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Der Blutkristall

Titel: Der Blutkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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einem anderen Kontext passiert das nicht so schnell.»
    Vivianne sah skeptisch auf sein gruftiges Styling. «Was du da trägst, ist aber weder brandneu noch besonders unauffällig. Was willst du machen? Beerdigungen ausstatten?»
    «Keine schlechte Idee! Ich weiß noch nicht. Vielleicht werde ich auch Gärtner.»
    «Dürfte schwierig werden, bei deinen Arbeitszeiten.»
    «Ah, aber ich habe einen grünen Daumen», lachte Cyron und steckte sich gedankenverloren einen Keks in den Mund. Er winkte dem Kellner, der ihm umgehend einen weiteren Cappuccino servierte. «Möchtest du auch noch etwas?» Vivianne schüttelte automatisch den Kopf und der Kellner verschwand. Erst jetzt erinnerte sie sich, dass Cyron seine Tasse komplett ausgetrunken hatte. Fasziniert starrte sie ihn an und erwartete jeden Augenblick die ersten Anzeichen von Übelkeit oder doch mindestens einen Hustenanfall. Sie hatte noch nie einen Vampir essen sehen. Selbst ihre Brüder nahmen ausnahmslos Flüssiges zu sich. Cremiger Milchschaum gehörte gewiss nicht dazu. Wasser war kein großes Problem, sogar Champagner hatte sie selbst schon probiert. Den Alkohol spürte sie kaum, aber das feine Perlen auf der Zunge war eine willkommene Abwechslung zu ihrer ansonsten sehr einseitigen Diät. Viviannes Neugier wurde schließlich so übermächtig, dass sie ihre gute Erziehung vergaß und herausplatzte: «Wie machst du das?»
    Cyron rührte in seiner Tasse. «Du weißt es wirklich nicht, oder?»
    «Ich hatte bis vor wenigen Minuten nicht den geringsten Zweifel, dass du ein Dunkelelf bist wie ...» Sie machte eine vage Handbewegung. Beinahe hätte sie sich verplappert. «Im Gegensatz zu Morgan.» Das war es eigentlich nicht, was Vivianne hatte sagen wollen. Sie zeigte auf den Keks in seiner Hand. «Du isst!»
    «Höre ich da etwa einen sehnsüchtigen Unterton?»
    «Unfug! Also, was bist du?» Sie nahm sich zusammen.
    «Elf ist schon richtig. Ich hoffe, du bist nicht zu geschockt, wenn ich dir sage, dass wir verwandt sind.»
    «Wie … wieso verwandt?», fragte sie, dann ging ihr ein Licht auf. «Was?»
    «Nicht so laut!» Cyron wirkte trotz dieser Warnung nicht so, als ob ihn die anderen Gäste in diesem Café besonders kümmerten. Es war ihm gleich, ob sie etwas von ihrem Gespräch mitbekamen oder nicht.
    Vivianne senkte ihre Stimme trotzdem, bis kein Sterblicher sie mehr verstehen konnte. «Du bist ein Lichtelf? Aber ich dachte ...» Feentöchter, die Nachkommen weiblicher Lichtelfen, waren ihr nicht unbekannt, doch bisher hatte sie wenig über deren männliche Verwandte gehört. Außerhalb des Feenreichs, so hatte sie bisher angenommen, lebte kein Lichtelf.
    «Überraschung.» Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    «So habe ich das nicht gemeint. Es ist nur ... Ich habe noch nie von einem Lichtelf in dieser Welt gehört.»
    Cyron sah in die Ferne und schwieg. Als sie schon nicht mehr damit rechnete, antwortete er doch: «Ich lebe gern unter den Sterblichen.»
    Dafür hatte Vivianne Verständnis. «Aber ausgerechnet als Barmann?»
    «Warum nicht? Ein Beruf ist so wertvoll wie der andere, wenn man ihn mag.» Cyron tippte ihr auf die Nasenspitze. «Du bist ein kleiner Snob, weißt du das? Keine sehr nette Eigenschaft für jemanden aus gutem Hause.»
    Panik wallte in ihr auf. Hatte sie ihm etwa irgendwann versehentlich ihre wahre Herkunft verraten oder verfügte er womöglich sogar über die Fähigkeit, ihre wohlgehüteten Gedanken zu erraten? Sie wusste so gut wie nichts über die männlichen Lichtelfen und befand sich auf unbekanntem Terrain. Einen von ihnen in der Welt der Sterblichen zu treffen war vermutlich ebenso wahrscheinlich, wie einer ungebundenen geborenen Vampirin zu begegnen.
    «Keine Sorge, dein Geheimnis ist bei mir sicher.»
    Oh, Himmel! Er weiß es. Vivianne begann zu zittern. Cyron berührte ihren Handrücken mit seinen Fingerspitzen, sofort wurde sie ruhiger. Er hatte diese Wirkung auf sie, wahrscheinlich eine seiner lichten Gaben.
    «So ist es», bestätigte er ihre Überlegungen.
    Ihr fielen unglaublich viele Dinge ein, die sie ihn fragen wollte. Warum half er ihr und warum lebte ein Elf unerkannt unter Sterblichen. Sie stellte die erste Frage, die ihr in den Sinn kam: «Wie reagieren Vampire, wenn sie herausfinden, was du bist?»
    «Die meisten wollen mich töten.»
    Vivianne schämte sich dafür, aber sie war auch erleichtert, denn unter diesen Bedingungen würde Cyron sie gewiss nicht verraten. Ob Morgan wusste,

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