Der Blinde von Sevilla
Central in der Sonne und beobachte das Chaos des Soco Petit. Nachts zieht es mich in die schmuddelige Gegend um den Hafen. Dort gibt es eine spanische Bar namens La Mar Chica mit Sägemehl auf dem Bogen und einem alten Flittchen, das ganz passabel Flamenco tanzt. Sie stinkt, als ob ihr ganzer Körper krank ist und sie buchstäblich all ihre Übel herausschwitzen würde.
26. Juni 1944
Seit Beginn der alliierten Invasion in der Normandie arbeiten wir rund um die Uhr. R. hat einen betrunkenen Schotten gefunden, der Geld braucht, um seine Spielschulden abzubezahlen, sodass wir jetzt die neuen Besitzer der Highland Queen sind. Miguel, ein Spanier, der auf den Fischkuttern im Hafen von Almuñecar gearbeitet hat, wird das neue Schiff fahren.
3. November 1944
Vor Neapel liegend, werden wir im ersten Morgengrauen angegriffen. Sie attackieren die Highland Queen, die abgetrieben ist. Als ich näher komme, haben sie M. an Deck geholt und halten ihm eine Pistole an den Kopf. Ich kann nicht verstehen, welche Sprache sie sprechen. R. fordert mich über Funk auf, das Feuer zu eröffnen, was ich tue, woraufhin sich alle an Deck einschließlich M. fallen lassen. Das Boot der Piraten dampft ab, und ich verwende ein britisches Lee-Enfield-Gewehr Kaliber.303 – das auf größere Entfernungen sehr präzise ist –, um den Mann am Steuer zu erschießen. Es sind Griechen. Wir schleppen die beiden Boote nach Neapel. M. hat eine hässliche Wunde am rechten Bein, sodass wir ihn zurücklassen müssen. Jetzt besteht unsere Flotte aus vier Booten.
15. November 1944, Tanger
R. versucht, außerhalb der Stadt in Hafennähe ein Lagerhaus zu mieten. Ich bin für die Sicherheit zuständig, was bedeutet, dass ich vertrauenswürdige Männer finden muss, die Eindringlinge abschrecken und verhindern sollen, dass unsere eigenen Leute klauen. R. erklärt mir, dass die Menschen Angst vor mir hätten. Das überrascht mich. Sie haben gehört, was ich mit den Griechen gemacht habe. Mir wird klar, dass es R. selbst ist, der diesen Mythos um mich aufbaut, und ich kann nichts tun, um ihn davon abzuhalten.
17. Februar 1945, Tanger
R. hat ein Lagerhaus gefunden. Ich gehe zur Legion in Ceuta und rekrutiere Veteranen, die mich kennen. Mit zwölf Mann kehre ich zurück.
8. Mai 1945, Tanger
Heute ist der Krieg zu Ende gegangen. Die Stadt ist völlig aus dem Häuschen. Bis auf meine Legionäre und mich sind alle betrunken. Die Vorstädte füllen sich mit Berbern und Tangaouis, die die unwirtlichen Berge verlassen haben und sich in chabolas , den Slums, Hütten aus Kisten und Paletten bauen. Sie haben nichts zu verlieren und stehlen, wo sie können. Wir müssen streng sein. Prügel hat sie nicht abgeschreckt. Wenn wir sie erwischen, schneiden wir ihnen jetzt ein Ohr ab, beim nächsten Mal spalten wir ihre Nase oder schneiden einen Daumen oder Zeigefinger ab. Wenn sie danach immer noch zurückkommen, werfen wir sie von den Klippen vor der Stadt.
8. September 1945
Die spanische Verwaltung zieht sich aus Tanger zurück.
R. ist kurzzeitig besorgt, doch es hat den Anschein, als würde die Stadt zu ihrem vorherigen internationalen Status zurückkehren, sodass das Geschäft nicht beeinträchtigt wird.
1. Oktober 1945, Tanger
Wir haben beschlossen, Immobilien zu kaufen. Ich habe in einer Seitenstraße des Petit Soco ein labyrinthisches Bauwerk rund um einen Hof mit einem großen Feigenbaum gefunden. Das Licht fällt in den erstaunlichsten Winkeln ein. R. meint, es wäre das Haus eines Verrückten. Er beunruhigt mich, weil er ununterbrochen von der dreizehnjährigen Tochter eines spanischen Anwalts spricht, der gegenüber wohnt. Wundersamerweise wird der Vater des Mädchens unser Anwalt, der die Kaufverträge für unsere Häuser aufsetzt. Ich zahle 1500 Dollar, R. 2200, und wir müssen uns keinen Cent leihen.
7. Oktober 1945, Tanger
Ich male wieder. Ich zeichne das Haus und male es als Abstraktion aus Licht und Schatten. Hin und wieder entwickeln sich Muster aus diesen schwarz-weißen Strukturen. Ich denke an meine Arbeit in Russland und begreife, woher diese Besessenheit mit der Einfarbigkeit rührt.
26. Dezember 1945, Tanger
Während des Weihnachtsessens fragt R. mich, ob ich heiraten will. »Dich?«, fragte ich, und wir lachen so heftig, dass die Wahrheit erst nach und nach schmerzhaft offensichtlich wird. Er ist eine massive Präsenz in meinem Leben (ich umgekehrt in seinem weniger). Er kontrolliert jeden Schritt, den ich mache. Wir sind Partner,
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