Der Blutfluch: Roman (German Edition)
Sizma zu sich kam. Sie rekelte sich ausgiebig, ehe sie aus dem Leinen auftauchte, das Haar wirr, die Schultern bloß. Widerwillig musste er eingestehen, dass der Anblick die Sinne eines Mannes gefährlich in Wallung bringen konnte. Mit dem Lockenwust, der goldfarbenen Haut und den von Küssen gezeichneten Lippen glich sie einem Traum von Lust und Zügellosigkeit. Er musste nicht lange fragen, weshalb Wolf seit Tagen seine Freunde ebenso wie das Waffentraining vernachlässigte.
Ihre Augen begegneten sich. Sein feindseliger Blick wurde nur noch von dem Sizmas übertroffen. Sie hassten sich von ganzem Herzen. Rupert Sizma, weil er sie für eine Schlampe hielt, Sizma Rupert, weil sie ihm die Schuld an den Ereignissen gab.
»Er soll uns in Ruhe lassen«, wandte sie sich an Wolf und zog das Laken höher. »Schick ihn raus hier.«
»Still!«, gebot Wolf knapp und griff nach seinen Kleidern. »Meine Fragen, Rupert.«
»Ich muss mit dir reden. Noch weiß Berthold nichts von deiner Affäre hier. Er ist viel zu beschäftigt, sich dem Löwen angenehm zu machen. Doch Kuno von Vohburg – er hat es nicht nur mir gesteckt, er verbreitet im ganzen Lager, dass dich eine kleine schwarzhaarige Teufelin in den Klauen hat und dass du deine Tage in einer Kaschemme verbringst, in der nur Tagediebe verkehren. Du musst ihm das Maul stopfen.«
»Kuno. Was soll’s? Von ihm ist nichts anderes zu erwarten. Sein Neid ist unangebracht. Hübschlerinnen nach seinem Geschmack müssen einen Sinn für seine abartigen Wünsche haben.«
Sosehr Rupert Wolf dafür bewunderte, in jeder Situation gelassen zu bleiben, in dieser Sache hielt er es für Schwachsinn. Er sprang wieder von der Bank auf. »Mach dir verdammt noch mal klar, dass du dich mit einer von Bertholds Geiseln vergnügst. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er es herausfindet.«
»Reg dich ab, er weiß es längst«, entgegnete Wolf grinsend. »Nachdem die Rothaarige ihm entkommen war, habe ich mich angeboten, die Schwarzhaarige in meine Obhut zu nehmen. Er war ganz erleichtert. Nachdem die eine weg war, war er auch an der anderen nicht mehr interessiert. Du kennst ihn doch. Fehlgeschlagene Pläne vergisst er schneller, als sie entwickelt wurden.«
Welche Dreistigkeit!
»Berthold hält das wohl auch noch für einen Freundschaftsdienst, den er dir hoch anrechnet.«
»Tja, manchmal meint es das Leben richtig gut mit einem aufrechten Mann, Rupert.«
Wolf brach in schallendes Gelächter aus.
»Aliza ist entwischt? Weiß Gott, was sie vorhat!« Sizma schoss mit einem Satz aus dem Bett.
Mit ausgestreckter Hand gebot ihr Rupert Einhalt.
»Zieh dich an. Hol Wein und Essen, und nimm das Zeug hier mit. Ausnahmsweise brauchst du dich nicht zu beeilen.«
Wolfs Tonfall war Rupert vom Waffentraining vertraut. Nicht einmal die rüdesten Kriegsknechte wagten zu widersprechen, wenn er ihn anschlug. Sizma schon.
»Ich will wissen, was los ist«, begehrte sie leidenschaftlich auf. »Wer muss dieses Mal für sie den Kopf hinhalten? Unsere Mutter?«
War sie tatsächlich zu Mitgefühl fähig?, staunte Rupert. Sie war doch sonst nur sich selbst die Nächste?
»Wie üblich redest du Unsinn. Niemand muss den Kopf hinhalten, aber du gehst jetzt endlich los. Ich sterbe vor Hunger, während du abergläubisches Zeug faselst. Verschwinde.«
»Ich will …«
Mit einem Sprung war Wolf bei ihr. Die Hände locker um Sizmas Hals gelegt, die Daumen mit leichtem Druck zu beiden Seiten, bedachte er die Aufmüpfige mit einem stahlharten Blick. Nur ihr Keuchen war zu vernehmen. Die Finger in seine Handgelenke gekrallt, achtete sie nicht einmal darauf, dass ihr das Laken wegrutschte und sie nackt war.
»Tu, was man dir sagt.«
Wolf stieß sie von sich. Sie prallte hart zu Boden, gab jedoch keinen Laut von sich. Es war weniger die Grobheit, die Rupert berührte, als der Blickwechsel zwischen Wolf und Sizma. Er verriet ein stummes Einverständnis, das ihn beunruhigte. Er trat ans Fenster, während Sizma sich anzog und gehorchte. Die Tür schlug hinter ihr zu.
»Erstaunlich. Sie gehorcht. Ich hätte erwartet, dass sie dir die Augen auskratzt«, sagte er, sich wieder umwendend.
Wolf befestigte gelassen seine Beinkleider und stieg in die Stiefel.
»Warum sollte sie? Wir haben beide, was wir wollen. Sie die Seidenbänder, Stoffe und das ganze andere Weiberzeug, von dem sie nicht genug kriegen kann. Ich meine unterhaltsamen Nächte. Jeder ist zufrieden.«
»Und das gefällt dir?«
Wolf lachte.
»Sie ist
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