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Der Blinde von Sevilla

Der Blinde von Sevilla

Titel: Der Blinde von Sevilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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hier erfahren haben. Wann haben Sie Señora Jiménez den Auftrag bestätigt?«
    »Am Mittwoch, den 4. April«, sagte er, in seinem Terminkalender blätternd.
    »Wann hat Señor Jiménez die Änderung des Planes veranlasst?«
    »Am Freitag, den 6. April.«
    »Hatten Sie schon ein Team für den Umzug zusammengestellt?«
    »Das habe ich am Mittwoch gemacht.«
    »Wie gehen Sie dabei vor?«
    »Ich rufe meine Sekretärin an, die wiederum den Vorarbeiter des Lagers anruft, der es dann auf eine Tafel im Erdgeschoss schreibt.«
    Falcón wollte die Sekretärin sprechen, und Bravo rief sie herein – eine kleine, dunkle, nervöse Frau Mitte 50. Sie fragten sie, was sie dem Vorarbeiter gesagt hatte.
    »Ich habe ihm erklärt, dass es eine Änderung gibt, weil Señor Jiménez das Arbeitszimmer erst am Donnerstag transportiert haben möchte, und dass in einem der Kinderzimmer ein kleines Bett stehen bleiben sollte.«
    »Was hat der Vorarbeiter gesagt?«
    »Er hat eine grobe Bemerkung darüber gemacht, wofür das Bett wohl benutzt werden würde.«
    »Was macht er mit so einer Information?«
    »Er schreibt sie auf eine weiße Tafel, in Rot, um anzuzeigen, dass es eine Veränderung gegeben hat«, sagte sie. »Die Bemerkung über das Bett und das Arbeitszimmer kommen in eine extra Spalte.«
    »Er tippt es auch in die Arbeitsbögen«, sagte Bravo, »damit die Männer doppelt daran erinnert werden. In der Umzugsbranche arbeiten nun mal nicht unbedingt die hellsten Köpfe.«
    Die drei Männer gingen ins Lager und warfen einen Blick auf die Tafel, auf der sämtliche Aufträge für April und Mai notiert waren; der Jiménez-Auftrag stand dort noch als unerledigt. Der Vorarbeiter kam aus seinem Verschlag – einer der Typen, die zum Start in den Tag ein paar Schnäpse brauchten.
    »Das heißt, jeder im Lager konnte von der Änderung bei dem Jiménez-Auftrag wissen?«, fragte Falcón, nachdem sie sich vorgestellt hatten.
    »Auf jeden Fall«, antwortete der Vorarbeiter.
    »Was für Sicherheitsvorkehrungen gibt es hier?«, fragte Ramírez.
    »Wir lagern hier nichts, also gibt es nur minimale Sicherheitsvorkehrungen«, sagte Bravo. »Ein Mann, ein Hund.«
    »Und tagsüber?«
    Bravo schüttelte den Kopf.
    »Auch keine Kameras?«
    »Das ist überflüssig.«
    »Das heißt, man kann einfach von der Calle Maestro Arrieta hier hinten hereinspazieren?«
    »Wenn man will.«
    »Werden Overalls vermisst?«, fragte Ramírez.
    Nichts wurde vermisst, nichts war gemeldet worden. Die Overalls waren ein Standard-Modell mit dem Aufdruck MUDANZAS TRIANA, nicht schwer zu kopieren.
    »War irgendjemand hier, der hier nicht sein sollte?«, fragte Ramírez.
    »Bloß Leute auf Jobsuche.«
    »Leute?«
    »Hier kommen pro Woche zwei bis drei Typen rein. Ich sage allen das Gleiche. Wir rekrutieren unsere Leute nicht von der Straße.«
    »Und in den vergangenen zwei Wochen?«
    »Ein paar mehr als sonst, die versuchen, sich für Ostern und die Feria ein bisschen Geld zu verdienen.«
    »20?«
    »Eher 10.«
    »Wie haben sie ausgesehen?«
    »Nun, zum Glück waren sie alle klein und dick, sonst hätte ich echte Probleme, mich für Sie an jeden von ihnen zu erinnern.«
    »Hören Sie, Sie Spaßvogel«, Ramírez wurde langsam wütend. »Irgendwer ist hier reinmarschiert, hat sich Informationen über Ihren Auftrag im Edificio Presidente besorgt, sich so Zutritt zu einer Wohnung verschafft und einen alten Mann zu Tode gequält. Also strengen Sie sich ein bisschen an.«
    »Sie haben nichts davon gesagt, dass er zu Tode gequält worden ist«, sagte Bravo.
    »Ich erinnere mich trotzdem nicht«, sagte der Vorarbeiter.
    »Vielleicht waren es Einwanderer«, sagte Ramírez.
    »Ein paar vielleicht schon.«
    »Marokkaner vielleicht, die für einen Hungerlohn arbeiten.«
    »Wir stellen keine …«, sagte Bravo.
    »Wir haben es schon beim ersten Mal verstanden«, sagte Ramírez. »Und ich habe Ihnen schon da nicht geglaubt. Also, wenn Sie ein ruhiges Leben und keinen Besuch von der Einwanderungsbehörde haben wollen, dann fangen Sie besser an, scharf nachzudenken, wer seit dem letzten Freitag hier gewesen ist und ob Sie irgendwen beobachtet haben, der ein besonderes Interesse an dieser Tafel gezeigt hat.«
    »Denn Sie«, sagte Falcón und nickte dem Vorarbeiter zu, »sind der Einzige, den wir getroffen haben, der diesen Mörder wahrscheinlich gesehen und mit ihm gesprochen hat.«
    »Und wissen Sie was … genau auf diese Idee könnte der Mörder auch kommen«, sagte Ramírez. »Buenas

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