Der blonde Vampir
Angel jedenfalls. Ich muß mit Ray sprechen, und es muß jetzt sofort sein.« Ich sehe sie an. »Versuch bitte nicht, mich aufzuhalten. Das wäre keine gute Idee.«
Sie duckt sich unter meinem Blick. Ich trete noch einen Schritt vor, um meinen Einfluß auf sie zu verstärken, aber das ist gar nicht nötig. Ich höre, wie Ray oben aus seinem Bett steigt. Ich warte ein paar Sekunden, dann rufe ich seinen Namen.
»Ray!« sage ich. Seine Schritte werden schneller, was auch Pat nicht entgeht.
»Er gehört zu mir«, murmelt sie, während wir auf Ray warten. Sie ist traurig, hat das Gefühl, schon verloren zu haben. Instinktiv weiß sie, daß von mir eine Kraft ausgeht, die ihr fehlt, und daß diese Kraft nicht nur meine Schönheit ist. Ihre Liebe für Ray ist tief und echt, das erkenne ich. Ein seltenes Gefühl für ein Mädchen ihres Alters.
»Gib die Hoffnung nicht auf«, sage ich und meine es ernst.
Ray erscheint. Er trägt nur Shorts, kein Hemd oder T-Shirt. »Was ist los?« will er wissen.
»Jede Menge. Ich muß mit dir reden, allein.« Ich sehe zu Pat hinüber. »Wenn du nichts dagegen hast.«
Ihre Augen sind feucht, und sie senkt den Kopf. »Dann kann ich ja gehen«, murmelt sie.
Ray legt eine Hand auf ihre Schulter. »Nein.« Er sieht mich scharf an, und ich weiß, daß ich vorsichtig sein muß. »Sag mir, was los ist.«
»Es hängt mit deinem Vater zusammen.«
Er wirkt besorgt. »Was ist es?«
Doch ich bleibe hartnäckig. »Ich kann es nur dir allein sagen. Es tut mir leid, Pat«, füge ich hinzu.
Ray streichelt über ihren Rücken. »Geh schon nach oben ins Bett. Ich bin in ein paar Minuten bei dir.«
Pat schüttelt den Kopf und sieht mich noch einmal an, bevor sie geht. »Das glaube ich nicht.«
Als wir allein sind, fordert Ray mich auf, ihm mein merkwürdiges Verhalten zu erklären. »Du hast mir versprochen, daß du Pat nicht verletzen würdest«, sagt er.
»Ich konnte nicht anders, ich mußte dich sprechen. Denn ich bin nicht ganz ehrlich zu dir gewesen, Ray. Aber wahrscheinlich hast du das ohnehin vermutet.«
»Ja. Du hast die Datei im Computer meines Vaters manipuliert.«
»Woher weißt du das?«
»Als ich den Computer eingeschaltet habe, fiel mir gleich die Menge der Unterlagen auf. Es war eine sehr umfangreiche Akte. Als ich die Datei zum zweitenmal öffnete, war das meiste davon gelöscht.«
Ich nickte. »Es waren Informationen über mich. Dein Vater hat mich observiert. Jemand hat ihn dazu beauftragt, wahrscheinlich ein Mann. Dieser Mann ist gefährlich. Heute abend hat er mir einige Leute auf den Hals gehetzt. Ich habe es geschafft, sie abzuschütteln. Möglicherweise hält er sich als nächstes an dich.«
»Wieso an mich?«
»Weil er denkt, daß du mein Freund bist. Ich glaube, daß er mich den ganzen Tag und die ganze Nacht beobachtet hat. Und obwohl dieser Mann deinen Vater engagiert hat, haben die beiden sich nicht eben als gute Freunde getrennt.«
»Woher weißt du das?«
»Die Leute, die mich heute abend holen sollten, haben es mir erzählt.«
»Was meinst du damit – dich holen? Waren sie etwa bewaffnet?«
»Ja.«
»Wie bist du ihnen dann entkommen?«
»Sie haben einen Fehler gemacht, und ich habe meine Chance genutzt. Aber ich kann dir die Einzelheiten jetzt nicht erklären. Wichtig ist allein, daß du jetzt mit mir kommst.«
»Ich werde nirgendwo hingehen, solange du mir nicht sagst, wo mein Vater ist.«
»Das kann ich nicht.«
»Weil du es nicht weißt?«
Ich zögere. Es ist nicht leicht, die zu belügen, die man liebt. »Nein.«
Ray bleibt mißtrauisch. Sein Gespür für die Wahrheit und damit auch für Lügen ist unglaublich ausgeprägt. »Glaubst du, daß mein Vater in Gefahr schwebt?« will er wissen.
»Ja.«
Er hört, daß ich diesmal die Wahrheit sage. »Dann sollten wir die Polizei rufen.«
»Nein!« Ich packe ihn am Arm. »Die Polizei kann uns nicht helfen. Du mußt mit mir kommen! Vertrau mir, Ray! Ich kann dir mehr sagen, sobald wir bei mir zu Hause sind.«
»Was kannst du bei dir zu Hause tun, was hier nicht auch geht?«
»Du wirst schon sehen«, sage ich.
Ray läßt sich dazu überreden, mich zu begleiten. Er geht nach oben, um sich von Pat zu verabschieden. Ich höre, daß sie weint, und hoffe, daß sie jetzt all ihre Tränen vergießt. Sollte sie in den nächsten Tagen weinen, könnte das Ray in noch größere Gefahr bringen.
Während ich warte, behalte ich die Straße im Auge. Mir fällt nichts Besonderes auf, doch ich spüre, daß jemand mich ansieht, jemand, der so mächtig
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