Der Blitz der Liebe
»Ich würde den Pfirsichsaft gerne probieren; ich habe nämlich noch nie welchen getrunken.«
An diesem Abend teilte Lord Heywood Carter vor dem Essen mit, er habe vor, am nächsten Tag nach London zu reisen.
»Wie wollen Eure Lordschaft reisen?«
»Ich dachte mir, ich reite auf Waterloo.«
»Im Stall steht ein hübscher Zweispänner, der noch gar nicht sehr alt sein kann, ein recht modernes Modell.«
»Ein Zweispänner?«
»Eure Lordschaft sollten Conqueror nehmen. Waterloo wäre zu schade als Kutschpferd. Der nächste Pächter hat ein junges Pferd, das gut zieht, damit hätten wir ein Paar.«
»Es wäre bestimmt eine bessere Art, nach London zu reisen«, meinte Lord Heywood.
»Ich borge das Pferd für Sie, Mylord. Gönnen Sie den Pferden Ruhe, wenn Sie in London sind, und geben Sie ihnen reichlich Hafer, dann bringen sie Sie am nächsten Tag gesund und munter zurück.«
»Du hast recht, Carter. Es wäre bestimmt bequemer, und ich muß mich nicht umziehen, wenn ich in London ankomme.«
Conqueror und das junge Pferd des Pächters paßten nicht schlecht zusammen.
Die Kutsche war schwarzgelb lackiert, und Lord Heywood fand sie sehr elegant. Die Fahrt wurde bestimmt angenehm, und er freute sich auf die kleine Reise.
Als er seinen Hut aufsetzte, merkte er, daß ihn Lalita bewundernd ansah.
Seine enganliegende champagnerfarbene Kniehose und den Cutaway trug er zusammen mit hohen Reitstiefeln, die spiegelblank poliert waren.
Lord Heywood lächelte ein wenig verlegen, ehe er sagte: »Ich hätte nicht gedacht, daß die Kleidungsstücke, die ich trug, als ich jung und dumm war, so lange in Gebrauch bleiben würden.«
»Sie sitzen perfekt.«
»Zu perfekt«, erwiderte er. »Ich habe beim Militär stärkere Muskeln bekommen, deshalb ist mein Rock unbequem eng, aber das sage ich nur Ihnen im Vertrauen.«
»Trotzdem sehen Sie großartig aus. Wie die Männer, die in den Modezeitschriften abgebildet sind.«
»Danke«, lachte Lord Heywood. »Das ist etwas, was ich nicht gerade anstrebe, aber ich hatte nur die Wahl zwischen diesem Anzug und dem, den Sie mich bis jetzt haben tragen sehen.«
»Sie hätten sich geschämt, so in London aufzutreten?«
»Vielleicht«, sagte er. »Die Banken geben einem, der ärmlich aussieht, kein Darlehen.«
»Wollen Sie Ihre Bank aufsuchen?«
»Ich will versuchen, ein Darlehen zu bekommen, aber ich bin nicht besonders optimistisch, daß meine Bemühungen von Erfolg gekrönt sein werden.«
»Ich bin davon überzeugt, daß man Verständnis für Ihre Lage hat«, meinte Lalita, »und während Sie weg sind, will ich ganz fest beten, daß Ihnen die Bank entgegenkommt.«
»Ich bin sicher, daß mir Ihre Gebete helfen werden«, erwiderte Lord Heywood, »aber jetzt mache ich mich lieber auf den Weg.«
Lalita begleitete ihn bis zum Portal und fühlte sich, so lächerlich es war, verlassen, weil sie nicht mit ihm fahren konnte, sondern daheim bleiben mußte. »Ich werde das Schloß hüten, bis Sie zurückkommen«, sagte sie.
»Ich dachte, es hütet Sie«, erwiderte Lord Heywood.
»Das wird Carter tun.«
»Ich werde so schnell wie möglich zurück sein«, fuhr Lord Heywood fort, »aber wenn ich morgen abend noch nicht wieder da bin, machen Sie sich bitte keine Sorgen.«
»Das ist leicht gesagt«, protestierte Lalita. »Versuchen Sie bitte, das köstliche Essen nicht zu verpassen, das auf Sie wartet.«
Lord Heywood lächelte sie an und fragte sich auf einmal, ob er ihr einen Abschiedskuß geben sollte.
Dann aber stieg er schnell in die Kutsche, ergriff die Zügel und fuhr davon.
Als er zurückblickte, fand er, daß Lalita, wie sie da vor dem Schloß stand, zwar verlassen, doch wunderschön aussah.
Es war merkwürdig, aber sie schien dahin zu gehören, als sei das Schloß für sie Stütze und Schutz.
V IERTES K APITEL
Als die Pferde nicht mehr zu sehen waren, drehte sich Lalita um und ging ins Haus zurück. Dabei sagte sie zu Carter: »Ich hoffe, daß alles gut geht.«
»Seine Lordschaft wird mit allem fertig«, erwiderte Carter, »sogar mit einem Maultier und einem Esel, wenn man sie zusammenspannt.«
Lalita lachte; im selben Augenblick hörte sie etwas. Sie blickte sich um und sah, daß der Postbote vom hinteren Eingang her um das Schloß herumkam. Er ging die Stufen herauf und händigte Carter zwei Briefe aus. »Ich hab' mir dahinten die Finger wund geklopft«, sagte er, »aber kein Mensch war zu sehen oder zu hören!«
Lalita ging in die Halle. Als Carter ein paar Minuten
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