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Der Blutkristall

Titel: Der Blutkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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ihn am liebsten angesprungen und hätte Morgan nicht den Druck seiner Hand ein klein wenig verstärkt, ihre Antwort wäre weniger freundlich ausgefallen. «Ich sehe mich nach einer neuen Residenz um», sagte sie kühl und war ihrem Begleiter dankbar für seine Unterstützung. «Meine Entscheidung ist noch nicht gefallen.»
    Der Statthalter ignorierte ihren Einwurf, stattdessen warf er Morgan einen abschätzenden Blick zu, bevor er sie weiter befragte: «Wissen deine Paten, welchen Umgang du neuerdings pflegst, oder ist ihnen das inzwischen egal?» Seine Augen wurden schmal. «Vermutlich haben sie keine Ahnung, nicht wahr? Aber wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf, dann haben sie mit ihren Feen ohnehin alle Hände voll zu tun.» Das Wort «Fee» spuckte er aus wie eine widerliche Medizin. Vivianne war an Beleidigungen, die ihr selbst galten, gewöhnt, doch sie vertrug es nicht gut, wenn jemand ihre Familie angriff. Unwillkürlich verlangsamte sich ihr Herzschlag und alles in ihr begann sich auf den kommenden Kampf vorzubereiten, da hörte sie Morgan lautlos sagen: Lass dich nicht auf einen Streit ein, er will dich nur testen . Sofort entspannte sie sich. Natürlich hatte er recht. Schon ganz andere hatten versucht, sie zu provozieren. Konzentration! , dachte sie und ging über Milovans Unverschämtheiten hinweg. Sie zwang sich zu einem Lächeln, straffte die Schultern und säuselte: «Verehrter Statthalter, habe ich die Genehmigung, mich im Distrikt Berlin aufzuhalten?» Nur wer ganz genau hinhörte, konnte eine Spur der Abneigung heraushören, die sie gegen diesen widerlichen Vampir und seine Leute gefasst hatte.
    Der Statthalter schien nichts davon zu bemerken. «Aber natürlich, mein Kind!»
    Der Vampir neben ihm war aufmerksamer. Er sah sie scharf an, bevor er dem Zeichen seines Herrn gehorchte und näherkam. «Dies ist mein Assistent Carl, er wird dir helfen, falls du neue Papiere benötigst.»
    Vivianne hätte schwören können, dass dieser Carl es war, bei dem die Fäden der Macht in diesem Haushalt zusammenliefen. Vor ihm musste man sich hüten. «Vielen Dank, ich ...»
    Der Statthalter ließ sich offenbar nicht gerne unterbrechen und fiel ihr gereizt ins Wort: «Und weil ich so ein großes Herz habe, wirst du vorläufig bei mir residieren. Schließlich können wir nicht erlauben, dass dir in meinem Distrikt noch etwas passiert, nicht wahr?» Er sah Morgan an. «Dein Freund mag ebenfalls hier bleiben oder verschwinden – ganz wie es ihm beliebt.» Sein Finger bewegte sich suchend über den mit Blut gefüllten Gläsern, bis er sich schließlich für eines entschieden hatte und es an die Lippen setzte. Er schlürfte vernehmbar und bewegte das Blut in seinem Mund, als verkoste er einen wertvollen Wein, anschließend schmatzte er zufrieden. «Sehr gut, das kommt heute auf den Tisch.» Er sah auf. «Ich erwarte euch später zum Empfang. Ihr könnt jetzt gehen!»
    Vivianne wollte auf dem Absatz kehrt machen, aber Morgan zwang sie, sich mit ihm zusammen rückwärts aus dem Saal zu entfernen. Sie kam sich dämlich vor und hatte zudem die ganze Zeit Angst, gegen irgendetwas zu stoßen, aber ihr Begleiter bewies in dieser Form des höfischen Rückzugs außerordentliches Geschick und endlich schlossen sich die großen Flügeltüren vor ihnen.
    Vivianne fuhr herum. «Was war das denn?»
    Still! Er hätte beim Anblick ihrer ärgerlichen Miene beinahe gelächelt. Ich erkläre es dir später. Und als sie noch zögerte: Versprochen!
    Ein Räuspern brachte sie schließlich in die Gegenwart zurück. «Wenn Sie mir bitte folgen möchten?»
    Als die Tür ihres Zimmers endlich hinter ihnen ins Schloss gefallen war, erinnerte sich Vivianne nur noch an Treppen und endlose unterirdische Gänge. «Wo sind wir hier?»
    «In einem der Gästehäuser am See. Immerhin weiß Milovan, was er deiner Herkunft schuldig ist.» Zur Erklärung fügte er hinzu: «Die meisten Zimmer liegen unter der Villa, dies sind die Apartments für besondere Gäste.»
    «Klingt doch nett.»
    Das wird man noch sehen. Bleib bitte für einen Augenblick, wo du bist. Während er die Räume durchsuchte, blieb von Morgan nur ein Schatten. Er kehrte mit einer Hand voller Kabel zurück, stand ganz nahe bei Vivianne und schob ihr Haar beiseite. Sein Atem streichelte ihren Hals. Küss mich!
    Sie zögerte. Bitte! , seine Stimme klang weniger sehnsüchtig als drängend. Und als sich ihre Lippen berührten, wusste sie plötzlich, dass über dem Eingang und auch im

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