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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Unheimliche Farben tanzten darin, und eine noch unheimlichere Mischung beißender chemischer Gerüche erfüllte die Luft.
    Eingeschüchtert wagte Rainfarn nicht, weiter Einspruch zu erheben, und eilte dem Ausgang zu. Anton Nieswurz schritt rückwärts aus dem Raum, damit er die hochschlagende Feuersbrunst beobachten konnte, die langen Arme ausgestreckt, als dirigierte er ein Orchester. »Alt und faul und falsch«, murmelte er vor sich hin. Er drehte sich zu Theo um und zog sein humorloses, starres Grinsen. »Das alles wird tagelang brennen. Man wird das Feuer bei Nacht auf den Bergen von Erle sehen können.«
    Mein Gott, er ist wirklich verrückt. Ein Psychotiker. Theo war am Ende – was er am meisten gefürchtet hatte, war eingetreten. Es gelang ihm, die Finger einer gefesselten Hand ein Stück weit in seine Tasche zu schieben und das Telefon herauszuziehen, das Poppi ihm gegeben hatte. Als seine Wächter sich umdrehten, um ihn zur Tür hinauszuschleifen, ließ er es auf den Boden fallen und beförderte es mit einem Tritt in den nächsten Haufen schwelenden Plunders; eine größere Erleichterung, schien es ihm, würde er vermutlich erst dann empfinden, wenn er diesen Leuten irgendwann in den Tod entrann. Wenigstens konnten sie jetzt das Telefon nicht bei ihm finden, das sie geradewegs zu Poppi geführt hätte. Das war immerhin etwas.
     
    O bwohl die Beleuchtung immer noch schlecht war, machte der Gang auf dem Weg hinaus einen vielen normaleren Eindruck als vorher auf dem Weg hinein. Eine kleine, vierschrötige Gestalt, ein Brownie mit Kraushaaren und einer Augenklappe, saß mit einem aufgeklappten Spiegelkasten auf dem Schoß am Ausgang. Bei ihrem Kommen blickte er auf. »Irgendwas ist schiefgegangen, Herr«, sagte er. »Die wissenschaftliche Schutzhülle ist ganz birnenförmig geworden. Die Gegenmaßnahmen werden noch unterdrückt, aber ich weiß nicht, wie lange ich …«
    »Ich lasse das ganze Gebäude niederbrennen, Malmer«, unterbrach ihn Anton Nieswurz. »Du mußt dich nicht mehr darum kümmern. Willst du dableiben und dir anschauen, was geschieht, wenn einige der alten Nester im Boden und in den Wänden Feuer fangen?«
    Der Brownie wurde blaß und sprang hastig auf. Eines seiner Beine war kürzer als das andere, und er trug einen großen orthopädischen Stiefel. »Beim Brunnen, da drin gibt es hochaktive pyromantische Einlagerungen! Es wird brennen wie die Sonne!«
    Der junge Nieswurz nickte. »Bis alles rauchend in den Ys stürzt.« Er überließ es den Wachen, die Ausgangstür des Lagerhauses zu öffnen, dann spähte er hinaus und marschierte in strammer militärischer Haltung los, Theo und Wuschel im Schlepptau, als ob sie Rollkoffer wären. Theo hätte vor Schmerzen in den Armen am liebsten geschrien, doch er schaffte es, sich tiefer in sich selbst zurückzuziehen, an einen Ort, der taub und fern genug war, daß der Schmerz ihn zwar erreichte, aber nicht übermannte.
    Zwei klotzige mattschwarze Geländekutschen warteten auf der Straße mit laufenden Motoren, die leise, aber so tief brummten, daß Theo es in den Knochen spürte. Es handelte sich offenbar um gepanzerte Mannschaftswagen, auch wenn sie stromlinienförmig waren und wie Luxuslimousinen glänzten, und die nach außen gewölbten dunklen Scheiben glichen blinden Augen. Eine Gruppe von Leuten hatte sich um die Kutschen versammelt, hauptsächlich Frauen und Kinder, die mit ihrer blaßblauen Haut mehr wie Ertrunkene als wie Lebende aussahen, doch als die Wachen herauskamen, trollten sich die Neugierigen und verschwanden auf der Hauptstraße der Mole. Nur ein paar Abdrücke schwimmhäutiger Hände auf dem blanken Metall der Kutschen blieben zurück.
    »Elende Nixen«, sagte Nieswurz. »Tatschen Sachen an, die ihnen nicht gehören. Die werden noch schauen, wenn dieses ganze elende Viertel in Rauch und Lavablasen aufgeht.« Wuschel und Theo wurden auf den Boden einer Kutsche geworfen, und Nieswurz stieg hinter ihnen dazu. Im Inneren konnte ein halbes Dutzend Leute bequem sitzen, und über den Sitzplätzen gab es Ablagen für Gepäck – beziehungsweise wohl eher für Automatikwaffen. Rainfarn, der Brownie und zwei der Wachen gesellten sich zu dem Nieswurzsprößling und verteilten sich auf die Sitze. Durch die offene Hecktür der Kutsche sah Theo gerade noch, wie die übrigen Schutzleute in das andere Fahrzeug stiegen, wobei sie einem ihrer Kameraden helfen mußten, der anscheinend zuviel Rauchgas eingeatmet hatte; dann schlug jemand die Tür

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