Der Blut-Mythos
Sache.
»Wenn ich ehrlich sein soll, dann kommst du mir vor, als hätte dir das alles großen Spaß bereitet. Das scheint auch nicht neu für dich zu sein.«
Lachend fragte sie: »Was meinst du mit nicht neu?«
»Daß schon einige dieser Zeitreisen hinter dir liegen und du damit voll und ganz auf Chronos setzt.«
Ihr Gesicht verschloß sich. »Meinst du, daß ich auf seiner Seite stehe?«
»Stimmt das denn nicht?«
»Doch, John. Ich kann ihn sogar gut verstehen. Er ist ein Mythos. Er will nur seine Ruhe haben, aber die läßt man ihm nicht. Man ist ihm auf den Fersen. Man jagt ihn. Dafür trägt einzig und allein eine Person die Verantwortung.«
»Dracula II!«
»So ist es. Er will Chronos vernichten, weil er denkt, daß ihm dieser gefährlich werden kann. Aber das denkt er nicht nur, das ist auch so, wie wir selbst gesehen haben.«
Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Marita. Ich weiß nicht, was du gesehen hast, aber mir ist Dracula II nicht aufgefallen, und ich kenne ihn verdammt gut.«
»Das weiß Chronos ja. Deshalb wollte er dich auch bitten, ihn zu beschützen.«
»Hat er denn vergessen, daß er selbst ein Vampir ist und daher zu meinen Todfeinden zählt?«
»Hat er nicht, John. Er hofft nur auf dein Verständnis. Dracula II ist ein Schandfleck. Er will alles unterjochen, er ist viel schlimmer als alle anderen.«
»Das hört sich für mich an, als würdest du ihn kennen, Marita.«
»Ja, ich kenne ihn.«
»Hast du ihn gesehen?«
Ihre Züge verhärteten sich. Auch die entspannte Haltung gab sie auf. Trat mit dem Fuß auf den Boden und ballte die Hände. »Ich habe ihn gesehen. Aber nur einmal. Es war grauenhaft. Er kam in der Nacht, und er segelte als Schatten herbei. Mehr habe ich nicht gesehen, denn Chronos rettete uns.«
»Uns?« wiederholte ich. »Das hört sich an, als würdest du ihn schon länger kennen.«
»Ja, das stimmt.«
»Wie lange?«
Sie lächelte wieder. »Einige Zeit, John, das muß dir als Antwort genügen.«
Marita war ein kleines Luder, das nicht alles preisgab, was es wußte. Aber ich regte mich darüber nicht auf und hakte auch nicht nach, sondern hob nur die Schultern. »Wenn du nicht willst, werde ich dich auch nicht zwingen.«
»Wozu denn zwingen?«
»Alles zu sagen, was du weißt.«
Sie rutschte von ihrem Sitzplatz und war wieder fröhlich. »Du wirst noch von selbst darauf kommen.«
»Das hoffe ich. Dennoch würde ich gern mehr über meine jetzige Situation erfahren. Hier ist es zwar wunderschön, und die Luft ist so rein wie selten, aber ich weiß leider nicht, wo ich dieses herrliche Gebiet suchen soll. Es ist zudem auch eine Frage der Zeit. Bin ich noch in meiner Zeit, oder hat man mich bereits in eine andere geschafft?«
»Ich kann es dir nicht genau sagen.« Die Antwort hörte sich etwas unsicher an. Bevor ich noch nachfragen konnte, sprach sie weiter. »Es kann sein, daß wir uns auf einer Insel befinden.«
»Sehr schön, Marita, aber davon gibt es verdammt viele.«
»Nur eine bestimmte.«
»Wenn du das sagst. Aber hat diese Insel vielleicht auch einen Namen?« wollte ich wissen.
Sie hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Chronos hat mich schon immer an einsame Orte geschafft. Eben auch auf einsame Inseln. Er kennt sich aus, nicht ich.«
»Aber Sicherheit gibt uns das auch nicht.«
»Nein!« gab sie zu. »Dracula II kann uns überall finden, wenn er will. Er ist so mächtig geworden. Selbst Chronos muß vor ihm die Flucht ergreifen.«
»Chronos«, sagte ich. »Immer wieder Chronos. Weißt du eigentlich, woher er stammt?«
Marita hob die Schultern. »Er muß tief in der Vergangenheit geboren worden sein. Für ihn ist es auch wichtig, daß er die Kraft von einem mächtigen Gott erhalten hat. So denke ich, aber das muß nicht stimmen. Seine wichtigste Waffe ist die Uhr. Bisher hat er immer fliehen können, aber er weiß auch, daß es nicht so weitergeht, deshalb hat er dich als seinen Leibwächter holen lassen.«
»Na, da freue ich mich aber«, erklärte ich sarkastisch.
Marita kam auf mich zu. Plötzlich schmiegte sie sich an mich. »Zieh doch nicht so ein Gesicht. Hier ist es doch wunderbar. Und es macht nichts, wo wir uns befinden. Ob im Land oder auf einer Insel, wir werden schon zurechtkommen.«
»Ohne Chronos?«
»Auch auf ihn werden wir treffen, John. Er wird sich uns zeigen, wenn er es für richtig hält. Ansonsten bleiben wir zusammen und schauen uns die Umgebung an.«
Ich grinste schief. »Etwas anderes wird mir wohl nicht
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