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Der blonde Vampir

Der blonde Vampir

Titel: Der blonde Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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wenigstens ihr Kind. Er griff nach dem Messer, um das Kind aus Ambas Leib herauszuschneiden.
In diesem Moment sprang ich hinter dem Felsblock hervor und rannte auf die Lichtung.
»Vater!« rief ich und griff nach seiner Hand, die das Messer hielt. »Laß nicht zu, daß dieses Kind geboren wird! Amba ist tot, das kannst du mit eigenen Augen sehen! Ihr Kind muß ebenso tot sein! Bitte, Vater, hör auf mich!«
Natürlich waren die Männer höchst erstaunt, mich zu sehen. Mein Vater blickte mich ärgerlich an, aber er kniete nieder und begann geduldig zu sprechen:
»Sita«, begann er. »Deine Freundin scheint tot zu sein, aber es war bestimmt ein Fehler von uns, dem Priester zu erlauben, ihren Körper so zu gebrauchen. Aber er hat für sein schlechtes Karma mit seinem Leben gebüßt. Wir wollen nicht noch ein schlechtes Karma auf uns laden, indem wir nicht versuchen, das Leben dieses Kindes zu retten. Erinnerst du dich daran, wie es bei Sashi war? Auch ihre Mutter starb, bevor sie das Licht der Welt erblickte. Es passiert manchmal, daß eine tote Frau ein lebendes Kind gebärt.«
»Nein!« widersprach ich. »Das war etwas anderes. Sashi wurde geboren, nachdem ihre Mutter eben gestorben war. Amba ist seit dem Morgengrauen tot. Nichts Lebendes kann mehr aus ihrem Körper kommen.«
Mein Vater wies mit dem Messer auf Ambas blutigen Leib, in dem sich unleugbar etwas bewegte. »Wie willst du das Leben in ihr dann erklären?«
»Es ist der Yashini, der sich in ihr bewegt«, antwortete ich. »Du hast gesehen, wie der Dämon uns angelächelt hat, bevor er verschwand. Es ist ein Trick. Er ist nicht wirklich verschwunden. Er ist in den Leib des Kindes geschlüpft.«
Mein Vater runzelte die Stirn und wirkte plötzlich sehr ernst. Er wußte, daß ich sehr klug für mein Alter war, und manchmal fragte er mich sogar um Rat. Er sah die anderen Männer hilfesuchend an, aber sie hatten sich in zwei Gruppen gespalten. Einige wollten das Messer benutzen, um das Leben in Ambas Körper zu töten. Andere fürchteten wie mein Vater, sich zu versündigen. Schließlich wandte sich mein Vater zu mir um und reichte mir das Messer.
»Du kanntest Amba besser als jeder von uns«, sagte er. »Du wirst am besten wissen, ob das Leben, das sich in ihr bewegt, gut oder schlecht ist. Wenn du aus tiefstem Herzen weißt, daß es schlecht ist, dann erstich es. Keiner der Männer hier wird dich dafür anklagen.«
Ich war entsetzt. Schließlich war ich noch ein Kind, und was mein Vater hier von mir verlangte, war mehr als grausam. Aber mein Vater war klüger, als ich gedacht hatte. Er schüttelte den Kopf, als ich ihn voller Schrecken anstarrte, und nahm das Messer aus meiner Hand.
»Siehst du«, sagte er. »Du bist dir nicht sicher, daß es die richtige Entscheidung ist. Wenn es um Leben oder Tod geht, muß man sorgfältig abwägen. Für den Fall, daß wir nicht sicher sind, müssen wir zugunsten des Lebens entscheiden. Wenn dieses Kind wirklich böse sein sollte, werden wir es im Laufe der Zeit feststellen. Dann können wir immer noch entscheiden, was zu tun ist.« Er wandte sich wieder der Leiche zu. »Aber jetzt muß ich alles tun, um es zu retten.«
»Vielleicht haben wir nicht soviel Zeit, wie du denkst«, murmelte ich, während mein Vater in Ambas Fleisch schnitt. Wenig später hielt er ein blutiges Neugeborenes in seinen Händen. Es war ein Junge. Er schlug es sanft auf den Hintern, und es tat seinen ersten hastigen Atemzug und begann zu schreien. Die meisten Männer lächelten und applaudierten, doch in ihren Augen las ich Angst. Mein Vater wandte sich mir zu und fragte mich, ob ich das Baby halten könne. Ich weigerte mich. Doch ich wählte einen Namen für das Kind aus.
»Wir sollten ihn Yaksha nennen«, schlug ich vor. »Denn er hat das Herz eines Yakshini.«
Es blieb bei diesem Namen. Die meisten hielten ihn für ein schlechtes Omen, aber selbst in den düsteren Träumen ahnte keiner von ihnen, als wie richtig sich der Name erweisen würde. Doch von diesem Zeitpunkt an verschwand die Seuche aus unserem Dorf und kehrte nie zurück.
Mein Vater gab Yaksha meiner Tante, die ihn aufziehen sollte. Sie war kinderlos, wünschte sich aber seit langem ein Baby. Eine einfache, liebenswerte Frau, die das Kind behandelte, als wäre es ihr eigenes – und ein menschliches Wesen, das die Liebe einer Mutter brauchte. Ob das Kind ihr diese Liebe zurückgab, weiß ich nicht. Aber es war ein schönes Baby, mit dunklen Haaren und hellblauen Augen.
Die Zeit verging, wie

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