Der Blutmond
Textnachricht geschickt. Mimma öffnete sie und las den Inhalt, Wort für Wort.
Die letzte Nacht mit dir war unbeschreiblich schön
An meinen sehnsüchtigen Lippen klebt noch immer dein süßer Geschmack
Ich vermisse dich und kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen!
Immer und immer wieder las sie die Worte und grinste dabei über beide Ohren, wie ein verknallter Teenager. Seit Langem hatte sie etwas in ihrem Leben gefunden, was sie glücklich machte. Und dazu hatte sie erst sterben und als Vampir wiedergeboren werden müssen.
Nichts leichter als das!
Voller Freude schnappte sie sich eines der bauschigen Kopfkissen, umarmte es und presste es sich auf ihr Gesicht, so als ob sie ihre Wange an Ravens Brust schmiegen würde.
Während sie sich vergnügt in ihrem Bett wälzte, hatte sie nicht bemerkt, wie jemand unaufgefordert in ihr Zimmer gekommen war und sich bereits ihrem Bett genähert hatte. Erst als Mimma ein leises Kichern hörte, erschrak sie, richtete sich in den zerwühlten Laken wieder auf und warf dem ungebetenen Gast ein Kissen entgegen, als sie in Sekundenbruchteilen sah, wer vor ihr stand.
"Hey, nicht so doll!", lachte Flora auf und war der Kissenattacke blitzschnell ausgewichen. Mimma schnaubte eingeschnappt.
"Dieses rechteckige, wuchtige Stück Holz nennt man Tür.
Und für gewöhnlich klopft man erst an, bevor man einfach so ein Zimmer betritt!", schimpfte sie.
"Sei mir bitte nicht böse, aber ich habe angeklopft, doch du hast es nicht gehört.
Ich war gerade auf dem Weg zu Talon, als ich dein vergnügtes Quieken hörte.
Da wurde ich neugierig.
Und als du nicht reagiert hast, wollte ich wissen, was dich so in Ekstase versetzt hat.
Ich konnte ja nicht wissen, dass du gerade dein Kopfkissen abknutschst", meinte der wilde Lockenkopf und zog belustigt beide Augenbrauen hoch. Dann setzte sich Flora zu ihr auf das Bett und beäugte sie neugierig.
"Ja das...ähm...mir war nur langweilig, mehr nicht.
Mir war nicht bewusst, dass man in seinen eigenen vier Wänden nicht tun und lassen kann, was man möchte.
Du hättest mich ja auch beim Sex erwischen können!
Da gibt man meistens auch merkwürdige Geräusche von sich", zeterte sie, weil sie sich ertappt fühlte.
"Mach dich nicht lächerlich.
So eine bist du nicht!", prustete Flora und schüttelte ihren Kopf. Die kleinen haselnussbraunen Locken wippten hin und her und ließen sie noch niedlicher wirken. Ihr bezauberndes Aussehen verleitete womöglich andere, sich davon täuschen zu lassen, die sie nicht kannten und womöglich deswegen unterschätzten. Doch Mimma wusste, wen sie vor sich hatte, und nahm sich vor ihrer Listigkeit in Acht.
"Woher magst du wissen, zu was ich fähig bin?
Stille Wasser sind für bekanntlich tief", gab Mimma vielsagend von sich und nahm sich erneut ein Kopfkissen. Doch diesmal, um sich daran festzuhalten, denn Floras Anwesenheit machte sie nervös. Wenn sie ihre Gabe einsetzte, würde sie binnen kürzester Zeit herausfinden, was sie zu verheimlichen versuchte. Und Floras dauerhaft anhaltendes Honigkuchengrinsegesicht vermochte die für Mimma unbehagliche Situation nicht angenehmer zu machen.
Man konnte nie wissen, ob sie, während sie so unscheinbar lächelte, indessen versuchte, das Seelenbild ihres Gegenübers zu lesen, oder nicht.
"Komisch.
Etwas scheint dich zu beschäftigen. Es macht die glücklich, doch es birgt auch eine gewisse Gefahr in sich", las Flora wie selbstverständlich in Mimmas innerster Gefühlswelt, als ob sie ein offenes Buch vor sich liegen hatte.
Nun. So viel dazu, ob Flora gerade ihre Gabe anwandte oder nicht.
"Lass das gefälligst!
Ich habe dich nicht darum gebeten, in meinen Gefühlen und Gedanken herumzustochern!", maßregelte Mimma sie und vergrub ihre Finger im Kissen.
"Hat dich etwa Ardric dazu angestachelt?
Das sieht ihm ähnlich sich etwas zu holen, egal wie und für welchen Preis!", schimpfte Mimma, während sie verbissen versuchte, ihr Geheimnis nicht offenzulegen. Doch sie wusste nicht wie.
Plötzlich gab Flora einen erschrockenen Laut von sich und sog die Luft scharf ein. Ihre Augen waren geweitet und ihre Mimik war ausdruckslos. Nun hatte sie es also doch herausgefunden. Mimma ließ den Kopf hängen, denn sie konnte Flora nicht in die Augen schauen, während sie verzweifelt nach Worten der Erklärung suchte.
"Ich...ähm...ich weiß nicht, wie ich das erklären soll...", stammelte sie beschämt und zupfte nervös am Kissen herum.
"Wieso kann ich nichts mehr sehen?
Es
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