“
„Das wäre sehr freundlich“, bedankte sich Peter.
Frau Bergström saß wirklich auf der Terrasse unter einem blauen Sonnenschirm mit weißen Streifen. Und bei ihr saßen noch Kapitän Roland, sein Kopilot, der so gut aussah wie ein Filmschauspieler, und der flachsblonde Steward Eckelkamp. Allerdings hätte man die Lufthansaleute jetzt für Touristen halten können. Sie trugen Shorts und bunte Bahamahemden mit kurzen Ärmeln.
„Guten Morgen allerseits“, grüßte Peter Schimmelpfennig, als er zuerst zu Frau Bergström ging. Er gab ihr einen Kuß links neben die Stirn. Und das war gar nicht so einfach. Denn die Dänin hatte einen breitrandigen Strohhut auf dem Kopf. Dieser Strohhut mußte im Koffer ziemlich zusammengedrückt worden sein, und davon hatte er sich noch nicht ganz erholt. „Gut geschlafen. Frau Bergström?“
Die Dame aus Kopenhagen war im ersten Augenblick ein wenig verwirrt. So herzlich hatte sie die Begrüßung nun doch nicht erwartet. Aber sie erholte sich schnell und lächelte anerkennend: „Guten Morgen, mein Junge.“ Und dabei dachte sie: Postboten und Leute vom Elektrizitätswerk grüßen anders, das stimmt.
Peter Schimmelpfennig gab inzwischen den Herren aus dem Flugzeug einem nach dem anderen die Hand.
„Hier holt einen die Sonne schon früh aus den Federn“, meinte Kapitän Roland.
„Schlafen kann man zu Hause“, entgegnete Frau Bergström. Das hörte sich wieder so an, daß niemand gewagt hätte, ihr zu widersprechen.
„Danke, Doudou“, sagte Peter zu dem Boy, der ihm den Weg gezeigt hatte.
„Bitte schön, Chef.“ Doudou grinste und wollte gehen. Aber da hielt ihn Kapitän Roland mit ein paar französischen Worten zurück.
„Oui, Chef-Chef“, sagte Doudou schließlich und rannte über die Treppen, die zum Strand führten.
„Er scheint feine Unterschiede zu machen“, stellte Frau Bergström fest und köpfte ihr
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