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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ziemlich überlaufen sein, was uns gut zupaß kommt. Übermorgen ist Mabon«, fügte er mit Blick auf Theo erklärend hinzu. »Die Züge werden sehr voll sein.«
    »Elfenzüge«, sagte Theo, der diese Vorstellung immer noch gewöhnungsbedürftig fand, obwohl er gerade in einer Elfenlimousine fuhr. »Und was in aller Welt ist ein Mabon?«
    »Anhalten!« rief Apfelgriebs plötzlich. »Schnell!«
    »Was?« Rufinus runzelte die Stirn. »Du hast doch gehört, was ich gesagt habe – Onkel Quillius wünscht, daß wir weiterfahren bis …«
    »Anhalten!«
    »Warum?« fragte Theo, den schon wieder die Panik beschlich. »Was ist los?«
    »Weil ich mich gleich übergeben muß, darum!« stöhnte Apfelgriebs und erbrachte sogleich den Beweis.
    Während Rufinus hastig das Fenster aufmachte und mit der Hand Luft hineinwedelte, um den schwachen, aber stechenden Geruch zu vertreiben, wischte Apfelgriebs sich mit dem Arm den Mund ab und betrachtete die kleine Bescherung, die sie auf der Schulter von Theos Jacke hinterlassen hatte.
    »Entschuldige«, sagte sie mißmutig. »Das waren diese verdammten Beeren.«
    Theo seufzte und versuchte, woanders hinzuschauen. Er saß in einem Auto, das von einem grünen Pferdemann ohne Augen gefahren wurde, war besudelt von kaltem Regen und Feenkotze und sollte demnächst von seiner einzigen Freundin verlassen werden, um mit einem Begleiter wie aus einem Monty-Python-Sketch in eine unbekannte Stadt weiterzufahren. Er überlegte, ob man den Begriff »Elfenmärchen« auf eine derartige Situation ausdehnen konnte, ohne ihn zu sprengen. Er sah keine Möglichkeit.
    »Ja, schon gut«, meinte er zu Apfelgriebs. »An manchen Tagen geht einfach alles schief.«

 
14
Der Schattenhofer Bahnhof
     
     
    D u solltest dankbar sein, daß du nichts Feines anhattest«, sagte Rufinus ernst, während Theo mit dem regennassen Taschentuch die letzten Spuren des Fleckes wegwischte, den Apfelgriebs gemacht hatte. Der Elf runzelte die Stirn. »Wenn so etwas mit einem meiner Anzüge von Akanthus passieren würde, könnte ich zum Tier werden.« Das Taschentuch gehörte dem Chauffeur Heider – allein bei dem Gedanken, sein eigenes zu einem solchen Zweck zur Verfügung zu stellen, hatte es Rainfarns jungen Verwandten geschaudert.
    »Dankbar. Klar.« Theo war zumute, als hinge er an den Fingernägeln über einem bodenlosen Abgrund der Verzweiflung.
    »Das war keine Absicht«, suchte sich Apfelgriebs zu rechtfertigen. »Ich hab doch gesagt, ihr sollt anhalten, nicht?«
    Rufinus hielt den Mund an den Schlitz zwischen Fensterkante und Türrahmen und sog frische Luft ein, als wäre er in einem Kohlenschacht gefangen, in den tödliches Gas einströmte. »Ja, irgendwie«, versetzte er bissig. »Aber du hättest dich ein bißchen deutlicher ausdrücken können.«
    Theo hatte ihr Gezanke so satt und war so niedergeschlagen, daß er am liebsten geschrien hätte. Statt dessen fragte er: »Wo sind wir jetzt?«
    Sie fuhren gerade durch eine Wohngegend, die einen beinahe vorstädtischen Eindruck machte, obwohl sie anders aussah als die Orte, an denen Theo aufgewachsen war und den größten Teil seines Lebens verbracht hatte. Es gab keine Bürgersteige, und die Straßen waren nicht nur nicht gerade, nein, sie waren offensichtlich vorsätzlich krumm gebaut worden, als ob rechte Winkel bei den verantwortlichen Stadtplanern die gleiche Reaktion auslösten wie zu viele angegorene Beeren bei Apfelgriebs. Die Häuser waren dem Anschein nach klein – die meisten standen gut versteckt zwischen Gruppen dicht belaubter Bäume –, doch Rainfarns Herrenhaus hatte Theo gelehrt, daß man dem ersten Eindruck nicht trauen durfte. Die Wohngebäude, die er sehen konnte, waren in allen erdenklichen Farben und Mustern gestrichen, und ihre Formenvielfalt war weitaus größer, als Theo es gewohnt war: Es gab nicht nur Kästen, sondern auch Zylinder, Kugeln und kompliziertere Formen, die er nicht recht einordnen konnte und die in einem Falle, dem einer auf der Spitze balancierenden umgekehrten Pyramide, sogar den Gesetzen der Schwerkraft widersprachen.
    »Das ist Schattenhof«, erklärte Heider. »Es hat sich mit der Zeit um die Bahnstation herum gebildet. Eine Pendlersiedlung muß man es wohl nennen. Viele Leute, die hier ein Haus haben, arbeiten in der Stadt, obwohl es eine lange Fahrt ist. Die meisten kommen nur am Wochenende nach Hause.«
    Die Vorstellung von Elfen, die in Pendlersiedlungen lebten, erschien Theo absurd, aber ein stichhaltiger Grund, warum

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